Schuldnerberatung befürchtet Privatinsolvenz-Welle

dpa/lsw Mannheim. Ein privater Finanzkollaps wegen Corona ist bei der Schuldnerberatung eher noch ein seltener Fall. Doch könnten die Berater bald mehr zu tun bekommen.

„Privatinsolvenz“ steht auf einem Trennblatt, davor liegt ein Antrag zur Eröfnung eines Insolvenzverfahrens. Foto: Alexander Heinl/dpa/Illustration

„Privatinsolvenz“ steht auf einem Trennblatt, davor liegt ein Antrag zur Eröfnung eines Insolvenzverfahrens. Foto: Alexander Heinl/dpa/Illustration

Bislang hat die Corona-Pandemie noch nicht zur Überschuldung vieler Menschen geführt - das könnte sich bald ändern. „Derzeit ist die Zahl derjenigen Ratsuchenden überschaubar, die infolge Corona in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind“, sagt Johannes Kreukler von der Arbeitsgemeinschaft Spezialisierte Schuldnerberatung in Mannheim. Pro Monat werden dort 40 bis 50 Menschen neu beraten.

Doch die Lage werde sich verschärfen, erwartet Kreukler. „Wir rechnen im Herbst mit einer großen Insolvenz-Welle, weil ab Oktober Gläubiger wieder Insolvenz für ihre Schuldner beantragen können.“ Diese sogenannten Fremdanträge beim Amtsgericht sind wegen besonderer Corona-Regeln vorübergehend nicht möglich.

Nach Kreuklers Prognose wird es vorrangig Selbstständige, Gastronomen und Menschen aus dem Eventbereich und Messebau treffen. „Wer seine Kalkulation sehr auf Kante genäht hat, dass heißt mit knappen Margen rechnet, ist durch Corona besonders gefährdet.“ Bei Angestellten habe der Staat durch das eben verlängerte Kurzarbeitergeld das Schlimmste verhindert. Auch Mietstundungen und ausgesetzte Kreditraten der Banken haben laut dem Schuldnerberater die Schwierigkeiten abgefedert.

Baden-Württemberg hat im Vergleich der Bundesländer zusammen mit Bayern die geringsten Überschuldungsquote. Nach den Daten des Creditreform-Schuldneratlas' waren 2019 im Südwesten 8,23 Prozent, im Nachbarland 7,31 Prozent der Bürger überschuldet. Bundesweit hat demnach 2019 die Zahl der Überschuldungen geringfügig abgenommen: Etwas mehr als 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahren waren überschuldet, knapp 10 000 weniger als 2018. Im Südwesten lag die Zahl der Privatinsolvenzverfahren im ersten Halbjahr 2019 mit 4239 um 5,4 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraumes. Mannheim hat laut Kreukler mit 13 Prozent eine besonderes hohe Quote.

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Erstellt:
19. September 2020, 09:16 Uhr

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