Streich würdigt historischen Erfolg: Gladbach am Boden

dpa Mönchengladbach/Freiburg. 26 Jahre lang hat der SC Freiburg in Mönchengladbach nicht mehr gewonnen. Am Sonntag wird diese Serie mit sechs Tore in den ersten 37 Minuten eindrucksvoll beendet. Freiburgs Coach Streich ist davon zwar angetan, angesichts Borussias Lage aber auch zurückhaltend.

Freiburger Spieler jubeln nach dem Tor zum 0:6. Foto: Marcel Kusch/dpa

Freiburger Spieler jubeln nach dem Tor zum 0:6. Foto: Marcel Kusch/dpa

Am Morgen nach dem historischen Bundesliga-Spiel war der Ablauf beim SC Freiburg wie immer. Um 10.00 Uhr versammelten sich die Breisgauer am Montag zum Auslaufen wie nach jeder anderen Partie auch. Die Twitter-Botschaft des Clubs allerdings verdeutlichte noch einmal, das sich am Vortag etwas Denkwürdiges abgespielt hatte: „Nein, es war kein Traum“, schrieb der Club - und erinnerte daran, dass dieses 6:0 bei Borussia Mönchengladbach tatsächlich so passiert war. Es war ein Spiel, das es so noch noch nie gegeben hatte.

Trainer Christian Streich war der höchste Sieg seines SC in der Fußball-Bundesliga fast schon unangenehm gewesen. Extrem zurückhaltend und respektvoll kommentierte er das Unfassbare. Dreimal hatten die Freiburger nach ihrem furiosen Saisonauftakt zuletzt nacheinander verloren, beim FC Bayern, gegen Frankfurt und in Bochum. In Gladbach hatten die Breisgauer zuletzt 1995 gewonnen - zum bis Sonntag einzigen Mal in der Fußball-Bundesliga. Umso bemerkenswerter und außergewöhnlicher verlief der Sonntag.

„Ich habe hier noch nie gewonnen. Schön, dass das hier auch mal gelungen ist“, sagte der 56 Jahre alte Streich. Es war die einzige - höchst dezente - Freude, die er sich nach der Demütigung genehmigte.

Nach nicht einmal fünf Minuten hatte sein Team bereits 2:0 geführt, nach nicht einmal 20 Minuten 4:0 und nach nur 37 Minuten gar 6:0. „Wahnsinn“, stammelte auch Streich angesichts des Scheibenschießens. „Jeder Schuss aufs Tor war heute drin. So etwas habe ich auch noch nie erlebt.“ Auch für Nationalspieler Nico Schlotterbeck, Torschütze des sechsten Tores (37. Minute), war die erste Halbzeit „etwas surreal“. Und sie bildete einen Kontrast zum Spiel in Bochum, als der SC Freiburg überlegen gewesen war, aber 1:2 verloren hatte.

An der Wucht im Freiburger Spiel und Zielstrebigkeit lag dies nur zum Teil. Die Gladbacher, die erst vor gut einem Monat den FC Bayern München furios mit 5:0 im DFB-Pokal gedemütigt hatten, waren ein dankbarer Gegner. Vom Anstoß an trabten die Borussen scheinbar teilnahmslos nebenher und verweigerten nahezu jeden Zweikampf. Fast jeder Freiburger durfte einmal, fast jeder traf auch. Vor Schlotterbeck trafen Maximilian Eggestein (2.), Kevin Schade (5.), Philipp Lienhart (12.), Nicolas Höfler (19.) und Lucas Höler (25.) gegen einen Defensivverbund, der diesen Namen nicht verdiente.

Zehn Gegentore kassierte die Borussia in wenigen Tagen, schon in der Vorwoche hatte sie sich im Derby beim 1. FC Köln 1:4 blamiert. Dabei fühlten sich die Gladbacher unter ihrem neuen Coach Adi Hütter im Vergleich zu Vorgänger Marco Rose und den etlichen Gegentoren in der vergangenen Saison schon weiter. Die katastrophale Leistung warf Fragen auf: „Entschuldigung, was für eine Scheiße passiert da gerade“, fasste Gladbachs Sportchef Max Eberl derbe seine Gedanken zusammen. „Warum wehren wir uns denn nicht?“ Gespannt darf man auf die kommenden Tage und das nächste Spiel der Gladbacher bei RB Leipzig am kommenden Wochenende sein.

Der Sport-Club grüßt indes als Tabellenvierter weiter von einem Champions-League-Platz und darf der kommenden Aufgabe am Samstag gegen die TSG 1899 Hoffenheim entspannt entgegenblicken. Eine Gefahr, dass seine Spieler abheben, sieht Streich nicht. Wie immer.

© dpa-infocom, dpa:211205-99-268061/3

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Erstellt:
5. Dezember 2021, 19:23 Uhr

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