Stoba verkauft E-Drive-Sparte

Das Backnanger Unternehmen bringt seinen elektrischen Niedervoltantrieb nun doch nicht selbst auf den Markt. Die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor will der Automobilzulieferer aber weiterhin schrittweise reduzieren.

Qualitätskontrolle bei Stoba: Das Backnanger Unternehmen produziert Teile, bei denen höchste Genauigkeit gefragt ist. Foto: Stoba

Qualitätskontrolle bei Stoba: Das Backnanger Unternehmen produziert Teile, bei denen höchste Genauigkeit gefragt ist. Foto: Stoba

Von Kornelius Fritz

Backnang. Mit ihren Einspritzdüsen für Dieselmotoren hat die Backnanger Firma Stoba in der Vergangenheit gutes Geld verdient und tut das bis heute. Doch ewig wird dieses Geschäftsmodell wohl nicht mehr funktionieren. Denn im Kampf gegen den Klimawandel will die EU Verbrennungsmotoren in Pkw schon 2035 verbieten; die Mobilität der Zukunft soll elektrisch sein.

Klar, dass sich darüber auch die Geschäftsleitung bei Stoba Gedanken macht. Bereits vor vier Jahren hat das Unternehmen, das weltweit rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt, das Tochterunternehmen Stoba e-Systems in Weinstadt gegründet. Das erste große Projekt, das dort mit rund 50 Mitarbeitern umgesetzt wurde, war die Entwicklung eines sogenannten Niedervoltantriebs. Der Elektromotor mit einer Spannung von nur 48 Volt sollte zum Beispiel in Kehrmaschinen oder Aufsitzrasenmähern zum Einsatz kommen. Die Entwicklungsarbeit war von Erfolg gekrönt, doch noch ehe das neue Produkt ein einziges Mal verkauft wurde, hat Stoba den Geschäftszweig wieder abgestoßen. Im Juli teilte das Unternehmen in einer Presseerklärung mit, man habe den Geschäftsbereich E-Drive an die Huber Automotive AG verkauft. Das Unternehmen aus Mühlhausen im Täle (Landkreis Göppingen) habe sowohl Equipment und Know-how als auch 18 Beschäftigte von Stoba e-Systems übernommen.

Umsatzanteil des Verbrennerssoll von 80 auf 60 Prozent sinken

Aber wieso verkauft Stoba einen Geschäftszweig, der doch eigentlich die Zukunft des Unternehmens sichern sollte? Auf Nachfrage unserer Zeitung erläutert Geschäftsführer Christoph Bode die Entscheidung: „Uns war von Anfang an klar, dass wir einen Partner brauchen, um unsere Entwicklung in Serie zu produzieren.“ Zum einen wegen der gewaltigen Investitionen, die mit einer solchen Serienfertigung verbunden sind, zum anderen aber auch wegen des Zugangs zum Markt. Als Zulieferer aus der zweiten Reihe sind Stobas Kunden bisher vor allem größere Automobilzulieferer wie Bosch oder ZF. Um einen kompletten Antrieb zu verkaufen, müsste man aber direkt auf die Fahrzeughersteller zugehen. „Das ist ein Haifischbecken, in dem wir nicht bekannt sind“, sagt Bode. Allein wäre es da für die Backnanger Firma schwer geworden.

Die Huber AG, die unter anderem Steuergeräte für Elektroautos von VW, Daimler und Toyota produziert, tue sich da wesentlich leichter. Allerdings wollte das Unternehmen kein Joint Venture, sondern war nur an einem Kauf interessiert. Im Gegenzug bot Huber den Backnangern allerdings ein Aktienpaket an. „So können wir weiterhin am Erfolg unserer Entwicklung teilhaben“, sagt Christoph Bode. Der Verkauf der Sparte war aus seiner Sicht letztlich die beste Lösung, um den Niedervoltantrieb erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Das Tochterunternehmen in Weinstadt bleibt bestehen

Am Ziel, sich unabhängiger vom Verbrennungsmotor zu machen, hat sich bei Stoba aber nichts geändert, auch das Tochterunternehmen in Weinstadt bleibt bestehen. Dort arbeiten die verbliebenen 20 Mitarbeiter bereits an neuen Projekten. Große Hoffnungen setzt man etwa in die Halbleiterproduktion. Stoba beliefert hier bereits einen namhaften Hersteller von optischen Komponenten mit hochpräzisen Halterungen für dessen Objektive. So profitiere man schon jetzt von der stark wachsenden Nachfrage nach Mikrochips, sagt Vertriebsleiter Philippe Schwenger.

Aber auch in völlig anderen Produkten wie E-Bikes oder Haarglätteisen sollen Stoba-Produkte künftig zum Einsatz kommen oder sind es schon heute. Ziel sei es, den Umsatzanteil des Verbrennungsmotors, der aktuell noch bei rund 80 Prozent liegt, bis 2026 auf 60 Prozent zu reduzieren, erklärt Geschäftsführer Bode.

Wobei man auch die Dieseltechnologie bei dem Backnanger Unternehmen noch längst nicht abgeschrieben hat. Zumindest im Lkw-Bereich dürften Einspritzdüsen auch über 2035 hinaus noch gefragt sein. Und auch für Fahrzeuge, die mit Wasserstoff angetrieben werden, könnte Stoba wichtige Komponenten liefern. Kurzfristig steht das Backnanger Unternehmen allerdings vor anderen Herausforderungen: Neben den steigenden Energiepreisen macht vor allem der Chipmangel dem Zulieferer das Leben schwer. Trotz eigentlich guter Auftragslage würden deshalb häufig Bestellungen kurzfristig verschoben oder storniert. „Wir fahren immer wieder an und müssen dann bremsen“, beschreibt der Geschäftsführer die Situation. Ob der VorCorona-Umsatz von 190 Millionen Euro schon in diesem Jahr wieder erreicht werden kann, ist deshalb fraglich. Im vergangenen Jahr lag er bei rund 175 Millionen Euro.

Stoba-Unternehmensgruppe

Unternehmen Die Firma Stoba ist 1995 aus der insolventen Kurt Stockburger GmbH&Co. hervorgegangen. 2011 wurde die Firma von der österreichischen Berndorf AG übernommen. Zur Stoba-Gruppe gehören die Bereiche Präzisionstechnik, Sondermaschinenbau und e-Systems.

Standorte Stoba beschäftigt weltweit rund 1100 Mitarbeiter, davon knapp 600 am Stammsitz in Backnang. Weitere Standorte in Deutschland sind Weinstadt und Memmingen. Im Ausland produziert Stoba an vier Standorten in Tschechien, China, Großbritannien und USA.

Auszeichnungen Zuletzt wurde das Unternehmen dreimal in Folge mit dem Top-100-Siegel für besondere Innovationskraft ausgezeichnet. Großen Wert legt die Firma auch auf die Ausbildung. In Backnang beschäftigt Stoba rund 45 Auszubildende in sechs verschiedenen Berufen.

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Erstellt:
2. September 2022, 06:00 Uhr

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