EM-Aus für Deutschland
Opa tröstet Berger – „Ich war unfassbar froh, dass er da war“
Nach dem Halbfinal-Aus nimmt Ann-Katrin Berger direkt die Schuld auf sich. Der Großvater auf der Tribüne half nicht als Glücksbringer für die Nationaltorhüterin.

© Sebastian Christoph Gollnow/dpa/Sebastian Christoph Gollnow
Für Ann-Katrin Berger gab es Trost vom Opa.
Von Michael Maier/sid
Nach dem Halbfinal-Aus nimmt Ann-Katrin Berger direkt die Schuld auf sich. Der Großvater auf der Tribüne half nicht als Glücksbringer für die Nationaltorhüterin, die in ihrem Leben schon zweimal den Krebs ausgedribbelt hat.
Zürich (SID) Der Gedanke an ihren geliebten Opa Herbert entlockte Ann-Katrin Berger zumindest ein minimales Schmunzeln. „Ich war unfassbar froh, dass er da war“, sagte die tragische Figur des EM-Halbfinales mit leiser Stimme, „er hat es sich nicht nehmen lassen, das Trikot zu tragen, was Bände spricht, wie stolz mein Opa auf mich ist.“ Nach ihrem entscheidenden Patzer beim 0:1 (0:0) gegen Spanien war die Umarmung mit ihrem doch früher angereisten Großvater (92) zumindest etwas Trost für die niedergeschlagene Nationaltorhüterin.
Da hatte die Elfmeterheldin des Viertelfinales, die Deutschland abermals mit einer starken Leistung überhaupt erst bis in die Verlängerung gebracht hatte, längst zerknirscht alle Schuld auf sich genommen. „Es tut mir furchtbar leid, dass ich in diesem Moment nicht wie in so vielen anderen Momenten zuvor da sein konnte“, erklärte Berger, „die Mannschaft hat es furchtbar verdient, im Finale zu stehen.“ Ein wenig erinnerte ihr Schicksal an das von Oliver Kahn, der im WM-Endspiel 2002 nach einem überragenden Turnier ebenfalls entscheidend gepatzt hatte.
Berger: „Ich bin enttäuscht von mir selbst“
Sich selbst machte Berger den Vorwurf: „Die kurze Ecke ist meine, ich hätte es besser wissen sollen. Ich bin enttäuscht von mir selbst.“ Denn in der 113. Minute hatte Weltfußballerin Aitana Bonmatí die deutsche Nummer eins überrumpelt und die Lücke am kurzen Pfosten eiskalt genutzt. So eine „brillante Spielerin“, befand Berger, „sieht natürlich die kleinste Lücke.“
Ihr Team stellte sich umgehend hinter die beliebte Kämpfernatur, die bereits zwei Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs bewältigen musste. „Jeder weiß, dass uns Anne so oft im Turnier gehalten hat“, betonte Kapitänin Janina Minge, das Gegentor sei „unglücklich passiert, aber es hätten auch schon fünf Bälle vorher reingehen können, die Anne überragend hält.“
Berger müsse „überhaupt nichts leidtun“, sagte auch Rebecca Knaak. „Hier soll sich niemand irgendeinen Vorwurf machen“, sagte die Innenverteidigerin, „sie vor allem nicht. Sie hat uns im Turnier gehalten.“ Überhaupt sei die gebürtige Schwäbin „eine Wahnsinnns-Persönlichkeit“.
Knaak versprach an diesem tränenreichen Abend: „Wir werden uns gegenseitig trösten und auch sie aufbauen.“ Gleich nach dem Abpfiff im Letzigrund hatten das Ersatzkeeperin Stina Johannes wie auch ARD-Expertin Almuth Schult versucht, beide nahmen Berger in die Arme.
Bergers "Glücksbringer-Opa" reiste nach Zürich
Dabei hatte der Abend doch so gut angefangen. Der Glücksbringer-Opa, der eigentlich erst zum Endspiel kommen wollte, war kurzentschlossen nach Zürich gereist. „Weil ich ihm gesagt habe: Opa, schau her, gegen Spanien ist es eigentlich wie ein Finale. Das ist eine überragende Mannschaft“, berichtete Berger. Es habe „ein paar E-Mails mehr gebraucht als sonst“.
Die Motivation wirkte, Berger bewahrte die beherzt kämpfende DFB-Auswahl mehrfach vor einem Rückstand gegen die Weltmeisterinnen. Nach dem bitteren Ende verbreitete die Fußballerin des Jahres Optimismus beim Ausblick. „Wir haben jetzt schon einen richtig jungen Haufen. Die Mentalität, die wir an den Tag gelegt haben, zweimal 120 Minuten. Das kann uns keiner nehmen - und das wird noch viel, viel größer.“
Wie sie selbst nach dem Turnier plant, hatte die Keeperin vom US-Klub Gotham FC offengelassen. Und als gegen 1.00 Uhr der zermürbende Interviewmarathon endlich vorbei war, war die tragische Figur immer noch nicht erlöst. In den Katakomben führte Bergers Weg in dieser bitteren Nacht weiter zur Dopingkontrolle.