Erdogan-Beleidigung: Prozessbeginn gegen Politiker in Türkei

dpa/lsw Istanbul/Heidelberg. In der Türkei beginnt heute der Prozess gegen den Grünen-Politiker Memet Kilic wegen Beleidigung von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara stuft in ihrer Anklageschrift, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, mehrere Aussagen von Kilic in einem Interview mit einer türkischen Internetzeitung aus dem Jahr 2017 als beleidigend ein. Unter anderem geht es um das Wort „Vaterlandsverräter“. Kilic wird beim Prozessauftakt nicht anwesend sein.

Grünen-Politiker Memet Kilic. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Grünen-Politiker Memet Kilic. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

„In Rücksprache mit meinem Anwalt habe ich beschlossen, dass ich für die Verhandlung nicht in die Türkei reisen werde“, sagte er der dpa am Montag. Sein Anwalt werde beantragen, dass er seine Verteidigung im Ausland, also in Deutschland, vorbringen könne.

Kilic (52), der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat, gehörte von 2009 bis 2013 dem Bundestag an und arbeitet heute als Anwalt in Heidelberg. Er ist aber weiter politisch aktiv, unter anderem als Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht der Grünen in Baden-Württemberg.

Er sei „gar nicht hoffnungsfroh“, was den Ausgang des Prozesses angehe, sagte Kilic. „Ich glaube nicht, dass ich in der Türkei freigesprochen werden kann.“ Wenn nötig, werde er bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Der Ausgang des Prozesses könne auch seine Zulassung als Anwalt in der Türkei und in Deutschland betreffen.

Die Zahl der Klagen wegen Präsidentenbeleidigung hat Anwälten zufolge stark zugenommen, seit Erdogan Präsident sei.

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Erstellt:
17. Dezember 2019, 09:11 Uhr

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