Ausgeschunkelt: Kein Cannstatter Volksfest wegen Coronavirus

dpa/lsw Stuttgart. In Corona-Zeiten fällt das Feiern schwer. Und es ist gefährlich. Deshalb hat die Stadt Stuttgart nun die Reißleine gezogen und das Cannstatter Volksfest abgesagt. Überraschend kommt das Aus nicht mehr. Die Landesregierung hatte zuvor bereits den Ton angegeben.

Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Stuttgart, kommt im Rathaus zu einer Pressekonferenz. Foto: Marijan Murat/dpa

Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Stuttgart, kommt im Rathaus zu einer Pressekonferenz. Foto: Marijan Murat/dpa

„Auf zum Wasen“, heißt es am Mittwochnachmittag noch auf der Internetseite der Stuttgarter Vermarktungsgesellschaft. „Das traditionsreiche Cannstatter Volksfest erwartet Sie.“ Leider nein, das ist ein alter Stand. Denn in diesem Jahr dreht sich kein Sky Lounge Wheel, es wird keine Alpina Bahn durch die Höhe rauschen und in den Bierzelten des Wasens am Neckarufer wird nicht geschunkelt.

Nach der Absage des Münchner Oktoberfests wegen des Coronavirus findet auch das Cannstatter Volksfest nicht statt. Die Stadt Stuttgart zog am Mittwoch die Reißleine. „Es ist eine harte Entscheidung“, bedauert Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) das Aus für die Stuttgarter Massen-Gaudi. Eine überraschende Entscheidung ist es nicht: Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hatte bereits in der vergangenen Woche eine Absage angedeutet. „So schwer es uns fällt, aber wir müssen davon ausgehen, dass bis auf Weiteres alle Veranstaltungen, wo viele Menschen zusammenkommen und es feucht und fröhlich zugeht, nicht stattfinden können“, sagt er nun und lobt, es sei konsequent von der Stadt Stuttgart gewesen, den Wasen abzusagen.

Das zweitgrößte Volksfest in Deutschland sollte eigentlich vom 25. September bis zum 11. Oktober rund 3,5 Millionen Menschen anziehen. Nun gehen sie ebenso leer aus wie die rund 300 Schausteller, Krämer und Festwirte. „Für uns ist das der Super-Gau“, sagt der Präsident des Landesverbands Schausteller und Marktkaufleute, Werner Burgmeier. Die Saison sei nun bereits zu 80 Prozent gelaufen, ohne dass sie überhaupt begonnen habe. „Die Betriebe stehen vor dem Abgrund - und einige mit den Zehen schon etwas weiter“, sagt Burgmeier.

Auch Wasen-Wirt Karl Maier steht mit leeren Händen da: „Mein kompletter Jahresumsatz ist hiermit auf null“, sagt er. „Wir machen ein halbes Dutzend große Veranstaltungen und Feste im Jahr und alle sind abgesagt worden.“ Nun versucht Maier, seinen Betrieb rund um das beliebte Göckelesmaier-Zelt „in einen Winterschlaf zu versetzen“ und auf das kommende Jahr zu hoffen. Bis dahin müsse er die Ausgaben soweit es geht einschränken und sicherlich auch über Darlehen und Kredite nachdenken. Die Soforthilfen? „Noch nicht mal ein Tröpfchen“, sagt Maier. Allerdings habe er auch mit der Absage gerechnet: „Da war fast nichts anderes denkbar.“

Ein kleineres Fest als Alternative? Hilfen für die Schausteller durch Bund und Land? Oder vielleicht doch noch eine kleine Chance für das Volksfest, wenn die Stadt die Entscheidung, wie es die FDP formuliert, „bis zum letztmöglichen Zeitpunkt an die Realität der Pandemieentwicklung“ anpasst? Alles eher unwahrscheinlich oder nicht ausreichend. Die Absage selbst wird im Gemeinderat aber nicht in Frage gestellt. „Diese Entscheidung ist im Dienste der Gesundheit der Menschen unumgänglich, ja leider absolut notwendig“, sagt Stuttgarts SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Körner. Er fordert, das ebenfalls ausgefallene Frühlingsfest und das Volksfest im kommenden Jahr zu verlängern.

Das könnte auch ganz im Sinne der Stuttgarter Gastronomie und Hotelbranche, der Taxifahrer und Einzelhändler sein. Denn im Rathaus wird die wirtschaftliche Bedeutung des Fests für Stadt und Region auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt.

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Erstellt:
29. April 2020, 14:45 Uhr

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