US-Kongress will Truppenabzug aus Deutschland blockieren

dpa Washington. Was als Strafaktion Trumps gegen Deutschland gedacht war, könnte nun am US-Kongress scheitern. Demokraten und Republikaner haben sich gegen die Pläne für einen umfassenden Abzug von US-Soldaten verbündet. In Deutschland wird das mit Genugtuung aufgenommen.

Militärfahrzeuge der US-Armee fahren durch den Ort Kleinfalz nahe dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern. Foto: Armin Weigel/dpa/Archiv

Militärfahrzeuge der US-Armee fahren durch den Ort Kleinfalz nahe dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern. Foto: Armin Weigel/dpa/Archiv

Der US-Kongress will den von Präsident Donald Trump geplanten Abzug 12.000 amerikanischer Soldaten aus Deutschland vorerst blockieren.

Das geht aus dem Entwurf für das Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt hervor, auf den sich Demokraten und Republikaner in beiden Kammern im Kongress am Donnerstag (Ortszeit) einigten. Dort heißt es, der US-Verteidigungsminister müsse in einem Bericht an den Kongress darlegen, ob ein solcher Abzug im nationalen Interesse der USA wäre.

Frühestens 120 Tage danach dürfe die Zahl der in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten die Grenze von 34.500 unterschreiten. Das entspricht in etwa der aktuellen US-Truppenstärke in Deutschland, dem zweitgrößten Standort der amerikanischen Streitkräfte im Ausland nach Japan.

In Berlin löste die geplante Blockade des Truppenabzugs Erleichterung aus. „Natürlich freuen wir uns darüber, dass es anscheinend Einigkeit zwischen Republikanern und Demokraten in Washington gibt, dies alles noch einmal zur Disposition zu stellen“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).

Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, dessen Land vom Truppenabzug besonders stark betroffen wäre, begrüßte den Schritt: „Eine Rückabwicklung dieses Befehls wäre genau das richtige Signal für die transatlantischen Partnerschaft.“ Der Truppenabzug wäre ein strategischer Fehler und kontraproduktiv für die Zusammenarbeit in der Nato gewesen.

Die geplante Blockade des Truppenabzugs ist in dem mehr als 4500 Seiten umfassenden Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt für das kommende Jahr verankert, auf das sich Mitglieder des von den Demokraten kontrollierten Repräsentantenhauses und des von Trumps Republikanern dominierten Senats einigten. Nach einer Verabschiedung durch die beiden Kammern im Kongress muss Trump das Gesetz unterzeichnen, damit es in Kraft tritt.

Trump hatte im Juni den Teilabzug der US-Soldaten aus Deutschland angekündigt und den Schritt mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet. Der inzwischen entlassene Verteidigungsminister Mark Esper stellte die Details Ende Juli vor und kündigte an, sie „so schnell wie möglich“ umsetzen zu wollen. Danach sollte ein Drittel der damals 36.000 Soldaten in Deutschland in die USA zurückkehren oder in andere europäische Nato-Länder verlegt werden.

Es geht vor allem um drei Standorte:

- STUTTGART: Die beiden Kommandozentralen für die US-Truppen in Europa und Afrika sollen nach Trumps Vorstellungen aus der baden-württembergischen Hauptstadt nach Mons in Belgien verlegt werden.

- VILSECK: 4500 Soldaten sollen von dem bayerischen Standort am riesigen Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz nach Hause in die USA geholt werden.

- SPANGDAHLEM: Ein Geschwader mit etwa 20 F16-Kampfjets soll samt Besatzung, Mechanikern und Unterstützungskräften von dem Luftwaffenstützpunkt in der rheinland-pfälzischen Eifel nach Italien verlegt werden.

Trumps Pläne stießen aber schnell auf Kritik - nicht nur bei US-Militärs, sondern auch in der eigenen Republikanischen Partei. In dem Entwurf für das Haushaltsgesetz heißt es nun, der Kongress schätze Deutschland weiterhin als starken Nato-Partner. Die Anwesenheit der „ungefähr 34.500 Angehörigen der in Deutschland stationierten US-Streitkräfte“ diene als wichtige Abschreckung von Expansionsbestrebungen Russlands in Europa. Die US-Truppen in Deutschland seien zudem von zentraler Bedeutung für die Unterstützung der US-Einsätze im Nahen Osten, in Afrika und in Afghanistan.

Trump hat gedroht, den Verteidigungshaushalt mit einem Veto zu blockieren - allerdings hat das nichts mit der Debatte über den Abzug von US-Truppen aus Deutschland zu tun, sondern mit einem Streit über die Reglementierung von Online-Plattformen. Im Sommer hatte er im Streit über eine mögliche Umbenennung von Militärstützpunkten ebenfalls ein Veto gegen das Gesetzespaket angedroht.

Ein Veto des Präsidenten kann mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus und Senat überstimmt werden. Das Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt gehört zu einer Reihe von Gesetzesvorlagen, die der Kongress noch vor Ende des Jahres beschließen will. Der Verteidigungshaushalt wurde 59 Jahre in Folge mit parteiübergreifender Unterstützung verabschiedet.

Der Republikaner Trump hat die Präsidentenwahl am 3. November gegen den Demokraten Joe Biden verloren und soll am 20. Januar 2021 abgelöst werden, auch wenn er sich bislang weigert, seine Niederlage einzugestehen. Selbst wenn das Haushaltsgesetz beschlossen werden sollte, ist fraglich, ob die Abzugspläne wirklich ganz rückgängig gemacht werden.

Denn es gibt auch Punkte, die von Militärs durchaus als sinnvoll erachtet werden - vor allem die Zusammenführung von Führungsstrukturen. Das würde dann vor allem die Verlegung der Kommandozentralen aus Stuttgart nach Belgien betreffen.

© dpa-infocom, dpa:201204-99-565424/6

Zum Artikel

Erstellt:
4. Dezember 2020, 00:28 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen