Grün-Schwarz will neue Stellen schaffen und Schulden tilgen

dpa/lsw Stuttgart. Es ist mehr Geld da als gedacht - trotz Corona-Lasten. Aber weniger, als die Ressorts sich für ihre Projekte wünschen. Freuen darf sich vor allem die CDU-Justizministerin. Und dann soll es demnächst ein landesweites 365-Euro-Ticket für junge Leute geben.

Die grün-schwarze Koalition in Baden- Württemberg hat sich nach langem Ringen auf den Entwurf für den Haushalt 2022 verständigt. Die Regierung will über 1200 weitere Stellen schaffen, vor allem bei der Justiz, in Schulen und Gesundheitsämtern, sagte Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur am späten Freitagabend in Stuttgart. Zudem soll Geld in den Solidarpakt Sport, die Digitalisierung der Verwaltung und in ein Sofortprogramm für den Klimaschutz fließen. Grün-Schwarz wolle im kommenden Jahr aber auch Schulden, die in der Corona-Krise aufgenommen wurden, teilweise zurückzahlen, erläuterte Bayaz.

Tilgen und noch einmal vorsorgen für längere Pandemie

Dafür soll das Geld aus dem kaum genutzten Corona-Rettungsfonds für mittlere Firmen umgewidmet werden. 506 Millionen Euro sollen als Polster zurückgelegt werden, falls die Pandemie länger dauert als gedacht. Die restlichen 474 Millionen Euro aus dem Beteiligungsfonds will Grün-Schwarz zum Tilgen von Corona-Schulden nutzen.

Mehr Richter, Staatsanwälte und mehr Stellen für Justizvollzug

Von den neuen Stellen entfallen über 450 auf den Bereich Justiz. Allein 250 Stellen solle es für Anwärter im Justizvollzug geben, hieß es. Darüber hinaus will die Koalition dem Wunsch von Justizministerin Marion Gentges (CDU) nach mehr Stellen für Richter und bei den Staatsanwaltschaften entsprechen.

Entlastung für Schulleitungen

Grün-Schwarz einigte sich zudem darauf, einen Teil des Budgets von knapp 250 Millionen Euro, das noch für Investitionen zur Verfügung stand, für Lehrkräfte auszugeben. Es sollen 195 neue Stellen geschaffen werden zur Entlastung der Schulleitungen und für Lehrkräfte für Klassen, in denen behinderte und nicht-behinderte Kinder zusammen lernen. Für die Gesundheitsämter, die in der Corona-Krise teilweise stark überlastet waren, soll es 184 Stellen geben.

„Elterntaxi soll in Garage bleiben“

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz legte besonderen Wert auf die Klimaschutzpläne. Mit dem Sofortprogramm in Höhe von 15 Millionen Euro sollen unter anderem kommunale Wärmepläne vorangebracht und landeseigene Gebäude saniert werden. Grün-Schwarz wolle zudem gegen Mitte des kommenden Jahres ein landesweites Jugendticket einführen. Zum Preis von 365 Euro im Jahr könnten Jugendliche dann Busse und Bahnen im Land nutzen. „Wir wollen damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und Familien entlasten“, sagte Schwarz der dpa. „Das Elterntaxi kann in der Garage bleiben.“ Kostenpunkt für das Land, wenn das 365-Euro-Ticket Mitte des Jahres kommt: Etwa 27 Millionen Euro.

CDU sieht „unsere klare Handschrift“

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel betonte, „dass unsere klare Handschrift in den heutigen Haushaltsverhandlungen deutlich sichtbar wurde“. So werde die Einstellungsoffensive bei der Polizei fortgeführt und die Justiz deutlich gestärkt. Auch werde in den Krisen- und Bevölkerungsschutz investiert, um auf Notfälle wie Hochwasser noch besser gerüstet zu sein.

Schwarze Null im nächsten Jahr, aber Schulden in diesem

Grüne und CDU hatten sich schon vor der Sommerpause darauf geeinigt, die Schuldenbremse nach zwei Ausnahmen hintereinander wieder einhalten zu wollen. Die Opposition wirft der Koalition vor, die schwarze Null sei nur möglich, weil Grün-Schwarz beim Nachtragsetat für den Doppelhaushalt 2020/2021 erneut die Ausnahmeklausel der Schuldenbremse genutzt und neue Kredite in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aufgenommen hat.

Bayaz sagte am Freitagabend: „Wir kommen aus einer Pandemie, in der sich das Land massiv verschuldet hat. Wir werden sparen, Schulden abbauen und keine neue aufnehmen.“ Grün-Schwarz wolle den begrenzten Spielraum gezielt nutzen, um die Folgen der Pandemie abzufedern, etwa an Schulen. Man investiere aber auch in Digitalisierung von Verwaltung und Wirtschaft, in Innovationen und Klimaschutz.

Der Haushaltskommission gehören neben Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bayaz auch Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU), die Fraktionschefs von Grünen und CDU sowie die finanzpolitischen Sprecher der beiden Fraktionen an. Ursprünglich hatte es geheißen, wegen der Nachwirkungen der Corona-Pandemie seien keine großen Sprünge drin. Unterm Strich hat das Land aber doch Spielraum für Investitionen in Höhe von 915 Millionen Euro, wobei hier auch Kosten für früher festgelegte Projekte eingerechnet sind. Kurz vor Weihnachten - also nach der Steuerschätzung im November - soll der Haushalt im Landtag beschlossen werden.

© dpa-infocom, dpa:210918-99-263805/2

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Erstellt:
18. September 2021, 08:08 Uhr

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