Rekord! Sammlung Reuter erlöst 7,5 Millionen Euro

Von Nikolai B. Forstbauer

Nach einer Stunde hätte am Mittwochnachmittag bei Christie’s Paris alles vorbei sein sollen. Doch die Auktion von 50 Hauptwerken der Kunstsammlung von Helga und Edzard Reuter provozierte weit mehr Gebote und Bietergefechte als gedacht.

Optimisten hatten für die Werke der Konkreten Kunst und der Op Art der 1950er bis 1970er Jahre mit einem Erlös von bis zu fünf Millionen Euro gerechnet, die offizielle Schätzung war mit 3,75 Millionen Euro vorsichtiger. Schließlich aber bestätigte Dirk Boll, Vorstand des weltweit agierenden Auktionsunternehmens Christie’s, unserer Zeitung eine deutlich andere Zahl: 7,5 Millionen Euro. „Sorgfältige Werkauswahl, detaillierte Absatzplanung und AI-unterstützte Marketinginstrumente haben eine internationale Öffentlichkeit für die Werke der Sammlung Reuter begeistert“, sagte Boll. Und: „Als Ergebnis steht ein White Glove Sale – ein Ausverkauf – zur doppelten Schätzung“. Was nimmt der Christie’s-Mitlenker mit von dieser Auktion? Es sei, so Boll, „ein starker Marktimpuls für Europäische Nachkriegskunst“.

Große Freude zeigte auch Eva Susanne Schweizer. „Ich war mit Reuters freundschaftlich verbunden“, sagte die Stuttgarter Christie’s-Repräsentantin am Mittwochabend unserer Zeitung, „und von daher war diese Auktion heute für mich ein absolutes Herzensprojekt“. Und Susanne Eisenmann, Vorsitzende des Vorstands der Helga und Edzard Reuter-Stiftung sagte: „Wir als Stiftung sind von diesem Ergebnis sehr begeistert. Mehr als 7, 5 Millionen Euro für die Sammlung ist ein beeindruckendes Ergebnis und unterstützt die gemeinnützige Arbeit der Stiftung immens.“ Und Eisenmann hatte auch noch ein Lob parat: „ Die schöne Präsentation der Sammlung von Christie’s in Paris hat zu diesem Erfolg entscheidend beigetragen.“

Die drei Top-Ergebnisse? Erzielten Werke von Yves Klein (zugeschlagen für 1,6 Millionen Euro), eines der ikonischen Schlitzbilder von Lucio Fontana (für eine Million Euro) und Günther Ueckers „Weißes Feld“ (zugeschlagen für 403 000 Euro). Das „sensationelle Ergebnis“ (Eva Susanne Schweizer) spricht auch für den besonderen Gesamtklang der Sammlung von Helga und Edzard Reuter. Schon vor seiner Zeit als Daimler-Vorstandsvorsitzender hatte sich Edzard Reuter mit seiner Frau auf Kunst der europäischen Avantgarde konzentriert.

Kenner und Stifter

Die Stiftung Die Helga und Edzard Reuter-Stiftung würdigt seit ihrer Gründung 1995 Menschen und Projekte, die sich auf herausragende Weise um die Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer, kultureller oder religiöser Herkunft verdient gemacht haben. In den ersten Jahren nach der Gründung wurden einzelne Vorhaben (in Niedersachsen und Brandenburg) gefördert, die auf deutsch-türkische Geschichte und Zusammenarbeit zielten. Von 2001 an wurden regelmäßig Jahrespreise an Personen und/oder Institutionen vergeben. Im Mittelpunkt der Auswahl der Preisträger stehen jeweils deren Engagement in der Förderung von Integration oder herausragende wissenschaftliche Leistungen auf diesem Gebiet. Seit 2023 ist Susanne Eisenmann, frühere baden-württembergische Kultusministerin, Vorsitzende des Vorstands der Reuter-Stiftung.

Die KennerHelga und Edzard Reuter interessierten sich früh für Kunst. Ausgehend von der Klassischen Moderne entdeckten die Avantgarde der 1960er Jahre für sich. Tendenzen wie der Minimalismus und die mit Lichtphänomenen spielende Op Art weckten bald besonderes Interesse. Ein bevorzugter Ansprechpartner für das Sammlerpaar war der Düsseldorfer Galerist Hubertus Schoeller. Die wachsende Sammlung verrät mehr und mehr das besondere Interesse von Helga und Edzard Reuter für eine Verbindung von Präzision und Poesie wie man sie etwa in den Arbeiten von Francois Morellet findet.