Wie kann man erneuerbare Energien weiter nutzen?

Zeitung in der Schule: Interview mit Gerald Dietze zum Thema Elektromobilität – Der Lehrer des Max-Born-Gymnasiums fährt selbst ausschließlich E-Autos

Gerald Dietze mit seinem Twike. Der 46-jährige Pädagoge ist seit 2009 als Lehrer am Backnanger Max-Born-Gymnasium tätig und unterrichtet die Fächer Physik, Chemie, Naturwissenschaft und Technik (NwT) sowie Astronomie. „Neben meiner beruflichen Tätigkeit, so es die Zeit erlaubt, stehen Kochen, elektromobiles Reisen, Schifffahrt, Konzertfotografie, praktische Astronomie und Schmalfilm im Fokus“, teilt Dietze mit. Foto: K. van der Meer

© Katja van der Meer

Gerald Dietze mit seinem Twike. Der 46-jährige Pädagoge ist seit 2009 als Lehrer am Backnanger Max-Born-Gymnasium tätig und unterrichtet die Fächer Physik, Chemie, Naturwissenschaft und Technik (NwT) sowie Astronomie. „Neben meiner beruflichen Tätigkeit, so es die Zeit erlaubt, stehen Kochen, elektromobiles Reisen, Schifffahrt, Konzertfotografie, praktische Astronomie und Schmalfilm im Fokus“, teilt Dietze mit. Foto: K. van der Meer

BACKNANG. Die Süwag nutzt seit über 100 Jahren erfolgreich die Kraft des Wassers zur Erzeugung von erneuerbarer Energie durch Wasserkraftwerke. Doch wie könnte man diese erneuerbare Energie weiter nutzten? Mit dieser Frage haben wir uns beschäftigt und sind zu dem Entschluss gekommen, dass Elektromobilität infrage kommen würde. Doch was Elektromobilität alles für Vor- und Nachteile hat, ob sich der Umstieg lohnt und vieles mehr, haben wir einen Lehrer an unserer Schule gefragt (Herr Dietze), der ausschließlich elektrisch betriebene Fahrzeuge fährt.

Warum haben Sie sich überhaupt für ein Elektroauto entschieden, beziehungsweise für den Umstieg?

Einen Umstieg gab es nicht, denn bei mir war die Elektromobilität direkt der Anfang. Das Ganze passierte auch nicht aus einem Ökogedanken heraus, sondern es war einfach die Faszination an der modernen Technologie. Die Idee kam mir 1992 in der Schweiz, bei der sogenannten Tour de Sol. Dort fand ich es faszinierend, wie solargetriebene Fahrzeuge, mit teilweise eigenen Solarzellen an Bord, sich aus eigener Kraft den Berg hochbewegt haben, in ein Bergdorf auf 1800 Metern Höhe. Das war schon eine echte Leistung, welche von fast allen Fahrzeugen bewältigt wurde. Das futuristische Aussehen der Fahrzeuge und das lautlose Fahren waren natürlich auch ausschlaggebend.

Was halten Sie dann von der neuen Regelung, dass Elektroautos ein Geräusch machen müssen, um hörgeschädigte Menschen nicht zu gefährden?

Ich denke, dass für hörgeschädigte Personen alle Fahrzeuge gefährlich sein können, da ein Hörgeschädigter auch keinen Fahrradfahrer hören kann und dadurch sowieso sehr eingeschränkt ist.

Aber auch zum Beispiel Kinder, wenn sie auf der Straße spielen, dann hören sie ein lautloses Auto auch nicht.

Ja, das ist schon richtig und bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit sollte ein Fahrzeug auch ein Geräusch machen, das ist gesetzlich so vorgesehen. Das kann man schon als akzeptabel ansehen, aber ich sehe nicht ein, wieso ein Fahrzeug ab einer bestimmten Geschwindigkeit ein Geräusch von sich geben muss. Man wird den zukünftigen Generationen einfach wieder vermehrt beibringen müssen, beim Überqueren einer Straße immer vorsichtig und aufmerksam zu sein und nicht nach Gehör die Straße zu überqueren.

Und wieso würden Sie sagen, dass Elektroautos an sich sinnvoll sind?

Ja, also es gibt viele Gründe, die dafürsprechen. Erstens wie gesagt die technische Faszination und zweitens natürlich die Fahreigenschaften. Allein die Tatsache, dass ein Elektroauto beim Drücken des Pedals sofort reagiert, dass man direkt das volle Drehmoment spürt und einfach merkt, jetzt geht es los. Nicht wie bei einem Verbrenner, bei dem man erst noch einkuppeln muss und so weiter. Der Spaß beim Fahren und das Lautlos-über-die-Straße-Schweben darf natürlich nicht vergessen werden.

Mit meinem Twike – ein spezielles, dreirädriges E-Auto-Modell – ist es natürlich sehr speziell, aber wenn man mit dem durch die Natur fährt und das Verdeck noch aufmacht, ist das total cool. Und das Ganze ist eben, wie man so schön sagt, lokal emissionsfrei, das heißt vor Ort werden keine Emissionen produziert. Das ist zum Beispiel beim Verbrenner anders, denn überall, wo das Auto fährt, wird Kraftstoff verbrannt und da entstehen viele schädliche Verbrennungsgase.

Also sind Elektroautos auch für die Umwelt empfehlenswert?

