Warnungen vor grünem Label für Erdgas und Atomkraft

dpa Brüssel. Noch immer gibt es für Atommüll keine Lösung der Endlagerung. Dennoch gibt es Bestebungen, Atomenergie oder auch Gas als „grüne“ Energie einzustufen. Das sei „grob unverantwortlich“, sagt Greenpeace.

Eine Gasflamme brennt auf einem Küchenherd. Foto: Marijan Murat/dpa

Eine Gasflamme brennt auf einem Küchenherd. Foto: Marijan Murat/dpa

Umweltorganisationen warnen die Europäische Kommission davor, Atomkraft und Erdgas als umweltfreundliche Energien einzustufen.

Ein solcher Schritt würde den Maßnahmen widersprechen, die gebraucht würden, um den Klimawandel auf 1,5 Grad zu begrenzen, sagte Sébastien Godinot vom WWF am Donnerstag. Die Einbeziehung von Atomkraft und Erdgas in die sogenannte EU-Taxonomie wäre „grob unverantwortlich“, sagte Greenpeace-Aktivistin Silvia Pastorelli.

Hintergrund sind laufende Arbeiten der EU-Kommission an einem Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen. Damit sollen Anleger klare Vorgaben bekommen, welche Investitionen als klimafreundlich gelten - die Kennzeichnung bietet also enorme finanzielle Vorteile.

In Brüssel zirkulierte ein Papier mit Forderungen, Kernkraft und Gas in die Taxonomie aufzunehmen. Es stammt nach Angaben von Diplomaten von Frankreich, wird aber auch von etlichen anderen Ländern wie Polen und Tschechien unterstützt. Deutschland hat sich bislang klar dagegen ausgesprochen, Atomkraft als klimafreundlich zu klassifizieren. Es gibt allerdings eine starke Lobby dafür, Gas als Übergangstechnologie zu fördern, um die Stromversorgung nach dem geplanten Atom- und Kohleausstieg abzusichern.

Unter dem im Papier vorgeschlagenen Kriterien würden die Hälfte der bereits existierenden Gaswerke in der EU als „grün“ gelten, sagte Godinot. Außerdem könnten neue Gaswerke finanziert werden, die bis 2065 laufen könnten. Dies sei nicht mit den EU-Zielen zum Klimaschutz vereinbar, so der WWF-Ökonom.

Roger Spautz von Greenpeace warnte vor den Umweltfolgen von radioaktiven Müll, der bei der Kernspaltung entsteht. „Unserer Meinung nach will die Atomindustrie in der Taxonomie sein, weil sie Geld entwenden will, um ihre alten Reaktoren weiter laufen zu lassen“, sagte Spautz. Nach 70 Jahren habe die Atomindustrie immer noch keine Lösung für Atommüll gefunden, sagte WWF-Kollege Godinot.

Laut der zuständigen EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness soll die Entscheidung zur Einstufung von Atom und Gas bis Jahresende fallen. Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament haben dann zwei Monate Zeit, Einwände zu erheben - sonst tritt die Taxonomie in Kraft.

© dpa-infocom, dpa:211104-99-869057/2

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Erstellt:
4. November 2021, 17:29 Uhr

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