Kompromissloser, harter Rock

Bands von hier Vor 22 Jahren wurde die Backnanger Band Dust&Bones gegründet. Basser und Sänger Thorsten und Schlagzeuger Jarle kennen sich schon von klein auf. Die Band liefert Rock-’n’-Roll-Gefühl in Reinkultur, das mitten ins Herz knallt. Ohne Schnörkel und überflüssige Deko.

Dirk (von links), Bernd, Vöhri, Jarle und Thorsten spielen seit 2015 in dieser Formation zusammen. Foto: D. Smith

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Dirk (von links), Bernd, Vöhri, Jarle und Thorsten spielen seit 2015 in dieser Formation zusammen. Foto: D. Smith

Von Marina Heidrich

Backnang. Manche Erfolgsgeschichten fangen vollkommen unspektakulär an. Zwei kleine Jungs treffen sich Anfang der 1970er-Jahre. Der eine, Jarle, kommt aus dem hohen Norden – aus Norwegen. Seine Familie ist erst vor Kurzem ins Backnanger Umfeld gezogen. Alles ist ungewohnt, fremd, neu. Aber da ist der Nachbarsjunge im selben Alter, Thorsten. Es ist Sympathie auf den ersten Blick, die beiden werden Freunde.

Richtig dicke Freunde, die viel typischen Unsinn miteinander machen. Dazu gehört später, im Teenageralter, auch das Gründen einer Band, wie es viele andere auch tun. Junge Leute finden sich in improvisierten Proberäumen zusammen, schrammeln und klopfen mehr oder minder gut auf diversen Instrumenten und hören nach einer bestimmten Phase ihres Lebens wieder auf.

Nur bei Jarle, der Schlagzeug spielt, und Thorsten, Basser und Sänger, passiert etwas anderes. Sie spüren schlagartig: Musik bedeutet für uns wesentlich mehr, sie ist unser Leben – unsere Berufung. Nach Umwegen über diverse andere Formationen finden beide ihren gemeinsamen Stil. Es ist die Geburtsstunde der Band Dust&Bones – die 2020 immerhin ihr 20-jähriges Bestehen feiern konnte. Eine Band, die auf ihrer Website nicht den obligatorischen abgedroschenen Satz „aus der Stuttgarter Gegend“ stehen hat, sondern, als wohltuend klare Aussage: „This is Dust&Bones from Backnang, Germany“.

Anlässlich ihres Jubiläums war die Band im ersten Livestream der Backnanger Firma Skyeline-live als Auftaktveranstaltung gebucht und schaffte es tatsächlich, dabei ein Livefeeling rüberzubringen.

Die aktuelle Besetzung der Band besteht aus den beiden Gründern Jarle (Schlag-zeug) und Thorsten (Gesang und Bass), seit dem 2005 erschienen Album „Liberator“ ist Gitarrist Bernd dabei (die Bandmitglieder möchten ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen). Gitarrist Dirk stößt 2007 dazu. 2015 steigt der charismatische zweite Sänger Vöhri fest bei den staubigen Knochen ein, ursprünglich ein treuer Fan, der im Rahmen der Konzerte immer mal wieder mit auf der Bühne gesungen hatte.

Wie könnte man die Musik der wilden fünf beschreiben? Am besten stellt man sie sich als treibendes, gewaltiges Blitzbündel vor, das direkt in die Körper der Zuhörer fährt und diese zum Zucken bringt. Die Songs von Dust&Bones wirken wie die Kinder einer musikalischen Ehe der Ramones mit Rose Tattoo, nur moderner – und als Taufpaten fungieren Black Sabbath und die Sex Pistols.

Wobei das ganze noch mit dem individuellen Stil der Band abgerundet wird. Es ist laut, dreckig, zündend, voller Energie und unglaublich ansteckend. Rock-’n’-Roll-Gefühl in Reinkultur, das mitten ins Herz knallt. Ohne Schnörkel und überflüssige Deko. Auch nach über 20 Jahren kann man bei den Konzerten keine Ermüdungserscheinungen hören, alles klingt noch immer frisch und direkt. Nicht umsonst dürfen sich Dust&Bones über eine treue Fanschar aus mittlerweile ganz Deutschland freuen. Die Band weiß es wirklich zu schätzen und ist dafür sehr dankbar.

Wie läuft das Songwriting bei der Band ab? „Meistens kommt Thorsten mit einer fast schon ausgereiften Grundstruktur zu mir“, erläutert Jarle. „Ich kümmere mich dann hauptsächlich um den Groove. Aber auch Bernd hat viele eigene Ideen. Wir arbeiten die Stücke oft als Duo oder in einer Dreiergruppe aus; dann übt es die komplette Band im Proberaum und die anderen setzen noch ihre individuellen Akzente. Und fertig ist der Song.“ „Wobei...“, wirft Dirk ein, während er und Vöhri in lautes Lachen ausbrechen und Richtung Schlagzeuger zwinkern, „das manchmal ganz schön dauern kann. Wir haben hier auch den einen oder anderen Perfektionisten in der Band, der selten mit dem Resultat 100-prozentig zufrieden ist.“

Die spielfreie Zeit während der Pandemie hat die Band zum Songschreiben genutzt. Im September dieses Jahres sollen die Aufnahmen zu ihrem neuen Studioalbum beginnen. Dem fünften. Zudem hofft die Band, dass das traditionelle Motorradtreffen in Bruch dieses Jahr stattfinden kann und ein Auftritt dort möglich ist. Ganz besonders freuen sich die Jungs darauf, im September in der Airporthalle Obertraubling bei Regensburg neben anderen Metalgrößen wie Grave Digger beim ersten „Metal Is Forever“-Festival gebucht zu sein.

Eigentlich läuft es gut für Dust&Bones. Sie haben seit 2019 bei El Puerto Records einen festen, internationalen Plattenvertrag, die Bandbesetzung funktioniert, die Fans sind großartig.

Doch auch sie müssen sich Sorgen machen. „Ich werde traurig bei dem Gedanken, wie viele kleine Klubs geschlossen haben“, bekennt Vöhri, „denn nichts ersetzt das Livegefühl vor Publikum.“ Eine ungute Entwicklung, die sich im Großraum Backnang leider auch schon vor Corona abgezeichnet hat. Trotz großer Nachfrage seitens der Fans und eines unglaublichen Bandpools wurde die Rockmusik in puncto Auftrittsmöglichkeiten in der Region immer mehr ins Abseits gedrängt. „Auch hier würden wir uns – abgesehen von dem leidigen Thema Corona – einen Normalzustand wünschen“, sagt Gitarrist Dirk. Ein wenig mehr Normalität – die anderen nicken.

Es ist laut, dreckig, zündend,
voller Energie und
unglaublich ansteckend.

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Erstellt:
4. März 2022, 06:00 Uhr

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