Dispan und Göksu gehen in die Stichwahl

Bürgermeisterwahl Großerlach Der gestrige erste Wahlgang brachte kein eindeutiges Ergebnis. Kevin Dispan verfehlte die 50-Prozent-Marke knapp, Melih Göksu kam auf 34,39 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,8 Prozent. Der zweite Wahlgang findet am 18. Februar statt.

Gehen in die Verlängerung: Kevin Dispan (links) und Melih Göksu treten in drei Wochen bei der Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters von Großerlach an. Im bisherigen Wahlkampf begegnen sie sich mit Fairness und werben für sich, nicht gegen den anderen. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Gehen in die Verlängerung: Kevin Dispan (links) und Melih Göksu treten in drei Wochen bei der Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters von Großerlach an. Im bisherigen Wahlkampf begegnen sie sich mit Fairness und werben für sich, nicht gegen den anderen. Foto: Tobias Sellmaier

Von Nicola Scharpf

Großerlach. Großerlachs Bürgermeister Christoph Jäger macht es spannend, als er eine gute Stunde nach Schließung der Wahllokale um kurz nach 19 Uhr zu den schmissigen Klängen eines Marsches, den der Musikverein Frischauf Grab anstimmt, die Gemeindehalle betritt – in der ohnehin schon spürbar Spannung ist unter den rund 200 Bürgerinnen und Bürger. Sie sind gespannt, welcher der sechs Kandidaten, die auf dem Stimmzettel zur Bürgermeisterwahl standen, künftig die Geschicke ihrer Gemeinde lenken wird. Jäger greift zum Mikrofon und faltet das Blatt mit der Auswertung auf, das er in der Hand hält. Dass die Menschen in der Halle so lange auf das Ergebnis haben warten müssen, erläutert der scheidende Rathauschef, liege daran, dass das Ergebnis ein zweites oder gar drittes Mal geprüft werden sollte – sofern es denn knapp ausfallen sollte. „Es ist knapp, so viel wissen Sie jetzt schon“, schickt Jäger vorweg.

Zuerst verkündet er die Wahlbeteiligung, die bei 58,8 Prozent lag. „Ich hatte mir tatsächlich noch ein bisschen mehr gewünscht“, gesteht er, dass er gerne eine Beteiligung über 60 Prozent gehabt hätte. Insgesamt sind 1242 der 2111 Wahlberechtigten zur Urne gegangen – mit einem nicht eindeutigen Wahlergebnis. Denn gewählt ist, wer im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhält. „Ganz knapp, um ein paar Stimmen, hat es nicht im ersten Wahlgang gereicht. Wir werden eine zweite Runde drehen müssen“, sagt Jäger und gibt bekannt: Mit 49,47 Prozent entschied Kevin Dispan die Wahl fast für sich, was in der Gemeindehalle hörbar für Jubel sorgt. Für Melih Göksu stimmten 34,39 Prozent, für Kay Schloe 11,11 Prozent und für Simon Beck, der wegen eines Auslandsaufenthalts nicht in die Gemeindehalle gekommen war, sprachen sich 2,84 Prozent aus. Es kommt also zu einer Stichwahl zwischen Dispan und Göksu, die für den 18. Februar angesetzt ist.

Beide Kandidaten wollen weiterhin engagiert Wahlkampf machen

Weitere Themen

Der 33-jährige Verwaltungsfachwirt Göksu kommentiert sein Ergebnis: „Heute hängt der Kopf, aber morgen gehts weiter.“ Der Stuttgarter will bis zur Stichwahl auf jeden Fall nochmals Gas geben und Möglichkeiten ausschöpfen, weitere Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Auch wolle er das Gespräch mit seinem Mitbewerber Kay Schloe suchen, um möglicherweise Wählerstimmen von dort zu bekommen. „Weitermachen mit Haut und Haar, es geht um jeden Teilort und jede Stimme“: Das ist Kevin Dispans Devise für die kommenden drei Wochen, der sich über das „sehr, sehr starke Ergebnis für mich“ freut. Der 30-jährige stellvertretende Kämmerer in Remseck plant, seinen Info-Stand fortzuführen, weil er die Gespräche mit den Bürgern als interessant und wichtig empfunden habe, so der Liemersbacher. Christoph Jäger liest das Ergebnis so: „Es zeigt sich immer wieder, dass den Wählerinnen und Wählern die Fachkenntnis sehr wichtig ist.“ Das Abschneiden des fachfremden Schloe sei daher achtenswert und Zeichen für viele Sympathiepunkte. „Das muss man erst mal hinbekommen.“

Für alle Beteiligten – die Bürgerinnen und Bürger, die beiden Kandidaten, die Wahlhelfer, die Verantwortlichen im Rathaus – heißt es jetzt: „Halten Sie durch, da braucht man die zweite Luft“, sagt Jäger und ermutigt die Großerlacher, nochmals wählen zu gehen. Jäger betont, dass Kevin Dispan und Melih Göksu sich in der Stichwahl miteinander um das Bürgermeisteramt bewerben. Alle Kandidaten im bisherigen Wahlkampf seien mit „Verve und beispielloser Fairness“ aufgetreten. „Sie haben für sich geworben und nicht gegen die anderen.“ Das spreche für alle Bewerber, dass sie charakterlich geeignet seien, das Amt des Bürgermeisters auszuüben. Jäger, der Brückenbauer, der seit drei Amtsperioden dafür steht, Interessen einen zu können, spricht zum Schluss eine kleine, persönliche Bitte aus: Auch auf den diversen Plattformen im Internet sollen die Bürgerinnen und Bürger fair zueinander bleiben. „Irgendjemand muss meine Nachfolge antreten und dann mit allen zusammenarbeiten.“

Kommentar
Der Krimi geht weiter

Von Kornelius Fritz

Was anfangs ein Langweiler zu werden drohte, entwickelt sich immer mehr zum Krimi: Die Großerlacher Bürgermeisterwahl geht in die Verlängerung. Bei der Stichwahl in drei Wochen werden nur noch die beiden Kandidaten auf dem Wahlzettel stehen, die von Anfang an als Favoriten galten, weil sie Berufserfahrung aus der Verwaltung mitbringen. Im Wahlkampf hatten allerdings beide mit Hindernissen zu kämpfen: Für Kevin Dispan war es eine abgekupferte Wahlrede, für Melih Göksu seine Grünen-Vergangenheit, die den Stimmenfang im konservativen Großerlach erschwerten. Ersteres wog für die Wählerschaft offenbar weniger schwer: Nur sechs Stimmen fehlten Dispan am Ende zum Sieg im ersten Wahlgang.

In der zweiten Runde ist er damit zwar der Favorit, aber gewonnen hat er die Wahl noch nicht. Denn zum einen ist unklar, auf wen sich die Stimmen der vier ausgeschiedenen Bewerber verteilen werden, zum anderen weiß niemand, ob in drei Wochen mehr oder weniger Menschen zur Wahl gehen werden als gestern. Es bleibt also spannend und so sollte es in einer Demokratie auch sein.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
29. Januar 2024, 06:00 Uhr

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