Ein Lächeln, das vielen fehlen wird

Michel Mündlein ist im Alter von 33 Jahren gestorben. Der ehemalige Beschäftigte der Paulinenpflege war seit einem Arbeitsunfall querschnittsgelähmt. Hunderte Menschen haben ihm im vergangenen Jahr zu Weihnachten Karten geschickt.

Mit seinen Schwestern Eva und Annie alberte Michel Mündlein gerne herum. Foto: Paulinenpflege Winnenden

© Paulinenpflege

Mit seinen Schwestern Eva und Annie alberte Michel Mündlein gerne herum. Foto: Paulinenpflege Winnenden

Von Lorena Greppo

BACKNANG/WINNENDEN. Die Resonanz war riesig, als die Paulinenpflege im vergangenen Jahr dazu aufrief, Michel Mündlein zu Weihnachten Postkarten zu schicken. Hunderte Karten, Briefe und kleine Pakete mit allerlei Geschenken erreichten ihn darauf. „Es ist überwältigend“, hatte Michels Vater Karl damals geäußert. Die Anteilnahme „bewegt uns sehr“, ließ auch Michels Schwester Eva ausrichten. Nun, weniger als ein Jahr später, ist Michel Mündlein am 22. Oktober im Alter von 33 Jahren gestorben. „ Sein Sterben war friedlich und würdevoll. Ganz so, wie es zu Michel gepasst hat“, lässt Eva Mündlein über die Paulinenpflege ausrichten. Die Einrichtung, die Wohnangebote und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und psychischer Beeinträchtigung betreibt, sei damit noch einmal an die Öffentlichkeit gegangen, weil Michels Schicksal viele Menschen bewegt hat, erklärt Matthias Knödler, einer der Zuständigen für die Öffentlichkeitsarbeit der Paulinenpflege. „In der Woche seines Tods sind immer noch Postkarten für Michel eingetrudelt“, berichtet Knödler.

Große Anteilnahme auf der Facebook-Seite der Paulinenpflege.

Michel Mündlein, der das Downsyndrom hatte, fand 2008 auf dem Paulinenhof in Winnenden eine Anstellung. Da die Mündleins aus dem Landkreis Schwäbisch Hall kommen, war das nicht ohne Weiteres machbar, denn von dort aus kamen seine Zuschüsse, während seine Arbeit im Rems-Murr-Kreis lag. Für Michel sei der Job auf dem Paulinenhof eine Erfüllung gewesen, erzählte sein Vater Karl. Die Ställe sauber halten und Holz machen – das habe dem jungen Mann viel Freude bereitet. Zehn Jahre später kam es bei der Arbeit zu einem folgenschweren Unfall: Ein großer Strohballen löste sich beim Stalldienst am zweiten Weihnachtsfeiertag und fiel auf Michel. Der fröhliche junge Mann brach sich das Becken, mehrere Rippen und einen Wirbel – für seine Familie war das ein Schock. Der sonst so lebensfrohe Michel war seitdem querschnittsgelähmt, musste beatmet werden und hatte in der Folge mit einer Lungenentzündung, Problemen mit der Magensonde und einem multiresistenten Keim zu kämpfen. Schlussendlich verlor er den Kampf.

„Ich stelle mir vor, dass Michel jetzt an einem schönen Ort ist, wo es keine Schmerzen und kein Leid mehr gibt“, schreibt seine Schwester Eva und drückte allen ihren Dank aus, die Michel „mit Briefen, Karten und Geschenken so viel Freude geschenkt“ haben. Vor einem Jahr hatte die Paulinenpflege per Facebook und Instagram dazu aufgerufen, Michel Post zu Weihnachten zu schicken. „Karten schaut er sehr interessiert an“, hatte Karl Mündlein damals erzählt. Er besuchte seinen Sohn fast täglich, las ihm vor, schaute mit ihm Bilder an oder hörte Musik. Es folgten mehr als 400 Karten und Briefe sowie Geschenke – etwa ein besticktes Kissen, ein VfB-Trikot mit Unterschriften aller Spieler, ein VfB-Lampenschirm und Kuscheltiere.

Auch der Familie Mündlein bereiteten die vielen Karten Freude, zeigten sie doch, wie viel Anteil die Leute an Michels Schicksal nahmen. Und auch die Nachricht von seinem Tod wurde auf Facebook mehr als 100-mal mit Beileidsbekundungen und Erinnerungen an Michel kommentiert. Besonders jene, die Michel persönlich kannten, schrieben, wie sehr ihnen sein Lächeln und seine fröhliche Art in Erinnerung bleiben werden. „Ich werde nie vergessen, wie er mich morgens beim Betreten unseres Verwaltungsgebäudes begrüßt hat und aus meinem muffeligen Morgen einen ,Guten Morgen‘ gemacht hat. Oder wie er mir oft auf dem Feierabendweg entgegengekommen ist. Seine herzliche, schelmisch-knitze Art hat gutgetan“, schreibt Matthias Knödler.

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Erstellt:
5. November 2020, 11:30 Uhr

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