Am Montag öffnet das Kinderimpfzentrum

Diese Woche hat die Impfkampagne für Fünf- bis Elfjährige begonnen. Am gestrigen Mittwoch konnten die ersten Impfdosen des Kindervakzins von Biontech/Pfizer im Kinderimpfzentrum am Klinikum Winnenden verabreicht werden. Auch manche Kinderärzte impfen unter Zwölfjährige.

Im Kinderimpfzentrum am Klinikum Winnenden wurden am Mittwochnachmittag die ersten Kinder gegen Covid-19 geimpft. Zur Belohnung gab’s ein Schokolädchen. Foto: A. Palmizi

© Alexandra Palmizi

Im Kinderimpfzentrum am Klinikum Winnenden wurden am Mittwochnachmittag die ersten Kinder gegen Covid-19 geimpft. Zur Belohnung gab’s ein Schokolädchen. Foto: A. Palmizi

Von Melanie Maier

Rems-Murr. Am Mittwochmorgen sind sie angekommen, die 20000 Impfdosen des Kindervakzins von Biontech/Pfizer, die dem Rems-Murr-Kreis vom Bund zugesprochen wurden. Und so konnte die Impfkampagne für die Fünf- bis Elfjährigen pünktlich beginnen. Gestern haben die ersten unter Zwölfjährigen den langersehnten Piks am neu eingerichteten Kinderimpfzentrum am Klinikum Winnenden erhalten. Auch das wurde mit Hochdruck aufgebaut: Drei Tage installierten 20 Arbeiter Lichter, pflasterten Wege, brachten die Technik zum Laufen. Jetzt stehen drei Impfstraßen bereit, die bis mindestens Januar geöffnet bleiben sollen.

In dieser Woche und am Wochenende finden erste Probeläufe statt. Rund 400 kleine Patientinnen und Patienten sollen in den kommenden Tagen geimpft werden. Sie stehen auf einer Warteliste des Klinikums. „Wir haben seit Wochen täglich Mails von Leuten bekommen, die verzweifelt sind, weil sie niemanden finden, der ihr Kind impft“, sagt Kinderklinik-Chef Ralf Rauch. Von Montag an können sodann alle Eltern Termine für ihre Kinder ab fünf Jahren vereinbaren (siehe Infokasten).

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat inzwischen die Empfehlung abgegeben, Fünf- bis Elfjährige mit Vorerkrankungen oder Familienmitgliedern mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu impfen. Doch auch gesunde Kinder können die Impfung erhalten, betont Rauch: „Diese Hintertür hat sich die Stiko bewusst offen gelassen. Der Anspruch der Impfung ist ja eben der, dass gesunde Kinder gesund bleiben.“ In den vergangenen Wochen hat Rauch viele Kinder in der Klinik gesehen, die mit einer akuten Covid-19-Infektion oder dem post-viralen Entzündungssyndrom PIMS (kurz für „Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome“) eingeliefert wurden und mit Cortison oder Sauerstoff versorgt werden mussten. „Deshalb sind wir sehr froh, das künftig auch ein Stück weit verhindern zu können“, sagt er. „Bisher war mein Eindruck, man lässt das so laufen und nimmt in Kauf, dass sich Kinder infizieren.“ Rauch ist überzeugt von dem Biontech-Impfstoff: „Er ist hervorragend in der Verträglichkeit und super in der Wirkung – das haben wir selten in der Medizin.“

