FDP will zurück zur verbindlichen Grundschulempfehlung

dpa/lsw Stuttgart. Auf welche weiterführende Schule soll ein Kind gehen? Diese Entscheidung liegt bei den Eltern. Die oppositionelle FDP will aber, dass die Empfehlung der Grundschule wieder verbindlich wird.

Timm Kern (FDP), spricht am 05.01.2018 beim Landesparteitag der FDP Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Timm Kern (FDP), spricht am 05.01.2018 beim Landesparteitag der FDP Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Die Leistungen eines Kindes sollen nach Ansicht der Landtags-FDP beim Übergang auf eine weiterführende Schule stärker eine Rolle spielen. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und Bildungsexperte Timm Kern sprachen sich am Mittwoch in Stuttgart dafür aus, dass die Empfehlung einer Grundschule für eine weiterführende Schule verbindlich sein soll. Die beiden Politiker begründeten ihre Forderung damit, dass die baden-württembergischen Schüler in bundesweiten Leistungsvergleichen nur Mittelmaß sind und auch nicht besser werden. „Es ist Zeit, gegenzusteuern“, sagte Rülke.

Die Grundschule gibt eine Empfehlung ab, welche weiterführende Schulart für ein Kind nach der vierten Klasse geeignet ist. Die grün-rote Vorgängerregierung hatte entschieden, dass die Empfehlung seit 2012/2013 nicht mehr verbindlich ist. Die Eltern können sich über sie hinwegsetzen und ihr Kind etwa auf ein Gymnasium schicken, obwohl es dafür keine Empfehlung hat. Die FDP will die Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung. Sind Eltern damit nicht einverstanden, soll ihr Kind aber eine Aufnahmeprüfung absolvieren können. Bei einem guten Abschneiden könnte das Kind dann doch noch auf die Wunschschule gehen.

Damit positioniert sich die FDP bildungspolitisch im herannahenden Landtagswahlkampf. Rülke sagte, man wolle die Grundschulempfehlung zwar nicht zur zwingenden Bedingung für eine mögliche Koalition machen. Die bildungspolitische Handschrift der Liberalen müsse sich aber sehrwohl in einem möglichen gemeinsamen Regierungsbündnis wiederfinden. Damit zielt die FDP auf die CDU. Deren Spitzenkandidatin, Kultusministerin Susanne Eisenmann, hatte jüngst erklärt, dass die Lockerung der Grundschulempfehlung ein Fehler gewesen sei. Zu viele Kinder gingen auf Schulen, die nicht ihren Leistungen und Fähigkeiten entsprächen. Die FDP ist die kleinste Oppositionsfraktion im Landtag. Die Landtagswahl ist 2021.

Eisenmann meint: „Es ist ja belegt, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen, die die Kinder über vier Jahre begleiten, ihr Leistungsvermögen sehr gut einschätzen können. Dieses Potenzial müssen wir nutzen.“ Sie hatte bereits angekündigt, an einem Konzept zu arbeiten, um die Grundschulempfehlung verbindlicher zu machen. Von einer Rückkehr zum alten Modell war bei ihr aber nie die Rede.

SPD-Bildungsexperte Daniel Born warf der FDP vor, den Eltern die Entscheidungskompetenz streitig zu machen. Das mache aber kein Kind schlauer. Grünen-Bildungsexpertin Sandra Boser kritisierte: „Die Diskussion über eine verbindliche Grundschulempfehlung ist von gestern und nimmt die wahren bildungspolitischen Herausforderungen nicht in den Blick.“ Hingegen schloss sich der AfD-Bildungspolitiker Rainer Balzer der FDP-Forderung nach einer verbindlichen Empfehlung an: „Homogene Lerngruppen sind notwendig, um an frühere Erfolge im Bildungsland Baden-Württemberg wieder anknüpfen zu können.“

Nach Zahlen des Kultusministeriums hatten 11,4 Prozent der Kinder, die zum Schuljahr 2018/19 von der Grundschule aufs Gymnasium wechselten, nicht die entsprechende Empfehlung. Zum Schuljahr 2010/11, als die Empfehlung noch verbindlich war, betraf das nur 0,8 Prozent der Kinder. Drastischer sind die Zahlen bei den Realschulen: 24,2 Prozent der Kinder, die zuletzt auf diese Schulart wechselten, hatten nur eine Empfehlung für die Haupt- und Werkrealschule. 2010/11 betrug dieser Anteil noch 3,7 Prozent. Kinder konnten damals eine Schule ausnahmsweise ohne die entsprechende Empfehlung besuchen, wenn sie einen Test bestanden hatten. Zudem mussten sich die Eltern beraten lassen.

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Erstellt:
4. Dezember 2019, 16:45 Uhr

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