„Backnanger verhalten sich vorbildlich“

Täglich kontrolliert das Ordnungsamt in Backnang, ob sich die Bevölkerung an die neuen Einschränkungen hält

Spiel-, Grill- und Bolzplätze sind gesperrt, Menschen dürfen nur noch zu zweit unterwegs sein. 21 Mitarbeiter des Ordnungsamts überprüfen bei Rundgängen durch die Stadt, ob die Backnanger sich an die Vorschriften halten.

Bernd Bracher vom Backnanger Ordnungsamt bringt neue Flatterbänder an den Zugängen zum Plattenwald-Spielplatz an. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Bernd Bracher vom Backnanger Ordnungsamt bringt neue Flatterbänder an den Zugängen zum Plattenwald-Spielplatz an. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

BACKNANG. Wo bei strahlendem Sonnenschein für gewöhnlich Kinder toben und Eltern sich zu einem Pläuschchen treffen, herrscht heute gespenstische Leere. Auf dem Spielplatz am Plattenwald ist niemand anzutreffen, im angrenzenden Wald sind vereinzelt Jogger unterwegs. Hin und wieder begegnet einem eine Mutter mit ihren Kindern. Der Spielplatz ist die erste Station für Bernd Bracher und Gabor Havasi. Sie sind für das Ordnungsamt Backnang unterwegs und kontrollieren seit vergangener Woche alle 72 Spielplätze und Bolzplätze im Stadtgebiet und zusätzlich noch öffentliche Orte, an denen sich Menschen sonst gerne getroffen haben. Von frühmorgens bis spät am Abend sind die 21 Mitarbeiter des Ordnungsamts in mehreren Schichten im Einsatz, um die neuen Verordnungen zur Eindämmung des Coronavirus durchzusetzen. Die Kontrolleure sind überrascht, wie genau sich die Backnanger Bürger an die Regeln halten. „Mittlerweile verhalten sich alle erstaunlich vorbildlich“, sagt Bracher. Seit das Kontaktverbot am Montag in Kraft getreten ist, würden sie kaum auf Menschen treffen, die sich nicht daran halten.

Bisher hat das Ordnungsamt nur Platzverweise ausgesprochen

Seit in der vergangenen Woche die Spielplätze geschlossen wurden, patrouillieren die Mitarbeiter des Ordnungsamts in Zweierteams durch die Stadt. Sie überprüfen aber nicht nur, ob sich Menschen auf den Spielplätzen aufhalten, sondern erneuern auch die Absperrungen, die sich gelockert haben, und achten darauf, dass das Kontaktverbot konsequent eingehalten wird. So achten sie bei der Fahrt durch die Stadt darauf, wie viele Menschen zusammen unterwegs sind. „Wir steigen dann auch aus und machen die Leute darauf aufmerksam, dass sie nur in Zweiergruppen unterwegs sein dürfen“, sagt Bracher. Häufig würden die Leute bereits auf Abstand gehen, wenn sie die Mitarbeiter des Ordnungsamts auf sich zukommen sehen. Er vermutet: „Keiner hier will riskieren, dass die Ausgangssperre doch kommt.“

In der vergangenen Woche haben sie einige Platzverweise ausgesprochen, Bußgelder haben sie noch keine verhängt, obwohl das seit Montag möglich ist. Deshalb könnten sie selbst gar nicht sagen, wie viel ein Verstoß kosten würde. „Einige Leute haben angefragt, mit welcher Summe sie rechnen müssten. Deshalb denke ich, dass es ruhig ein hoher Betrag sein sollte. Die Leute müssen das auch spüren“, sagt Bracher.

