Bloß nicht wieder Heimunterricht!

Der Alltag der Schüler hat sich durch die Coronaschutzmaßnahmen drastisch verändert. Obwohl viele vom Tragen des Mund-Nasen-Schutzes und dem ständigen Lüften genervt sind, wollen sie dennoch nicht auf den Präsenzunterricht verzichten.

In den weiterführenden Schulen ist seit dem Wochenende das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichtend – so auch in der Klasse 9a des Gymnasiums in der Taus. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

In den weiterführenden Schulen ist seit dem Wochenende das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichtend – so auch in der Klasse 9a des Gymnasiums in der Taus. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Masken verdecken Mund und Nase, alle 20 Minuten werden die Fenster geöffnet, die Tische und Stühle in der Mensa stehen weiter auseinander, manche Türen fungieren nur als Eingang, manche nur als Ausgang und Klassenstufen haben untereinander möglichst wenig Kontakt – so sieht momentan der Schulalltag am Gymnasium in der Taus aus, und nicht nur dort. Die Meinungen zu diesen Coronaschutzmaßnahmen gehen bei den Schülern auseinander. „Ich finde es nervig, mit der Maske im Unterricht zu sitzen“, sagt Sophie. Die Neuntklässlerin empfindet es als anstrengend, man bekomme weniger Luft. Klassenkamerad Alexis hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Ich bekomme Kopfschmerzen davon, man kann sich gar nicht richtig konzentrieren.“ Carlotta nimmt die Situation gelassener hin. Dadurch, dass die Pandemie schon einige Monate andauert, habe sie sich schon daran gewöhnt, sagt die Schülerin der Jahrgangsstufe 1 (entspricht Klasse 12). „Ich finde es gut, dass es die Maskenpflicht in der Schule gibt. Man schützt sich so gegenseitig.“ Ihre Aussage wird mit einem zustimmenden Nicken von den anderen Schülern bedacht. So sieht es auch ihre Mitschülerin Johanna – obwohl es vor allem in den Klassenarbeiten anstrengender sei mit Maske. Hinzu kommt, dass alle 20 Minuten die Fenster geöffnet werden. „Uns wurde geraten, den Zwiebellook umzusetzen. Das mache ich, aber trotzdem friere ich die ganze Zeit“, sagt sie.

„Ich würde nicht mehr von zu Hause aus Unterricht haben wollen.“

Wenig Verständnis haben die Tausgymnasiasten hingegen für die Handhabung, wenn es den Sportunterricht betrifft: „Da haben wir in allen anderen Fächern die Maske auf, aber im Sportunterricht, wo wir uns am nähesten kommen, laufen wir ohne rum“, merkt Johanna an. Zwar steht kein Kontaktsport auf dem Programm, „aber man rennt gemeinsam rum und schwitzt und keucht“, schildert Alexis. Siebtklässlerin Merle war vor allem durch die Abruptheit der Maßnahmen überrascht: „Davor waren wir noch alle zusammen in der Klasse ohne Maske und einen Tag später müssen wir sie auf einmal tragen.“ Johanna und Defne haben mehrere Fremdsprachen als Leistungsfächer. „Da ist die Aussprache wichtig, das ist jetzt natürlich erschwert“, sagt Johanna. Und Defne fügt an: „Man merkt auch, dass die Leistung nachlässt, der Unterricht ist viel anstrengender für alle.“ Für Carlotta ist weniger die Verständlichkeit das Problem als vielmehr die Folge davon: „Alle haben dadurch den Drang, lauter zu reden. Am Ende des Tages kommt man nach Hause und ist ganz heiser.“

Obwohl die Schüler viele störende Aspekte an den neuen Regeln in der Schule ansprechen, scheinen sie keineswegs verbittert. Sie sind sich einig: All diese Maßnahmen sind besser als ein weiterer Lockdown mit Heimunterricht. „Ich würde definitiv nicht mehr von zu Hause aus Unterricht haben wollen“, sagt Defne. Technisch sei es schon verwirrend gewesen und bei den Aufgaben habe es einiges an Erklärungsbedarf gegeben, der sich online nicht so leicht habe ausräumen lassen. „Ich war überfordert“, erzählt auch Johanna. Die Folgen seien spürbar gewesen, berichtet Merle. „So viel Mühe man sich auch gibt, es bleiben immer ein Stück weit Lücken. Als wir wieder in der Schule waren, haben wir deshalb erst einmal alten Unterrichtsstoff wiederholen müssen.“

Sollte es zu einem weiteren Lockdown kommen, seien klare Strukturen nötig, findet auch Carlotta. „Die Lehrer wussten auch nicht so richtig, wie es funktioniert mit dem Fernunterricht. Jeder hat es anders gehandhabt.“ Neuntklässlerin Maia erinnert sich daran, dass die Aufgaben oft auch erst abends bei den Schülern ankamen: „Da haben wir uns auch gedacht: Wir machen uns die Mühe, eine Art Alltag einzuhalten, und stehen früh auf, aber die Lehrer nicht.“ Das habe nicht sehr motiviert. Auch hatten nicht alle Lehrkräfte die Videofunktion genutzt, erzählt Sophie. „So hat mir der Online-Unterricht nicht viel gebracht.“

Alexis empfindet die Zwischenlösung als beste Variante: „Mir wäre es lieber, man würde wieder in A- und B-Wochen aufteilen.“ Im Wechsel hätten die Klassen dann jeweils eine Woche Präsenz- und Heimunterricht. Dem können auch die anderen Tausgymnasiasten etwas abgewinnen – zumindest in der Theorie. In der Umsetzung müsse aber mit Problemen gerechnet werden: „Es ist aufwendiger zu organisieren und die Frage ist, was machen die Eltern in der Woche, wenn die Kinder zu Hause sind?“, gibt Carlotta zu bedenken. Positiv an der Hybridlösung findet sie allerdings, dass die Abstandsregeln so besser einzuhalten sind – im Schulgebäude wie auch in den Schulbussen. Die Situation dort stellt die Schüler nämlich noch mal vor ganz andere Herausforderungen.

Grenzwert vorerst wieder unterschritten

Die Zahl der Covid-19-Infizierten ist im Rems-Murr-Kreis im Vergleich zum Vortag um 23 Fälle auf 2797 gestiegen. Davon befinden sich derzeit 242 Menschen in Quarantäne. Die Zahl der Patienten, die an oder mit Covid-19 verstorben sind, ist ebenfalls gestiegen, sie liegt nun bei 100 Personen.

Die absolute Zahl der Neuinfizierten im Landkreis innerhalb der vergangenen sieben Tage beträgt – Stand gestern – 199 Fälle. Bei 426600 Einwohnern liegt der Grenzwert bei 213 Fällen. Somit hat der Landkreis den roten Bereich vorerst wieder verlassen. Die verschärften Coronaregeln, die am Wochenende vom Landratsamt verkündet wurden, werden allerdings erst wieder ausgesetzt, sollte der Landkreis sieben Tage lang unter dem Schwellenwert von 50 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner in der Woche liegen.

Nachdem an der Max-Eyth-Realschule in Backnang ein Schülerpositiv getestet wurde, sind zwei Klassen in Quarantäne. Die Stadt Schorndorf informierte über einen Corona-Fall im Oskar Frech Seebad. Die betroffene Person habe sich am 13. Oktober von 15.30 bis 18 Uhr im Saunabereich aufgehalten.

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Erstellt:
21. Oktober 2020, 06:00 Uhr

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