Nach Razzien: Rechte Terrorverdächtige in Untersuchungshaft

dpa Karlsruhe/Koblenz. Nach Razzien am Freitag haben Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Haftbefehle gegen zwölf mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer einer mutmaßlichen rechten Terrorzelle erlassen. Offenbar gibt es Verbindungen nach Finnland.

Eine Person wird von Polizisten in den Bundesgerichtshof gebracht. Foto: Uli Deck/dpa

Eine Person wird von Polizisten in den Bundesgerichtshof gebracht. Foto: Uli Deck/dpa

Nach bundesweiten Razzien gegen eine mutmaßlich rechte Terrorzelle haben Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) Haftbefehle gegen zwölf Männer erlassen. Vier mutmaßliche Mitglieder und acht mutmaßliche Unterstützer befinden sich in Untersuchungshaft, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Samstag erklärte. Für die Anhörungen waren alle zwölf Männer an den BGH nach Karlsruhe gebracht worden. Einer der Verhafteten aus dem Kreis der mutmaßlichen Unterstützer soll aus Koblenz kommen. In Rheinland-Pfalz ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Objekt durchsucht worden. Unterdessen wurden auch neue Details zu der Gruppierung bekannt.

Der Generalbundesanwalt war am Freitag mit Razzien in sechs Bundesländern gegen die Gruppe vorgegangen. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen sollen Anschläge auf Politiker, Asylbewerber und Muslime ins Auge gefasst haben, um Chaos auszulösen und so die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik ins Wanken zu bringen. Das Vorhaben sei aber noch nicht näher konkretisiert worden.

Die Festgenommenen, alles Deutsche, sind dem Vernehmen nach zwischen 31 und 60 Jahre alt. Vier von ihnen sollen sich zu der eigentlichen Terrorzelle zusammengeschlossen haben. Die acht Anderen halten die Ermittler für Unterstützer. Sie sollen sich bereit erklärt haben, Geld zu geben, Waffen zu beschaffen oder an künftigen Anschlägen mitzuwirken. Zum Kern der Gruppe rechnet die Bundesanwaltschaft noch einen fünften Mann. Er wurde aber als Einziger nicht festgenommen.

Laut Bundesanwaltschaft hatte sich die Gruppe in Chats und telefonisch ausgetauscht und auch schon mehrfach getroffen. Diese Treffen soll der 53-jährige Werner S. aus dem Raum Augsburg koordiniert haben, zum Teil unterstützt von Tony E. (39) aus Niedersachsen (Landkreis Uelzen). Wie „Der Spiegel“ berichtete, sollen mehr als zehn Leute am Samstag der Vorwoche im westfälischen Minden zusammengekommen sein. Dieses Treffen sei von den Sicherheitsbehörden mit großem Aufwand observiert worden.

Zum Kern der Gruppe sollen außerdem der 35-jährige Thomas N. aus Nordrhein-Westfalen (Kreis Minden-Lübbecke) und der 47-jährige Michael B. aus Baden-Württemberg (Raum Esslingen) gehört haben.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Freitag zu den Durchsuchungen bekanntgegeben, dass ein Verwaltungsmitarbeiter der Polizei suspendiert worden sei. Dieser Mann ist dem Vernehmen nach einer der mutmaßlichen Unterstützer. Die anderen sieben mutmaßlichen Helfer waren ebenfalls in NRW, in Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen-Anhalt gefasst worden.

Nach Informationen des „Spiegel“ wurde der mutmaßliche Anführer der Gruppe von den Sicherheitsbehörden als rechtsextremer Gefährder geführt. Wie das Magazin berichtet, hatten Staatsschützer den 53-jährigen Werner S. aus dem Raum Augsburg bereits vor mehreren Monaten entsprechend eingestuft. Bundesweit zählte die Polizei demnach zuletzt 53 rechtsextreme Gefährder, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Anschlägen zutraut.

Nach Recherchen des SWR und des ARD-Hauptstadtstudios sowie der „Bild“-Zeitung wurden bei den Razzien scharfe Waffen gefunden. Laut SWR und ARD hatte die Gruppe auch konkrete Pläne, etwa Moscheen in kleineren Städten anzugreifen. Am 15. März 2019 hatte ein 28-jähriger australischer Rechtsextremist bei einem Terroranschlag auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch 51 Menschen erschossen.

Den Berichten zufolge hatten Stuttgarter Staatsschützer die Gruppe seit fünf Monaten im Visier. Laut „Bild“ soll ein V-Mann den Ermittlungsbehörden Informationen übermittelt haben. Die Bundesanwaltschaft wollte sich am Sonntag auf Nachfrage nicht zu dieser Frage sowie zu weiteren Details der Razzien und möglichen Anschlagszielen äußern.

Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, agierte die Gruppe unter dem Namen „Der harte Kern“. Die Männer hätten unter anderem Bezüge zu der rechtsextremen Gruppierung „Soldiers of Odin“ (SOO) gehabt. In der nordfinnischen Kleinstadt Kemi an der Grenze zu Schweden organisierten sie im Oktober 2015 im Stile einer Bürgerwehr Straßenpatrouillen. Ziel war es nach ihrer Darstellung, die Polizei zu unterstützen, weil diese nicht in der Lage sei, insbesondere Frauen vor angeblichen Übergriffen von Asylbewerbern zu schützen. Die Gruppe weitete sich auf andere Städte aus und soll damals in Finnland mehrere Hundert Mitglieder gezählt haben. Zudem bildeten sich Ableger in anderen nordischen Ländern. Die Gruppe lehnt Migration und den Islam ab, weist aber Vorwürfe zurück, rassistisch oder kriminell zu sein.

Interne Streitigkeiten sollen die nach dem nordischen Kriegsgott Odin benannte Gruppierung 2017 geschwächt haben, ihre schwarz gekleideten Anhänger organisieren aber weiterhin Kundgebungen gegen Migranten. Dabei ist es zuletzt in Helsinki und Tampere zu Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten gekommen.

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Erstellt:
15. Februar 2020, 19:31 Uhr

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