Manche Eltern sehen die Impfung als unnötig an

Nicht alle Eltern teilen die Meinung des Kinderarztes. Während manche lieber noch auf einen Totimpfstoff warten wollen, wie sie etwa bei der Tetanus- oder der Tollwut-Impfung verwendet werden, möchten andere ihre Kinder gar nicht impfen oder sehen die Impfung als unnötig an, weil der Krankheitsverlauf bei Kindern meistens nicht so schlimm ist. Überzeugt von der Impfung für jüngere Kinder ist – neben vielen anderen, die sehnsüchtig auf die Stiko-Empfehlung gewartet haben – auch Landrat Richard Sigel. Seine Kinder Max (10) und Clara (7) sind gestern geimpft worden – aus freiem Willen, wie Sigel betont: „Wir haben sie zu nichts überredet!“ „Ich will meinen Alltag wieder“, sagt Max darüber, warum er sich für die Impfung entschieden hat. Dass seine Großmutter und Cousine zur Risikogruppe gehören, spielt ebenfalls eine Rolle, erklärt sein Vater. Den Piks hat Max gut weggesteckt: „Das war in einer Sekunde vorbei. Das war wie, wenn man mit seiner Schwester spielt und sie einen kurz zwickt.“

Die Impfdosen sollten bis auf Weiteres ausreichen. Rund 28000 Fünf- bis Elfjährige leben im Rems-Murr-Kreis, „wir sind vollumfänglich startklar“, sagt Richard Sigel. Die nächsten Dosen könnten bei Bedarf für Mitte Januar bestellt werden.

Auch bei manchen Kinderärzten sind die ersten Impfungen angekommen. Gerold Remlinger, der eine Praxis in Unterweissach hat, wird aber wohl erst im Februar mit den Impfungen starten – und das auch nur für Fünf- bis Elfjährige mit chronischen Erkrankungen. Bei gesunden Kindern sieht er „nicht so den Bedarf“, sagt er und betont: „Die Erwachsenen, die sich nicht impfen lassen, sind das Problem, nicht die Kinder.“ Auch die Backnanger Kinderärztin Sabina Delic-Bikic wird nur Kinder mit schweren Vorerkrankungen impfen. In der Murrhardter Kinderarztpraxis Efstratios A. Kotziabassis soll dagegen regelmäßig geimpft werden. „Sobald wir den Impfstoff haben, legt der Doktor mit den chronisch kranken Kindern los“, sagt eine Sprechstundenhilfe. Es gebe viele interessierte Eltern. Und auch Marianna Tóthi möchte in ihrer Praxis in Sulzbach an der Murr im Januar mit dem Impfen starten, wenn genügend Anfragen zusammenkommen. „In einer Flasche sind zehn Dosen drin“, erklärt sie. „Wir müssen also für jede Impfrunde immer zehn Kinder zusammenkriegen.“ Tóthi hält es für sehr wichtig, auch diese Altersgruppe zu impfen. „Der Impfstoff ist sicher für Kinder – und wir wissen nicht, ob nicht doch irgendwann eine Mutation kommt, bei der am Ende alle Kinder auf der Intensivstation liegen“, sagt sie. Zwingen würde sie aber niemanden, der keine Impfung möchte.

Kinderimpfungen: So sieht die Strategie des Landkreises aus

Strategie Den kommenden Samstag und Sonntag hat der Landkreis zum Aktionswochenende erklärt. Dabei sollen nur Fünf- bis Elfjährige geimpft werden, die auf der Warteliste der Kinderklinik Winnenden stehen. Das neue Kinderimpfzentrum wird am 20. Dezember regulär starten. Langfristig sollen Kinder ihre Impfung beim Kinderarzt bekommen.

Terminvergabe Termine für das Kinderimpfzentrum werden bis Ende der Woche in die zentrale Impfterminvergabe unter www.rems-murr-kreis.de/kiz eingestellt. Das Impfzentrum ist werktags von 16 bis 20 Uhr geöffnet, bei hoher Nachfrage auch am Wochenende von 10 bis 14 Uhr. Später könnte es weitere Angebote an den Kreisstützpunkten geben.

Wirkung Nebenwirkungen wie Kopf- und Gliederschmerzen, ein schwerer Arm und erhöhte Temperatur können vorkommen, vor allem bei der Zweitimpfung. Kinderarzt Ralf Rauch rät, es vier bis fünf Tage nach der Impfung ruhig angehen zu lassen. Schwere Nebenwirkungen wie Herzmuskelentzündungen sind Experten zufolge äußerst selten.

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Erstellt:
16. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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