Deutschland einigt sich mit Frankreich: Atommüll-Rücknahme

dpa/lsw Berlin/Stuttgart. Mehrere Jahre haben die Verhandlungen zwischen beiden Ländern in Anspruch genommen. Nun ist eine Lösung für den Rücktransport von hochradioaktiven Abfällen nach Deutschland gefunden. Bis 2024 sollen die Castoren nach Baden-Württemberg rollen.

Ein Zug mit elf Castor-Behältern mit deutschem Atommüll. Foto: picture alliance /dpa/Archivbild

Ein Zug mit elf Castor-Behältern mit deutschem Atommüll. Foto: picture alliance /dpa/Archivbild

Deutschland hat sich mit Frankreich auf einen neuen Weg zur Rücknahme von Castoren mit hochradioaktivem Atommüll geeinigt. Wie aus einem gemeinsamen Informationspapier von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium hervorgeht, sollen bis 2024 drei bis fünf Behälter mit hochradioaktiven Atomabfällen aus dem französischen La Hague ins Zwischenlager Philippsburg (Kreis Karlsruhe) zurückgeführt werden. Damit wäre der Rücktransport aller Atomabfälle, die Deutschland aus Frankreich zurücknehmen muss, abgeschlossen. Die Einigung soll den Ministerien zufolge an diesem Donnerstag im Plenum beschlossen werden.

Der ursprüngliche Plan aus dem Jahr 2015 sah eine Rückführung von 157 Behältern mit mittelradioaktivem Material aus der Anlage La Hague vor. Fünf Castorbehälter mit mittelradioaktiven Abfällen sollten ursprünglich ins Zwischenlager Philippsburg und 152 Behälter mit mittelradioaktiven Metallresten von aufgearbeiteten Brennelementen ins Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen zurück.

Diese Lösung sei aber „aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der dafür vorgesehenen Behälterbauart TGC27“ nicht realisierbar gewesen und hätte eine zeitliche Verzögerung des Transports bis in die 40er Jahre zur Folge gehabt, erklären die Ministerien. Nun sollen, anders als zunächst vorgesehen, 152 Behälter mit radioaktiven Metallresten doch in Frankreich bleiben. Dafür sollen neben den Castortransporten nach Philippsburg noch 30 leere Brennelemente-Transportbehälter ins deutsche Zwischenlager Ahaus gebracht werden. Auch das ist Teil der Einigung.

Hintergrund für den Handlungsbedarf und das seit Jahren andauernde Ringen um eine Lösung ist eine völkerrechtliche Vereinbarung, nach der Deutschland seinen im Ausland wiederaufgearbeiteten Atommüll zurücknehmen muss. Das gilt auch für die Abfälle, die noch heute in den Wiederaufbereitungsanlagen im französischen La Hague und im britischen Sellafield lagern. Aus Sellafield sollen nach den Plänen noch Bayern und Schleswig-Holstein Castoren mit hochradioaktivem Müll zurücknehmen. Ins hessische Biblis gingen bereits im November 2020 Castoren zurück.

Deutschland nehme damit in der Summe die gleiche Radioaktivität aus Frankreich zurück wie ursprünglich vereinbart, hieß es am Mittwoch weiter. Frankreich erhält einen finanziellen Ausgleich. Dieser Ausgleich setzt sich demnach aus privaten und staatlichen Mitteln zusammen. Sowohl die deutschen Energieversorger als auch der staatliche Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) seien an den Ausgleichszahlungen beteiligt. Wie hoch die jeweiligen Mittel ausfallen, blieb zunächst unklar.

Baden-Württemberg übernehme damit die Verantwortung für die radioaktiven Altlasten der atomaren Energieerzeugung, erklärte Landesumweltministerin Thekla Walker (Grüne). Das Land habe dabei die Sicherheit der Bevölkerung im Blick: „Statt etwa 15 aufwändigen und schwer zu sichernden Transporten von mehr als 150 Castoren, wird es nur noch einen Castortransport geben. In der Abwägung der Argumente, haben wir uns für solidarisches und verantwortungsvolles Handeln und für mehr Sicherheit durch weniger Castor-Transporte entschieden.“

© dpa-infocom, dpa:210609-99-925824/5

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Erstellt:
9. Juni 2021, 16:18 Uhr

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