Formel-1-Blamage für Red Bull
Verstappen schreibt Titel ab - "Rückstand fast unaufholbar"
Ausgerechnet beim Österreich-Heimspiel erlebt Red Bull ein Desaster. Ein fünfter WM-Titel rückt für Max Verstappen in ganz weite Ferne. Das dürfte seine Zukunftsplanung beeinflussen.

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Max Verstappen muss nicht nur sein vorzeitiges Aus in Spielberg verkraften.
Von Martin Moravec, dpa
Spielberg - Mit eigenen Augen musste die Red-Bull-Führungsetage frustriert das wohl bevorstehende Ende einer Formel-1-Ära mitverfolgen. Das Blitz-Aus von Max Verstappen in der Auftaktrunde beim Heimspiel in Spielberg war das vermutlich deutlichste Zeichen, dass der Niederländer die vage Hoffnung auf seinen fünften WM-Titel nacheinander begraben muss.
"Das ist ein ganz schwarzer Tag, der Rückstand ist fast unaufholbar", formulierte Motorsportberater Helmut Marko nach dem Red-Bull-Desaster, was in dem milliardenschweren Konzern jedem klar geworden sein dürfte. "Wenn nicht noch etwas Außergewöhnliches passiert, müssen wir davon ausgehen, dass die WM dahin ist."
"Wir kämpfen sowieso nicht um die Weltmeisterschaft"
Marko meinte damit nicht die Chancen in der Konstrukteurswertung. Denn dort hat Red Bull als Vierter astronomische 255 Punkte Rückstand auf den neuen Branchenprimus McLaren. Marko meinte damit die Chancen seines Zöglings Verstappen in der Fahrerwertung. Und da hat der Dominator der vergangenen vier Jahre schon 61 Zähler weniger als WM-Spitzenreiter Oscar Piastri aus Australien, der den tonangebenden McLaren fährt.
"Wir kämpfen sowieso nicht um die Weltmeisterschaft", meinte Verstappen im TV-Sender Sky, nachdem ihn Mercedes-Teenager Kimi Antonelli schon kurz nach dem Start unabsichtlich von der Strecke geräumt hatte. Was vielleicht trotzig klang, war einfach nur realistisch. Diese schmerzhafte Botschaft wird auch bei Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff und erst recht beim Sohn des im Oktober 2022 verstorbenen Mitgründers Dietrich Mateschitz, Mark Mateschitz, angekommen sein.
Nur Schumacher gewann fünf WM-Titel in Serie
Die Formel 1 wird bestimmt von Zyklen. Die Erfolgswelle von Red Bull dürfte nun im Jahr vor der Regelrevolution mit neuen Motoren endgültig ihr Ende finden. Jeweils vier Titel nacheinander konnten nur Juan Manuel Fangio, Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und eben Verstappen holen. Den Traum vom fünften Triumph in Serie erfüllte sich nur Michael Schumacher. Und das dürfte auch für einige Zeit erst einmal so bleiben.
Dafür sorgt McLaren, dessen Aufschwung wiederum 2024 mit dem erstmaligen Gewinn der Konstrukteurs-WM nach 16 Jahren Durststrecke seinen vorläufigen Höhepunkt fand.
Red-Bull-Teamchef: "Ich verstehe das wirklich nicht"
"Sie haben es geschafft, ein Auto zu bauen, das die Reifen sehr gut schont und eine gute Balance hat", lobte Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Konkurrenz in Papaya und verwies auf den engen, rundenlangen McLaren-Zweikampf zwischen Lando Norris und Piastri in Spielberg. "Ich kann mir kein anderes Auto vorstellen, das in der Lage wäre, dem anderen so dicht zu folgen, ohne dass die Vorder- oder Hinterreifen abbauen. Ich verstehe das wirklich nicht", räumte Horner ein.
Red Bull ist so eine Konstruktion nicht gelungen. Gerade deshalb sind die Leistungen von Verstappen noch höher zu bewerten, der dank seiner Steuerkunst ein störrisches Auto immerhin noch zu zwei Saisonsiegen treiben konnte. "Wir versuchen immer, unser Bestes zu geben. Meine Mentalität ändert sich nicht", beteuerte der 27-jährige Niederländer.
Was läuft zwischen Verstappen und Mercedes?
Der Abstieg von Red Bull sorgt dafür, dass Verstappen über seine Zukunft nachdenkt. Trotz eines Vertrags bis Ende 2028. Trotz der engen Verbindung zu seinem Heimatrennstall. Verstappen aber will ein Auto, das es ihm ermöglicht, konstant Siege zu holen.
Seine Unzufriedenheit wiederum öffnet Raum für Spekulationen. Zum Beispiel für einen Wechsel zu Mercedes, das bei der Entwicklung der Antriebsstränge für 2026 weit vorne liegen soll und den viermaligen Weltmeister liebend gerne in den eigenen Reihen hätte.
Verstappens Vertrag hat Ausstiegsklauseln
"Es gibt einen Vertrag bis 2028. Der Vertrag hat Ausstiegsklauseln, die leistungsbezogen sind", referierte Marko die Eckdaten in der Partnerschaft mit Verstappen. "Nach derzeitigem Stand gibt es keinen Grund daran zu zweifeln, dass der Vertrag erfüllt wird."
Red Bull hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Spitzenkräften verloren, von Topingenieur Rob Marshall (McLaren) über Design-Genie Adrian Newey (Aston Martin) bis zu Sportdirektor Jonathan Wheatley (Kick Sauber). Verstappen könnte als Nächster gehen.

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Helmut Marko (l) droht der Verlust seines Schützlings Max Verstappen.

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Oscar Piastri (hinten) hat Max Verstappen in der WM distanziert.