Vorsicht, Gefälle!

Mannschaftsteile im deutschen Team mit unterschiedlichem Niveau – Problemzone Rückraum

Stuttgart Das Gefälle in der deutschen Handball-Nationalmannschaft ist groß. Es gibt Mannschaftsteile mit Weltklassepotenzial, der Rückraum gehört nicht dazu. Eine Stärken-Schwächen-Analyse.

Die Hintermannschaft Die beiden Torhüter Andreas Wolff und Silvio Heinevetter stacheln sich gegenseitig zu Höchstleistungen an, ergänzen sich durch ihre unterschiedliche Spielweise gut und können den Gegner zur Verzweiflung bringen. In der Deckung kommt Finn Lemke die Chefrolle zu. Der für seine 2,10 Meter erstaunlich bewegliche Riese von der MT Melsungen ist nicht nur die sportliche Stütze, indem er viele Blocks stellt und die Abwehr zusammenhält, er ist auch der emotionale Anführer des Teams. Kein Wunder, dass Handball-Deutschland bebte, als ihn Bundestrainer Christian Prokop kurz vor der Europameisterschaft 2018 zunächst aus dem Kader strich. Diesmal ist der 26-Jährige von Beginn an dabei und wird entweder mit Hendrik Pekeler oder Patrick Wiencek den Innenblock bilden. Neu im Programm hat der Chefcoach eine zweite Abwehrvariante – die offensive 3-2-1-Formation. Das erhöht die Flexibilität im deutschen Team. Die Außen Als Mannschaftskapitän ist Uwe Gensheimer für viele nicht die Idealbesetzung – was seine Qualitäten auf dem Feld betrifft, gibt es dagegen keine zwei Meinungen. Er verkörpert absolutes Top-Niveau. Genauso wie Patrick Groetzki, der Mister Zuverlässig von den Rhein-Neckar Löwen auf der rechten Seite. Beide sind Waffen im Tempogegenstoß, und diese einfachen Tore aus der ersten Welle braucht die deutsche Mannschaft dringend. Auf links steht in Bundesliga-Top-Torjäger Matthias Musche zudem eine torgefährliche Alternative mit viel Emotionen parat, der zudem beim Einlaufen an den Kreis seine Stärken hat. Die Kreisläufer Auf dieser Position hatte Deutschland schon immer Spieler von herausragender Qualität wie Horst Spengler und Christian Schwarzer. Diesmal verfügt das Team sogar über drei Top-Leute. Der stärkste Mann im Angriff ist Jannik Kohlbacher. Er setzt seinen bulligen Körper gekonnt ein, hat das schnellste Drehmoment – bekommt er den Ball, ist er nicht aufzuhalten. Auch Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek sind grandiose Kämpfer und bringen viel Durchsetzungsvermögen im Angriff mit. Dieses Trio ist das deutsche Trumpf-Ass im WM-Poker.

Der Rückraum Dass in Martin Strobel ein Zweitligaspieler auf der Mitteposition die Fäden ziehen soll, sagt schon einiges über die Hauptproblemzone im deutschen Spiel. Am härtesten trifft das DHB-Team der Ausfall von Julius Kühn. Ohne den Shooter fehlt es im Positionsangriff an einfachen Toren. Steffen Fäth hat das Potenzial, doch der sensible Typ braucht Selbstvertrauen, und das muss er sich bei der WM erst holen, da er bei den Rhein-Neckar Löwen in der Hinrunde so gut wie keine Rolle spielte. Fabian Böhm, die Alternative auf der Königsposition, geht zwar dahin, wo es wehtut, doch ihm fehlt die internationale Erfahrung. Bleibt die Hoffnung, dass der lange verletzte Paul Drux von Blessuren verschont bleibt und mit Fabian Wiede Akzente setzt. Die beiden Berliner verstehen sich blind. Zweite Welle Der erweiterte Gegenstoß ist in der deutschen Mannschaft vor allem dann ein Problem, wenn in der Abwehr mit drei Kreisläufern gedeckt wird. Dann geht es nur schleppend nach vorne. Nur ein Rechtsaußen Natürlich kann Prokop im Laufe des Turniers Tobias Reichmann nachnominieren. Doch zunächst ist Patrick Groetzki auf sich allein gestellt. Bei dem zu bewältigenden Mammutprogramm können fehlende Verschnaufpausen in der Crunch-Time ein Nachteil sein.

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Erstellt:
10. Januar 2019, 03:12 Uhr

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