AfD: Höcke probt nach Rauswurf von Kalbitz den Aufstand

dpa Berlin/Potsdam. Im AfD-Parteivorstand haben die Gegner des rechtsnationalen Flügels einen Sieg errungen. Doch in der Causa Kalbitz ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der kaltgestellte Kalbitz fordert seine Unterstützer zum Bleiben auf. Höcke springt ihm bei.

Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg, ist nach einem Beschluss des Bundesvorstands nicht mehr Mitglied der Partei. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg, ist nach einem Beschluss des Bundesvorstands nicht mehr Mitglied der Partei. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Nach dem Rauswurf des Brandenburger Landeschefs Andreas Kalbitz aus der AfD bahnt sich ein offener Machtkampf zwischen dem rechtsnationalen Parteiflügel und den Unterstützern des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen an.

„Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen - und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke bei Facebook in einem Video.

Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl veröffentlichte unter der Überschrift „Wir sind Spalter!“ eine Fotomontage mit den Köpfen der acht Mitglieder des Bundesvorstandes, die am Freitag nicht gegen die Annullierung der Mitgliedschaft von Kalbitz gestimmt hatten.

Kalbitz selbst rief seine Anhänger auf, die AfD nicht zu verlassen. „Ich bitte Euch herzlich: Tretet nicht aus, wir machen natürlich weiter. Die Verantwortung für unser Land ist wichtiger als einzelne Personen“, sagte er am Freitagabend in einem Video bei Facebook. Er werde sich juristisch gegen den Rauswurf zur Wehr setzen und sei „zuversichtlich, dass wir in Brandenburg auch in Zukunft wieder weiter an diesen Erfolg anknüpfen werden.“

Der Bundesvorstand der AfD hatte seine Mitgliedschaft am Freitag per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt. Hintergrund sind frühere Kontakte im rechtsextremen Milieu. In dem Beschluss hieß es, die Mitgliedschaft sei mit sofortiger Wirkung aufgehoben, „wegen des Verschweigens der Mitgliedschaft in der „Heimattreuen Deutschen Jugend““ (HDJ) und „wegen der Nichtangabe seiner Mitgliedschaft“ bei den Republikanern zwischen Ende 1993 und Anfang 1994.

Kalbitz galt neben Höcke als wichtigster Vertreter der rechtsnationalen Strömung in der Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Bestrebung beobachtet wird. Da er Beisitzer im Bundesvorstand war, wäre für seinen Einspruch nach Einschätzung eines Vorstandsmitglieds das Bundesschiedsgericht der Partei zuständig.

Meuthen zog unterdessen auch die Zukunft von Kalbitz als Fraktionschef im Landtag von Brandenburg in Zweifel. „Ich kann mir schwer vorstellen, einen Parteilosen als Fraktionsvorsitzenden zu haben, aber letztlich muss das die Fraktion in Brandenburg selbst entscheiden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, erklärte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass er den Fraktionsvorsitz ruhen lässt für die Dauer der juristischen Klärung.“

Für die Entscheidung des Bundesvorstandes habe er seit Freitag „unglaublich viel Zustimmung“ aus der Partei erhalten, sagte Meuthen. Einige Mitglieder hätten allerdings auch mit „wütender Ablehnung“ reagiert. Auf die Frage, weshalb er eine Verortung von Kalbitz im rechtsextremen Spektrum früher selbst bestritten habe, antwortete der AfD-Vorsitzende: „Ich habe ihn im persönlichen Kontakt nicht als Rechtsextremisten wahrgenommen, später wurde aber deutlich, dass er auf jeden Fall eine rechtsextreme Vergangenheit hat.“

Wer sich in einem parteiinternen Konflikt auf Argumente von „Parteigegnern“ berufe, der begehe „Verrat an der Partei“, sagte Höcke. Meuthen und der stellvertretenden Parteivorsitzenden Beatrix von Storch warf er vor, sie wollten die AfD so verändern, dass sie keine echte Alternative zu den etablierten Parteien mehr wäre.

Gauland sagte, er habe von Anfang an gewusst, dass Kalbitz früher bei den Republikanern gewesen sei. Was die vom Verfassungsschutz behauptete ehemalige Mitgliedschaft in der HDJ angehe, so wäre der Bundesvorstand gut beraten gewesen, das Ergebnis einer Klage von Kalbitz gegen den Verfassungsschutz abzuwarten.

Gauland sagte, der 2013 von Kalbitz eingereichte Antrag auf Mitgliedschaft in der AfD sei wohl nicht mehr auffindbar. Aus dem Bundesvorstand hieß es, im Landesverband Brandenburg erinnerten sich aber noch mehrere Mitglieder an Angaben die Kalbitz damals bei der Bildung seines Kreisverbandes und bei der Kandidatenaufstellung für die Landtagswahl 2014 gemacht habe.

Der Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann schrieb auf Facebook: „Meuthen & Co. unterlaufen rechtsstaatliche Prinzipien, um einen verdienten Parteifreund auszuschließen.“

In der AfD sei jetzt ein „entfesselter Machtkampf“ zu beobachten, sagte der Berliner Politologe Hajo Funke. Die Partei befinde sich seit vier Jahren in einem Prozess der Radikalisierung. Meuthens Position sei mitnichten gefestigt.

„Wichtig ist, dass sich die AfD von dem rechtsextremistischen Gedankengut löst, das es in ihren Reihen gibt“, sagte der Chef der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD) aus Thüringen. „Dabei muss man auch sehr intensiv über Herrn Höcke sprechen.“ Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Maier: „Andreas Kalbitz ist nur die Spitze des Eisberges.“

Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa

Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa

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Erstellt:
15. Mai 2020, 18:20 Uhr

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