Die EU schafft das digitale Copyright

Nach informeller Einigung bleibt Urheberrechtsreform umstritten

Leistungsschutzrecht - Auch nach der informellen Einigung bleibt die Urheberrechtsreform hoch umstritten

Brüssel Die EU passt das Urheberrecht an das Internetzeitalter an. Nach langen Verhandlungen einigten sich das Europaparlament und die Mitgliedstaaten auf die Reform. Die bisherigen Regeln waren 20 Jahre alt. Dadurch waren Geschäftsmodelle, die das Internet digitalen Plattformen bietet, nicht abgedeckt. Der Kompromiss bleibt hoch umstritten.

Frage: Was wurde beschlossen?

Antwort: Im Grunde wurde ein digitales Copyright beschlossen. Digitale Plattformen wie Google müssen künftig den Urhebern, also Journalisten, Künstlern, Musikern und Filmern, Geld dafür bezahlen, wenn sie Nutzern auf ihren Seiten Zugang gewähren.

Frage: Was ändert sich bei Zeitungsartikeln im Netz?

Antwort: Bislang stellen Google News und andere Sammler im Netz journalistische Erzeugnisse Nutzern zur Verfügung, ohne dafür Geld zu bezahlen. Künftig sollen sie dies nur tun dürfen, wenn sie vorher die Zustimmung der Verlage eingeholt haben. Die Verlage bekommen mit diesem Leistungsschutzrecht erstmals im EU-Binnenmarkt von 500 Millionen Verbrauchern die rechtliche Basis, um mit den Giganten des Internetzeitalters auf Augenhöhe über eine angemessene Bezahlung zu verhandeln.

Frage: Was ändert sich bei Musik und Videos im Netz?

Antwort: Bislang stellen Youtube und Co urheberrechtlich geschützte Musik und andere Werke von Kreativen gratis im Netz zur Verfügung. Sie haben keinen Anreiz, mit den Inhabern der Rechte Lizenzvereinbarungen zu schließen. Der Grund ist: Sie können für die Inhalte nicht haftbar gemacht werden. Nur wenn ein Rechteinhaber klagt, müssen sie die Inhalte entfernen. Das ändert sich nun: Die Plattformen können künftig dafür zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken schaffen. Der Nutzer bleibt wie bisher unbehelligt.

Frage: Wie geht das technisch?

Antwort: Die Plattformen müssen eine Software in­stallieren, die dafür sorgt, dass nur lizenzierte Werke hochgeladen werden. Diese Software ist seit mehr als zehn Jahren am Markt. Kritiker bezeichnen diese Software als „Upload“-Filter, durch die Zensur im Internet drohe.

Frage: Darf der Nutzer Artikel noch „teilen“?

Antwort: Das Teilen von Ausschnitten aus Artikeln ist auch in Zukunft nicht verboten. Es kommt auch keine Verlinkungssteuer, wie Kritiker lange behauptet haben. Erlaubt ist zudem weiterhin das Hochladen geschützter kreativer Werke, um Auszüge zu zitieren, Kritik zu üben, sie für Karikaturen oder Parodien zu benutzen. Memes werden daher weiter verfügbar und teilbar sein.

Frage: Müssen alle Plattformen zahlen und haften?

Antwort: Nein, nicht kommerzielle Anbieter, beispielsweise Online-Enzyklopädien wie Wikipedia oder Open-Source-Softwareplattformen wie Git Hub sind außen vor. Zudem sollen kleine und junge Anbieter von den Regelungen ausgenommen werden.

Frage: Wer sind die Gewinner der Regelung?

Antwort: Die Gewinner sind zum einen die Verlage, die Tages- und Wochenzeitungen herausbringen. Künftig müssen Plattformen wie Google den Verlegern Gebühren zahlen, wenn sie im Internet Zugang zu ganzen Artikeln gewähren. Die EU will zudem Internetnutzer dazu bringen, journalistische Artikel vornehmlich auf den Webseiten der Zeitungshäuser zu lesen. Google und Co dürfen künftig nur noch wenige Schlüsselwörter aus einem Artikel bringen. Profitieren sollen zudem Musiker, Videokünstler und andere Kreative, zu deren Arbeiten digitale Plattformen wie Youtube den Zugang verschaffen.

Frage: Wer sind die Verlierer?

Antwort: Verlierer sind die großen digitalen Plattformen wie Google News, Youtube, Facebook, Twitter und Co. Bislang verdient zum Beispiel die Google-Tochter Youtube Milliarden mit Werbung, die zusammen mit Musikstücken gefragter Künstler abgespielt wird. Sollte Google damit das Interesse verlieren, auf Zeitungsartikel hinzuweisen, gäbe es eine Lücke, in die Zeitungshäuser und neue Unternehmen hineinstoßen könnten.

Frage: Kann die Reform noch scheitern?

Antwort: Ja. Bisher wurde nur ein Kompromiss auf informeller Ebene gefunden. Beide Co-Gesetzgeber, das EU-Parlament und die 28 Mitgliedstaaten im Rat, müssen noch zustimmen. Die bisherigen Abstimmungen im Parlament sind extrem knapp ausgegangen. Die Gegner der Reform mobilisieren bereits. Es ist nicht vorherzusagen, wie die Abstimmung im Parlament, die in den nächsten Wochen stattfinden soll, ausgeht.

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Erstellt:
15. Februar 2019, 03:04 Uhr

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