Wie schließt man Funklöcher?
Landtags-CDU verlangt mehr Kooperation der Betreiber – Ministerium setzt auf Freiwilligkeit
Mit lokalem Roaming wollen einige Politiker dafür sorgen, dass Funklöcher Geschichte werden. Unterstützung kommt aus Baden-Württemberg. Doch die Netzbetreiber wehren sich.
Stuttgart Funklöcher machen vielen Menschen zu schaffen. In der Stadt, aber vor allem auf dem Land. Politiker streiten nun darüber, ob die Betreiber ihre Netze teilen müssen – durch lokales Roaming.
Wie kommen Funklöcher zustande?
In Deutschland gibt es drei Unternehmen, die ein Mobilfunknetz betreiben: Vodafone, Telekom und O2. Alle anderen Anbieter nutzen deren Netze. Da jeder Betreiber sein Netz unterschiedlich ausbaut, gibt es nicht überall Empfang. Hat in einem Gebiet keiner der Betreiber ein Netz, sprechen Experten von einem weißen Fleck. Funklöcher können sich aber auch auf einzelne Anbieter beschränken.
Wie hoch ist die Netzabdeckung in Baden-Württemberg?
Vodafone erreicht nach eigenen Angaben im Land in den besiedelten Gebieten über 99,7 Prozent der Menschen mit Mobilfunk. Beim derzeit gängigsten mobilen Internetstandard LTE, auch 4G genannt, sind es 88 Prozent. Die Telekom kommt auf 99,4 Prozent Mobilfunk und 95,3 Prozent LTE im Land. O2 hat keine Zahlen für Baden-Württemberg, gibt aber an, in Deutschland 85 Prozent der Menschen mit LTE zu erreichen. Die Zahlen beziehen sich auf Personen, nicht auf die Fläche.Dünn besiedelte Gebietefallen oft heraus, weil es sich dort nicht lohnt, Masten aufzustellen oder auszubauen.
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Was ist lokales Roaming?
Es bezeichnet die Idee, dass die Netzanbieter Kunden je nach Netzabdeckung gegenseitig in ihr Netz lassen. Sie geht zurück auf eine EU-Richtlinie, die in Deutschland noch nicht umgesetzt ist. Wenn in einem Gebiet zum Beispiel nur O2 ein Netz hat, könnten Vodafone- und Telekom-Kunden dieses nutzen und wären nicht mehr in einem Funkloch. Im Beispiel würde O2 von den anderen beiden Gebühren dafür bekommen. So werden zwar keine weißen Flecken geschlossen, aber einige Funklöcher.
Ist die Landespolitik einer Meinung?
Nein. DieCDU im Landtagbeklagt die vielen Funklöcher im Südwesten als Problem für die Kerninfrastruktur. Ihr digitalpolitischer Sprecher Andreas Deuschle glaubt, dass sich mit dem lokalen Roaming die Mobilfunkinfrastruktur effizienter nutzen lässt. „Wir brauchen nicht überall drei Netze, wir bauen ja auch nicht überall drei Autobahnen“, sagt Deuschle. Er fordert außerdem, dass neue Netzanbieter sich vor dem Markteintritt verpflichten müssen, weiße Flecken zu schließen. Kommende Woche stehen Deuschles Vorschläge in der Fraktion zur Abstimmung.
Wie sieht die Landesregierung lokales Roaming?
Die Wirtschaftsministerin spricht sich gegen die Idee ihrer eigenen Fraktion aus, weil so keine weißen Flecken geschlossen würden. Nicole Hoffmeister-Kraut befürchtet, dass der Netzausbau auf dem Land verzögert würde. Es sei fraglich, ob Netzbetreiber freiwillig weitere Funkmasten aufstellen würden, „wenn sie dazu verpflichtet wären, diese mit anderen zu teilen“. Stattdessen setze man darauf, dass die Netzbetreiber freiwillig ihre Infrastruktur teilen und Hindernisse beim Neubau von Masten fallen.
Wie ist die Situation auf Bundesebene?
Über ein lokales Roaming muss der Bundestag entscheiden. Derzeit steht eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes an. Einige Abgeordnete fordern, dass die Bundesnetzagentur das lokale Roaming in einigen Gebieten anordnen können muss. Ob das Bundeskabinett dem zustimmt, ist aber fraglich.
Was halten die Netzbetreiber davon?
Alle drei Netzbetreiber wehren sich gegen erzwungenes lokales Roaming. Wie das Wirtschaftsministerium im Land fürchten sie, dass der Netzausbau zum Erliegen kommt, weil in manchen Gebieten kein Anreiz mehr besteht, weitere Masten zu bauen. Außerdem sei es wirtschaftlich nicht möglich, weiße Flecken zu schließen. Hierfür fordern die Unternehmen staatliche Hilfe. Die Netzanbieter setzen auf freiwillige Kooperation. Nach Angaben von O2 werden heute schon etwa 50 Prozent der Masten von mindestens zwei Betreibern genutzt.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.telekommunikation-suedwesten-ist-funklochland.5cd62f1f-d516-4aa3-8d2d-d6a796ba2f30.htmlhttps://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.wie-wasser-und-strom-steinmeier-dringt-auf-schnelles-internet-am-land.0ac0b146-91cb-4a7a-8671-00e0928e5e34.html
Betrifft die Debatte den neuen 5G-Standard?
Im März werden wohl die 5G-Frequenzen versteigert. Die Union im Bundestag will die Änderungen vorher ins Gesetz schreiben, damit sie in der Auktion zum Tragen kommen. Mecklenburg-Vorpommern setzte sich zudem im Bundesrat dafür ein, dass in Deutschland das Ziel eine hundertprozentige Abdeckung mit 4G und später mit 5G sein müsse. Netzanbieter sollten nur einen Zuschlag erhalten, wenn sie das gewährleisten.