Beim Impfen steht der Kreis nicht gut da.

Im Landesvergleich wird in vielen Kreisen mehr geimpft. Landrat Sigel kritisiert die ungleiche Verteilung des Impfstoffs.

Wäre mehr Impfstoff vorhanden, könnte auch mehr geimpft werden. A. Becher

© Alexander Becher

Wäre mehr Impfstoff vorhanden, könnte auch mehr geimpft werden. A. Becher

Von Florian Muhl

WAIBLINGEN. Das Impfen im Rems-Murr-Kreis läuft unbefriedigend. Jedenfalls im Landesvergleich. Der Grund: Impfstoffmangel. Die hiesige Quote liegt bei 19,5 Prozent für die Erstimpfungen, Stand gestern. Nur zwölf Stadt- und Landkreise haben eine noch schlechtere Quote, 30 Kreise weisen eine günstigere Durchimpfung auf, bei einer Spanne von 15,0 Prozent (Freudenstadt) bis 30,7 Prozent (Emmendingen). Gestern hat das Sozialministerium die aktuellen Zahlen für das ganze Land präsentiert.

Richard Sigel ist sauer. „Ich wurde gestern vom Amtschef des Sozialministeriums vorab informiert und mir ist wichtig, dass Sie nicht aus der Presse erfahren, dass der Rems-Murr-Kreis im Landesvergleich nicht gut dasteht“, schrieb der Landrat gestern an alle Oberbürgermeister und Bürgermeister sowie alle Landtagsabgeordneten. „Dies bestätigt leider meine Befürchtung und meine Forderungen nach mehr Impfstoff für uns als bevölkerungsreichen Landkreis, die Gegenstand zahlreicher Schreiben an das Sozialministerium waren“, heißt es weiter in Sigels Schreiben. Die Verteilung des Impfstoffs gleichmäßig auf Impfzentren, statt nach Bevölkerungsanteilen habe offensichtlich zu großen Ungleichheiten geführt. „Hätten wir nicht mit unserem Impftruck in den Städten und Gemeinden seit Anfang März über 10000 zusätzliche Impfungen in die Fläche gebracht, würden wir noch schlechter dastehen“, schreibt der Landrat.

Seit Ostern seien drei weitere Impfstraßen im Kreisimpfzentrum fix und fertig eingerichtet und das medizinische Personal stünde bereit, aber es fehle schlicht noch an der notwendigen EDV-Ausstattung des Landes und vor allem an verbindlichen Impfstoffzusagen. Ebenso habe der Kreis gemeinsam mit den Städten und Gemeinden Vorschläge erarbeitet, um auch dort noch mehr Impfangebote zu machen.

„Ganz aktuell sind wird bereits dabei, die Fortsetzung des Impftrucks ab Ende Mai zu planen und zielen gemeinsam mit der IHK darauf ab, in einem weiteren Modellprojekt die Mitarbeitenden in unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen zu impfen“, teilt Sigel mit. Aber auch dabei sei der Kreis auf die Impfstofflieferungen des Landes angewiesen und alleine nicht handlungsfähig. Ihm sei wichtig, die Zahlen nüchtern und nach vorne blickend zu kommentieren, so der Landrat. Die Strategie des Kreises sei immer, vorausschauend, lösungsorientiert und zupackend zu handeln, nicht nur zu kritisieren.

„Ich erwarte jetzt aber, dass nach dieser Bestandsaufnahme den Landkreisen mit niedriger Impfquote vom Sozialministerium der Weg zu mehr Impfungen rasch erleichtert wird“, fordert Sigel. Und: „Es ist jetzt an der Zeit, nachzusteuern.“ Sich dafür einzusetzen, werde auch Aufgabe der Landtagsabgeordneten sein. Aus diesem Grund habe er auch an diese geschrieben.

Dass die Impfungen im Land Baden-Württemberg sehr unterschiedlich und nicht überall optimal laufen, gesteht auch das Sozialministerium zu. „Gerade sozial schlechter Gestellte erreicht die Impfkampagne noch zu wenig“, sagte Professor Uwe Lahl, Amtschef des Ministeriums, gestern nach der Dialogveranstaltung mit Sozialverbänden und Interessenvertretungen impfberechtigter Menschen. Erstmals hat das Sozialministerium gestern die Impfquoten der Stadt- und Landkreise bezogen auf die jeweiligenWohnorte der Bürger (ohne Impfungen durch Hausärzte) veröffentlicht. Sie beruhen auf der Postleitzahlenauswertung der Geimpften, unabhängig davon, wo die Impfung stattfand. Ergebnis: Die Impfquoten sind gerade in Universitätsstädten besonders hoch, teilweise auch im ländlichen Raum.

Städte mit größeren Bevölkerungsgruppen, die im Durchschnitt vergleichbar schwierigere sozioökonomische Bedingungenaufweisen (Arbeitslosigkeit, Bildungsniveau), haben hingegen oft niedrigere Impfquoten.

Laut der Auswertung des Ministeriums liegt der Anteil der vollständig Geimpften im Rems-Murr-Kreis bei 6,8 Prozent. Hier reicht die Spanne im Landesvergleich von 4,2 Prozent (Stadtkreis Pforzheim) bis 11,7 Prozent (Stadtkreis Ulm).

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Erstellt:
5. Mai 2021, 06:00 Uhr

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