Geht Stuttgart die Luft aus?

Von Andrea Kachelrieß

Degerloch war mal ein Luftkurort. Und sicherlich fällt oben auf der Höhe auch heute noch das Durchatmen leichter als am Pragsattel oder auf dem Marienplatz. Von dick bis heiß, von dünn bis belastet: Luft ist in vielerlei Hinsicht ein Reizthema; insofern hat die neue Ausgabe des Current-Festivals, das an diesem Donnerstag startet, für ihr Programm ein gutes Motto gefunden. Um „Luft“ soll es in all ihren sozialen, politischen, ökologischen und materiellen Daseinsformen gehen.

Bereits zum dritten Mal bespielt das interdisziplinäre „Festival für Kunst und den urbanen Raum“ die Stadt; in diesem Jahr verlagert das biennale Event, das 2023 vor allem rund ums Cannstatter Kaufhof-Areal spielte, seinen Fokus mitten in die Stadt. So sind viele der sieben Veranstaltungen, die das Current-Festival gleich am Starttag bietet, in der Nähe des Marienplatzes zu finden.

Nach der offiziellen Eröffnung um 18 Uhr ist dort um 18.30 Uhr Jasmin Schädlers Soundinstallation „Lenkgeschichten“ zu erleben, die sich mit der „Poser-Szene“ vor dem Württembergischen Kunstverein beschäftigt: Akteure kommen zu Wort, PS heulen auf und befragen die Zukunft einer autofixierten Zeit. Von 20 Uhr an eröffnet das Kollektiv Dance Gathering mit dem „Diversorium“ einen Raum für vielfältige Tanzformen, die sich zu einer sozialen Choreografie addieren.

Wer Richtung Österreichischer Platz wandert, kann in der Kirche St. Maria zwischen 18.30 und 21 Uhr eine besondere Ausstellungseröffnung erleben: „I’ll wait in the car“ heißt die Schau von Camila Cañeque. Wie der Titel schon andeutet, verweigert die Künstlerin ihre Teilnahme, wartet draußen im Auto und macht so Anwesenheit in einer digital vermittelten Welt zum kritischen Akt. Unter dem Österreichischen Platz ist zur selben Zeit Selma Selmans Performance „Mercedes Matrix“ als Video zu erleben. Zu sehen ist, wie die Künstlerin aus Bosnien-Herzegowina mit ihrer Roma-Familie das Ausschlachten eines Autos als Überlebensstrategie praktiziert.

Viele Programmpunkte bis zum 27. Juli

Mehr spannenden Stoff bietet das Current-Festival, das Teil des von der Stadt neu entwickelten Programms für Kunst im öffentlichen Raum ist, bis zum 27. Juli mit mehr als 30 Beteiligten. Es geht bei ihren Interventionen, die vom Hochbunker bis zur Unterführung die ganze Stadt bespielen, am Beispiel des Themas Luft um Fragen nach Lebensqualität, sozialer Gerechtigkeit und gemeinsamer Verantwortung.

Info

TerminDas ganze Programm zum Festival findet sich online unter www.current-stuttgart.de