„Autogipfel“ mit Merkel: Branche fordert neue Kaufprämien

dpa Berlin. Die Nachfrage nach Autos ist in der Corona-Krise eingebrochen. Die Hersteller fahren aber ihre Werke schrittweise wieder hoch. Sie fordern nun Prämien, um ihre Autos verkaufen zu können. Doch die Bundesregierung dämpft die Erwartungen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht während einer Pressekonferenz. Foto: Ole Spata/dpa

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht während einer Pressekonferenz. Foto: Ole Spata/dpa

Bei einem „Autogipfel“ beraten Bundesregierung und Branche über die schwierige Lage der Schlüsselindustrie in der Corona-Krise - eine Entscheidung über Kaufprämien wird aber nicht erwartet. Die Bundesregierung hatte im Vorfeld versucht, Erwartungen zu dämpfen. Neben den Herstellern haben sich auch die „Autoländer“ Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg für finanzielle Anreize stark gemacht, um die schwache Nachfrage anzukurbeln. Die Grünen warnten, pauschale Prämien dürfe es nicht geben. Anreize sollten außerdem flankiert werden durch einen Abbau des Dieselprivilegs und einen Umbau der Kfz-Steuer.

An einer Videokonferenz am Vormittag nehmen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Bundesminister teil, dazu Vertreter der großen deutschen Hersteller wie VW, Daimler und BMW, des Autoverbandes VDA sowie der IG Metall.

Merkel hatte bereits deutlich gemacht, bei dem Treffen sei noch nicht mit einer Entscheidung über spezielle Anreize für die Branche zu rechnen. Erwartet wurde, dass die Hersteller, der VDA sowie die Gewerkschaft die derzeit angespannte Lage der Branche schildern und skizzieren, welche Forderungen sie an die Politik haben.

Entscheidungen über Hilfen könnte es dann im Zuge eines breit angelegten Konjunkturprogramms geben. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt, er wolle dazu Ende Mai oder Anfang Juni Vorschläge vorlegen.

Die Autobranche war bereits vor der Krise in einem schwierigen Umbruch. Schärfere Klimavorgaben der EU zwingen sie zu mehr alternativen Antrieben, dazu kommt der digitale Wandel.

Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg sehen zur Unterstützung der Autoindustrie mit rund 800 000 Arbeitsplätzen den Bund in der Pflicht. Die Länderchefs schlugen am Montag konkrete Prämien vor. Für moderne Benziner und Dieselautos ab Schadstoffklasse 6d-Temp soll diese 3000 Euro betragen. Für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstoffautos soll es 4000 Euro zusätzlich geben - dies käme zu einer bereits bestehenden Prämie hinzu.

Zudem sollten Kunden, die ein älteres Auto mit Euro-3- oder Euro-4-Norm abgeben, zusätzlich 1000 Euro Abwrackprämie bekommen. Wer einen modernen Verbrenner kaufe und später auf ein E-Auto umsteigt, solle nochmals 1000 Euro Umstiegsprämie bekommen. Eine Abwrackprämie für alte Autos gab es in der Finanz- und Wirtschaftskrise vor mehr zehn Jahren.

VW, Daimler, BMW, Audi, Ford und Opel lassen ihre Werke in Europa nach wochenlangem Stillstand wieder anlaufen, aber viele Mitarbeiter bleiben in Kurzarbeit, die Nachfrage ist gering. In der Branche ist die Angst groß, dass die Autobauer „auf Halde“ produzieren, weil es zu wenig Käufer gibt. Die Hersteller fordern daher schnelle Entscheidungen über Kaufprämien. Derzeit warteten potenzielle Käufer ab, wann und ob es solche Anreize gebe, hieß es in der Autoindustrie.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Bundesregierung müsse auf dem Autogipfel eine klare Entscheidung treffen - damit die Kunden wüssten, woran sie seien. „Eine pauschale Kaufprämie über alle Segmente hinweg darf es dabei aber nicht geben. Gefragt ist eine intelligente Unterstützung für Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride mit einer deutlich größeren Reichweite als heute.“ Förderung und Lieferung könnten zeitlich versetzt sein, damit die Unternehmen und Beschäftigten Planungssicherheit hätten, um die Produktion hochzufahren. „Flankiert werden sollte dieser Transformationsprozess durch einen Abbau des Dieselprivilegs und einen Umbau der Kfz-Steuer.“

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sagte der dpa, die Coronakrise verschärfe die Probleme der Automobilindustrie und verdeutliche, dass die politischen Rahmenbedingungen angepasst werden müssten. „Immer schärfere Flottenvorgaben und jetzt noch Corona erhöhen den Druck auf die deutsche Schlüsselindustrie. Besser als Subventionen sind Strukturreformen, denn gleichzeitig nationale Kaufprämien und europäische Strafzahlungen passen nicht zusammen.“

Die Branchenexpertin Ellen Enkel von der Uni Duisburg-Essen warnte vor einem staatlichen Förderprogramm nach dem Gießkannenprinzip. Die Abwrackprämie habe 2009 nicht dazu beigetragen, dass die Kunden klimafreundliche Autos gekauft hätten. Eine neue staatliche Unterstützung brauche daher eine „Klima-Komponente“.

Enkel plädierte für eine Kaufprämie in Höhe von 6000 Euro in Form von Steuererleichterungen, die den durchschnittlichen Aufpreis für umweltfreundlichere Autos kompensiere. Die Prämie sollte auch auf andere Mobilitätsformen ausgeweitet werden. Eine Steuerentlastung von 1000 Euro pro Jahr würde etwa Busse, Bahn sowie E-Rollern und E-Bikes einen Schub verleihen.

Auf der A 96 Richtung München stehen Autos im Stau. Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

Auf der A 96 Richtung München stehen Autos im Stau. Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

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Erstellt:
5. Mai 2020, 13:56 Uhr

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