Beim Dorfclub rumort es
TSG Hoffenheim will AfD-Funktionär ausschließen – der wehrt sich
Wie gehen AfD-Mitgliedschaft und Arbeit im Verein einher? Aus Sicht der TSG Hoffenheim gar nicht. Gegen ein Kreistags- und Gemeinderatsmitglied läuft ein Ausschlussverfahren.

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Die Gemeinsamkeiten mit Fans „aller Couleur“ betont Patrick Bauer. Der Club aus dem Kraichgau glaubt ihm das offenbar nicht.
Von Michael Bosch
Die Saison kann starten! Mit einem Foto von seiner Dauerkarte bei der TSG Hoffenheim nebst passender Kappe zeigte Patrick Andreas Bauer unlängst auf Instagram seine Vorfreude auf die neue Bundesliga-Saison. Der Dorfclub liegt dem Mann, der im relativ neu gegründeten Mitgliederrat sitzt, offenbar am Herzen – aber die Liebe scheint einseitig. Der Bundesliga-Club aus dem Kraichgau hat gegen den AfD-Funktionär Bauer ein „vereinsinternes Ausschlussverfahren“ eingeleitet.
Bis eine Entscheidung gefallen ist, habe der Vorstand entschieden, die Mitgliedschaft Bauers „bis auf Weiteres ruhend zu stellen“, teilte der Club in dieser Woche mit. Auch im Mitgliederrat darf er vorerst nicht mehr mitwirken.„Der Entscheidung ging eine Anhörung des Mitglieds durch den Vorstand voraus.“ Bauer sei schriftlich informiert worden.
Bauer bei der TSG und in der AfD: „schwerwiegende Unvereinbarkeit“
Aus Sicht des Vereinsvorstands liegt eine „schwerwiegende Unvereinbarkeit zwischen öffentlichen Aussagen und politischen Aktivitäten des Mitglieds mit den Werten und Grundprinzipien des Vereins“ vor, heißt es weiter. „Diese umfassen insbesondere den Einsatz für Demokratie, Menschenrechte, Toleranz und gesellschaftliche Vielfalt.“ Der Club stützt sich dabei auf die Vereinssatzung, es solle insbesondere verhindert werden, „dass der Vereinsfrieden gefährdet oder das Ansehen des Vereins beschädigt wird“.
In der Satzung der TSG heißt es konkret: „Der Verein ist im Rahmen des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung (partei-)politisch und weltanschaulich neutral, er tritt verfassungs- und fremdenfeindlichen sowie antidemokratischen Bestrebungen und jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegen und bietet allen Mitgliedern ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, Hautfarbe, Nationalität, Religion, körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung, sexueller Orientierung oder sozialer Stellung ein Zuhause.“
Der gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger Bauer, der für das Bürgermeisteramt in Helmstadt, Bargen und Flinsbach (Rhein-Neckar-Kreis) sowie im kommenden Jahr für den Landtag kandidiert und auch für die AfD im Kreistag und Gemeinderat von Sinsheim sitzt, sieht das naturgemäß anders – und sich als Opfer. Er spricht von „Diskriminierung aufgrund einer Parteizugehörigkeit“. In dieser Woche meldete er sich auch auf seinen Social-Media-Kanälen zu Wort: „Die TSG Hoffenheim will mich aus dem Verein werfen. Nicht wegen etwas, was ich in meiner Tätigkeit im Verein gesagt oder getan habe. Nicht wegen etwas, was ich als gewählter Mitgliederrat der TSG-Hoffenheim getan habe, sondern wegen meiner Parteimitgliedschaft in der Alternative für Deutschland“.
Bauer betont auf Nachfrage unserer Zeitung, dass seine politische Arbeit nichts mit seinem Engagement im Verein zu tun habe. „Mir persönlich werden keine Verfehlungen vorgeworfen – die gibt es auch nicht“, sagt er. „Ich habe mich immer neutral verhalten.“ Das Ausschlussverfahren fußt aus seiner Sicht auf „aufgesetzten Dingen“.
Bauer will „Hoffe“ die Treue halten
Bauer geriert sich als Vorkämpfer für andere: „Damit das nicht auch anderen passiert, damit das nicht Schule macht, kämpfe ich dagegen – und zwar auch anwaltlich.“ Den Kampf führe er auch, damit es nicht bald in der gesamten Bundesrepublik Menschen gebe, „die wegen der falschen Partei aus Vereinen geschmissen werden“.
Der Mitgliederrat der TSG Hoffenheim war Anfang Juni erstmalig gewählt worden. Hoffenheim-Präsident Jörg Albrecht hatte am selben Tag kundgetan, die Wahl Bauers in das Gremium prüfen zu wollen. Brisant dabei: Bauer hatte sich im vergangenen Sommer öffentlich gegen Albrecht als Präsident gestellt. Die Bild-Zeitung zitierte ihn damals als Sprecher der AfD Sinsheim. Bauer sagte, dass man der Kandidatur des damaligen OB von Sinsheim „naturgemäß kritisch“ gegenüber stehe, da von ihm eine „Politisierung“ ausgehen werde. Bauer weiter: „Die TSG Hoffenheim hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Demonstrationen gegen rechts und politisch einseitige Signale im Stadion positioniert. Dies fortgeführt hat das Potenzial, den Verein weiter zu spalten und von seinem eigentlichen Ziel – dem sportlichen Erfolg und der Einheit der Fans – abzulenken.“
Wie auch immer das Ausschlussverfahren ausgeht, Patrick Andreas Bauer will der TSG die Treue halten, er habe eine „riesige Welle an Solidarität“ erfahren. Er bitte darum, den „unterstützenswerten Verein und einem momentan wohl nicht korrekt handelnden Vorstand zu unterscheiden.“ An seiner Loyalität ändere sich nichts, „ich werde ihn auch künftig in jeder Form unterstützen“, sagt er. Die TSG Hoffenheim will über das Ausschlussverfahren „zu gegebener Zeit“ entschieden und informieren.