Vom Spielplatz am Plattenwald geht es für die beiden Kontrolleure zur Tausschule. Sie wissen, dass sich Jugendliche gerne auf den Schulhöfen treffen, auch außerhalb der Schulzeiten. Hier laufen sie über das ganze Gelände und überprüfen auch die vielen verwinkelten Nischen auf dem Schulhof. Heute ist keiner anzutreffen, noch in der vergangenen Woche haben sich hier Jugendliche zum Trinken getroffen. „Die waren sehr einsichtig und sind nach Hause gegangen. Das kontrollieren wir natürlich auch noch mal zu einem späteren Zeitpunkt.“

Und auch die Gewerbetreibenden befolgen die neuen Vorschriften. Einzelhändler, die nicht zur Grundversorgung beitragen, haben bereits seit Anfang vergangener Woche geschlossen. Friseure und Kosmetikstudios sind seit Samstag auch betroffen. „Die meisten sind sehr gut informiert, sie wussten das bereits“, erklärt Gisela Blumer, die Leiterin des städtischen Rechts- und Ordnungsamts. Nur vereinzelt hatte ein Friseur oder ein Sonnenstudio am Samstag noch die Türen geöffnet. Nach einem Hinweis hätten auch sie den Betrieb zügig eingestellt. „Wir spüren ein deutliches Bewusstsein dafür, dass wir das nun zusammen durchstehen müssen, um die Ausbreitung einzudämmen und eine Ausgangssperre zu verhindern.“ Besonders begeistert sind die Mitarbeiter des Ordnungsamts von der Aufmerksamkeit der Bürger. Viele Hinweise zu Ansammlungen von Menschen würden telefonisch eingehen. „Manche weisen uns auch auf Gruppen hin, wenn sie uns begegnen“, sagt Bracher. Die Leute seien sehr sensibel, was das Kontaktverbot angeht. „Eine ältere Dame zum Beispiel hat uns ganz enthusiastisch von Weitem zugerufen, wo wir eine Gruppe Jugendlicher antreffen können“, sagt Bracher.

„Mit uns müssen die Leute immer rechnen“

Dabei seien es in Backnang nicht unbedingt die Jugendlichen, die sich nicht an das Kontaktverbot halten, häufig seien es Eltern mit ihren Kindern, die sich zufällig treffen und dann zum Beispiel zusammen auf eine Bank setzen. Das bestätigt auch Sozialpädagoge Havasi: „Die jungen Leute sind mit wenigen Ausnahmen sehr einsichtig.“ Zwar habe die Polizei am Samstag noch fünf sogenannte Coronapartys auflösen müssen, doch seit am Sonntag die verschärften Regeln bekannt gegeben wurden, sei es sehr ruhig in den Jugendkreisen. „Wir bekommen schon häufig mit, wenn irgendwelche Partys geplant sind“, sagt Havasi, der über Social Media mit einigen Jugendlichen in Kontakt ist. „Gerade halten sich alle an die Regeln. Aber wer weiß, wie lange das so bleibt.“

Die Kontrolleure trauen der Ruhe noch nicht, denn sie sind sich bewusst, dass sich die Einstellung der Menschen schnell ändern kann. „Das schlechte Wetter am Wochenende und die kalten Temperaturen spielen uns sehr in die Karten“, sagt Bracher. „Wie sich das Verhalten verändert, wenn warmes Wetter zum Grillen einlädt oder wenn der Lagerkoller einsetzt, müssen wir abwarten.“ Deshalb stellt Hans-Peter Götz, Teamleiter im Ordnungsamt, auch klar: „Das Ziel ist, dass man uns auf den Straßen bemerkt und weiterträgt, dass die neuen Regeln tatsächlich kontrolliert werden. Die Leute sollen wissen, dass sie immer mit uns rechnen müssen, auch Samstag und Sonntag.“

Auch beim Kontrollgang auf dem menschenleeren Spielplatz halten Bernd Bracher und Gabor Havasi Abstand zueinander. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Auch beim Kontrollgang auf dem menschenleeren Spielplatz halten Bernd Bracher und Gabor Havasi Abstand zueinander. Foto: A. Becher

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Erstellt:
26. März 2020, 06:00 Uhr

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