Erzählungen über Träume im Backnanger Bürgerhaus

Ein facettenreicher Literarischer Salon mit der Schauspielerin Barbara Stoll und den Musikerinnen Katarzyna Myćka und Ulrike Eickenbusch in Backnang.

Barbara Stoll, Ulrike Eickenbusch und Katarzyna Myćka bei ihrem Gastspiel im Backnanger Bürgerhaus. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Barbara Stoll, Ulrike Eickenbusch und Katarzyna Myćka bei ihrem Gastspiel im Backnanger Bürgerhaus. Foto: Tobias Sellmaier

Von Miklós Vajna

Backnang. „Eine Reise durch die Nacht, auf verwunschenen Pfaden“ war der programmatische Untertitel des Literarischen Salons mit der Schauspielerin Barbara Stoll und den Musikerinnen Katarzyna Myćka, Marimba, und Ulrike Eickenbusch, Violoncello, im luftig bestuhlten Walter-Baumgärtner-Saal des Backnanger Bürgerhauses.

Lichtpunkte auf dem Plakat und auf dem Bühnenvorhang

Schon das Ankündigungsplakat – weit aufgerissene Frauenaugen hinter hellen kleinen Lichtpunkten – evozierte die Doppelbödigkeit und die möglichen Abgründe der vorgetragenen Texte. Diese Lichtpunkte, jetzt in Türkis und beunruhigend schwebend, fanden sich auch auf dem lilafarbenen Bühnenvorhang. Sie verwandelten sich dann im Verlauf der Backnanger Aufführung in korallenartiges Rot und sandfarbene Schrägstreifen.

Es gab ein kleines technisches Anfangsproblem: Das Mikrofon von Barbara Stoll war nicht eingeschaltet und der unverstärkt vorgetragene Text blieb, wohl auch wegen der recht lauten Saalbelüftung, erst einmal unverständlich. Zum Glück konnte der anwesende Techniker das Problem schnell beheben. Der ungewöhnliche Veranstaltungstermin am Sonntag um 18 Uhr ist ein Versuch, von den gängigen Terminen wegzukommen. Auch Aufführungen unter der Woche werden angeboten. Dies wird von der Backnanger Bevölkerung gerne angenommen.

Lebendiger Vortrag der Schauspielerin Barbara Stoll

Das Programm kombiniert Texte, die sich mit Träumen beschäftigen, sowie schauerliche, verstörende Erzählungen und unheimliche Balladen mit Musik der klassischen Moderne. Die Musik ist einerseits illustrierend und vertieft den bedrückenden Effekt, bietet aber andererseits durch positive Auflockerung ein Gegengewicht zu den sich auftuenden Abgründen.

Texte von Franz Hohler, Mascha Kaléko, Erich Kästner, Robert Walser, Franz Kafka, aber auch Johann Wolfgang von Goethe, Rainer Maria Rilke und François Villon werden Kompositionen von Paul Ben Haim, Eric Sammut, Enrico Mainardi, Jerry Wellingham, Gabriel Fauré, Ernst Bloch und Astor Piazolla gegenübergestellt.

Der Schauspielerin Barbara Stoll gelingt es durch ihren lebendigen und professionellen Vortrag, die vielfältigen, teilweise sehr irritierenden Facetten der Texte dem Publikum im Backnanger Bürgerhaus nahezubringen: Das geht unter die Haut. Aber zum Glück gibt es daneben auch noch entspannende, heitere Texte, kombiniert mit tröstlicher, harmonievoller Musik. Ulrike Eickenbusch am Violoncello gibt dem Ganzen Halt und Richtung durch schöne Kantilenen, an Bachsche Cellosolosuiten erinnernde Passagen und befreiende Tanzrhythmen. Sie untermalt und illustriert, wo nötig, die Ereignisse in den Texten mit musikalischen Assoziationen.

Die sumpfigen Klänge der Marimba passen perfekt zur Traumwelt

Um die nicht fassbaren, schwankenden und sich auflösenden Umrisse der Traumwelt zu charakterisieren, ist die Marimba prädestiniert. Weiche, sumpfige Klänge, schwebend pulsierende Klangflächen und Melodietöne mit dem nötigen Anteil an geisterartigem Seufzen erzeugen die gewünschten unheimlichen Stimmungen.

Katarzyna Myćka kann das alles mit ihrer Marimba und sie kann noch viel mehr: Bei ihrem rituellen Ausdruckstanz mit der Marimba lebt sie jede musikalische Regung und bringt sie überzeugend und begeisternd in die Klangwirklichkeit.

Kulturamtsleiter Johannes Ellrott überreichte den Künstlerinnen nach reichem Applaus und üppigen Beifallsrufen ein kleines, in Zellophan gehülltes Dankesgeschenk. Als Zugabe und zum ruhigen Ausklang kam das Gedicht „Die Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff mit einer musikalischen Klanguntermalung zum Vortrag.

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Erstellt:
24. Januar 2023, 10:30 Uhr

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