Umwelttechnisch muss man sagen, hat es eben den Vorteil der lokalen Emissionsfreiheit. Nur jetzt ist die Frage, wo kommt der Strom her? Denn wenn der Strom über Kernenergie oder Kohleenergie erzeugt wird, dann stellt sich die Frage: Ist es überhaupt sinnvoll? Es gibt verschiedene Berechnungen dazu, aber es hängt jetzt natürlich davon ab, wo man in der Energiekette mit dem Rechnen beginnt. Nimmt man zum Beispiel Kohleenergie, chemische Energie, die durch Verbrennung in thermische Energie umgewandelt wird, so wird diese dann unter enormen Druck in elektrische Energie umgewandelt. Dies geschieht durch eine Turbine oder einen Generator. Auf diesem Weg gibt es sehr viel Energieumwandlung und bei jeder Umwandlung gibt es einen Wirkungsgrad, der entscheidend ist für die am Ende nutzbare Energie. Beim Durchmultiplizieren dieser Wirkungsgrade bekommt man am Ende einen Wirkungsgrad, der für den ganzen Prozess entscheidend ist. Und da ist dann die Frage: Wo fang ich an? Nimmt man schon den Transport der Kohle oder fängt man erst später an und so weiter. Dann aber zu sagen, dass ein Verbrenner in der Hinsicht effizienter ist, ist auch nicht richtig, denn man muss sich auch bewusst machen, wie viel Energieaufwand benötigt wird, um aus Rohöl erst mal einen verbrennbaren Kraftstoff zu machen.

Was sind denn in Ihren Augen allgemeine Vorteile eines Elektroautos?

Ein großer Vorteil ist auf jeden Fall, dass wenn man ein Elektroauto mit erneuerbarer Energie betreibt, dann ist es wirklich nachhaltig. Denn wenn man nur erneuerbare Energien tankt, dann fährt man echt grün. Und dann ist es natürlich sinnvoll, eine eigene Fotovoltaikanlage zu haben.

Was eigentlich noch für den Kunden interessant ist, sind die Reparaturkosten. Denn man muss sich überlegen: Was kann an einem E-Auto denn überhaupt kaputt gehen? Wenn ein Elektromotor richtig ausgelegt wird, dann kann der theoretisch 100 Jahre alt werden.

Außerdem kann ein Elektroauto die beim Bremsen verloren gegangene Energie wieder zurückgewinnen und in die Batterie wieder einspeisen. So kann der Elektromotor kurzzeitig als ein Dynamo fungieren.

Und gibt es bei Elektroautos auch entwertete Energie und wenn ja, wo?

Ja, der Akku, der die elektrische Energie speichert, wird beim Laden natürlich ein bisschen warm, genauso wie beim Entladen und das ist entwertete Energie; das heißt Energie, die in die Landschaft abgegeben wird und nicht zum Fahren verwendet werden kann. So geht auch beim Elektrofahrzeug etwas Energie verloren. Andererseits habe ich beim Elektrofahrzeug einen hoch effizienten Motor, der einen Wirkungsgrad von über 90 Grad hat, im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor, welcher nur einen Wirkungsgrad von zirka 30 Grad hat.

Gibt es denn auch konkrete Probleme, die Ihnen im Alltag mit Ihren Autos begegnen?

Durch den hohen Wirkungsgrad geht kaum Energie durch Wärme verloren, was dazu führt, dass man den gesamten Winter über friert. Denn wenn man eine Heizung benutzt, dann ist diese entweder durch Elektrizität betrieben oder es ist eine Art Standheizung, welche mit herkömmlichem Kraftstoff betrieben wird. Und dann verbrennt man da Kraftstoff, um es sich in dem Fahrzeug bequem zu machen. Aber so eine Art von Kraftstoffverbrauch ist auch sinnvoll, da das Ziel ja die reine Wärme ist und man da ja nicht viel Öl benötigt.

Wie kommen Sie mit den relativ wenigen Lademöglichkeiten klar?

Naja, es wird immer behauptet, dass es so wenige sind, aber für die Anzahl der E-Autos, die es momentan gibt, haben wir eigentlich schon eine ganz gute Auslastung. Wenn jetzt alle Leute in Deutschland umsteigen würden, dann würde es natürlich nicht mehr reichen, aber so weit sind wir ja noch nicht.

Momentan fühl ich mich damit aber relativ gut und sicher und das, obwohl meine Fahrzeuge eine relativ geringe Reichweite haben.

Was, wenn Sie jetzt zum Beispiel in die Ferien fahren?

Ich fahre nicht die längsten Strecken in den Urlaub mit meinen Fahrzeugen. Meine Fahrzeuge sind dazu fast zu alt und haben zu lange Ladezeiten. Aber mit dem Twike kann ich eine Schnellladung machen und das ist auch das Fahrzeug, mit dem ich in den Urlaub fahre. Urlaubsfahrten habe ich auch schon gemacht in Richtung Schweiz.

Also finden Sie, dass mehr Vorteile als Nachteile für die E-Mobilität sprechen?

Ja, finde ich definitiv. Man kann mit weniger Reparaturkosten rechnen, man hängt nicht vom Benzinpreis ab und man kann die Umwelt auch noch etwas schonen. Doch man muss schauen, dass man nicht nur nach der Reichweite schaut, sondern dass man auch nach der Ladegeschwindigkeit schaut. Denn das ist ein gutes Verkaufsargument. Außerdem gibt es schon viele Apps, die einem beim Finden von Ladesäulen helfen und Routen planen, bei denen Ladehalte schon eingeplant sind.

Haben Sie noch Tipps für Leute, die sich für Elektromobilität interessieren?

Es gibt eine gute Rede von Lars Thomsen über Elektromobilität: Man sollte es einfach einmal ausprobieren!

Von Anja Müller (14) und Samantha Fritz (15), Klasse 9c, Max-Born-Gymnasium

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Erstellt:
10. Januar 2019, 17:04 Uhr

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