Der Booster für die Händlerschaft wirkt

Mit der „Offensive Innenstadt“ wollte der Backnanger Gemeinderat den Händlern und Gastronomen nach drei Lockdowns wieder auf die Beine helfen. Mit dem Erfolg sind Stadträte und Stadtmarketingverein zufrieden, auch wenn noch nicht alles umgesetzt wurde, was geplant war.

Der Gänsemarkt Ende Oktober war ein Publikumsmagnet, die Kosten hat diesmal komplett die Stadt übernommen.Archivfoto: A. Becher

© Alexander Becher

Der Gänsemarkt Ende Oktober war ein Publikumsmagnet, die Kosten hat diesmal komplett die Stadt übernommen.Archivfoto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Die Sorge, dass die Coronapandemie vielen Geschäften und Restaurants den Todesstoß versetzen könnte, war groß im Backnanger Gemeinderat. Deshalb stimmte das Gremium im April 2021 einstimmig für ein von der Verwaltung vorgeschlagenes Unterstützungsprogramm (siehe Infobox) mit einem Gesamtvolumen von 456500 Euro. Auch wenn in diesem Betrag einige Ausgaben enthalten sind, die die Stadt ohnehin geleistet hätte, war es doch ein umfangreiches Paket, Oberbürgermeister Maximilian Friedrich spricht sogar von einem „großen Wurf“. Ein knappes Jahr später war es im Gemeinderat nun Zeit für eine erste Bilanz.

Vieles von dem, was die Stadträte beschlossen hätten, sei bereits umgesetzt, einiges aber auch noch in Arbeit, erklärten Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann und die stellvertretende Leiterin des Kultur- und Sportamts, Laura Reich. Zu den erfolgreich abgeschlossenen Projekten gehört zum Beispiel die Einführung eines digitalen Einkaufsgutscheins. Bis heute habe man bereits „Backnang-Kärtle“ im Wert von 193000 Euro in der Stadtinformation verkauft, verriet Reich. Die Käufer wurden dafür jeweils mit einem von der Stadt finanzierten Bonus von 20 Prozent belohnt. Von den 50000 Euro, die die Stadt dafür bereitgestellt hatte, sind aber noch rund 11000 Euro übrig. Zum Tulpenfrühling, der am
3. April stattfinden soll, ist deshalb eine weitere Bonusaktion geplant.

Als Erfolg verbucht die Verwaltung auch die Veranstaltungen im vergangenen Jahr: „Wir haben unter Coronabedingungen versucht, die Stadt zu beleben“, erklärte Laura Reich. Dies sei vor allem beim Kultursommer und am Gänsemarkt gelungen. Für Enttäuschung sorgte hingegen die Absage des Weihnachtsmarktes, zumal sie so kurzfristig erfolgte, dass der Stadt trotzdem Kosten von 43000 Euro entstanden sind. „Der Transporter mit den Hütten war schon unterwegs, als die Absage kam“, machte Reich deutlich. Auch andere Dienstleister habe man trotzdem bezahlen müssen.

Konzept wird im Frühjahr vorgestellt

Noch in Arbeit ist das neue Einzelhandelskonzept, das Stärken und Schwächen sowie den Branchenmix in der Backnanger Innenstadt unter die Lupe nehmen soll. Das Marktforschungsinstitut GMA aus Ludwigsburg hat dafür bereits im Herbst eine Befragung bei rund 700 Kunden durchgeführt. Zusätzlich wurden 15 ausführliche Interviews mit Einzelhändlern geführt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden im Frühjahr im Gemeinderat präsentiert.

Doch es gibt auch Projekte, die zwar angekündigt, aber noch nicht umgesetzt wurden. So blieb etwa die geplante Pop-up-Gastronomie in der Innenstadt im vergangenen Sommer ein unerfüllter Wunsch. „Das Angebot bestand, wurde aber von den Gastronomen nicht angenommen“, erklärte Tobias Großmann. Auch die geplanten Workshops zur Stärkung des Wochenmarkts haben noch nicht stattgefunden. Hier fehlte es am Personal, weil die Stelle des Stadtmarketingmanagers nach dem Weggang von Simon Köder noch immer vakant ist. Aufgeschoben heißt aber nicht aufgehoben: Der Gemeinderat votierte einstimmig dafür, die noch nicht ausgeschöpften Mittel ins neue Jahr zu übertragen.

Auch sonst gab es viel Unterstützung aus den Reihen der Stadträte: „Dieses Paket war eine gute Entscheidung für die Stadt“, sagte etwa Rolf Hettich (CDU), der selbst viele Jahre ein Sportgeschäft geführt hat. Kritisiert wurden nur Details: So bemängelte Hettich, dass sich anfangs zu wenige Händler an der Gutscheinaktion beteiligt hätten. Lutz-Dietrich Schweizer (CIB) monierte, dass auf den Gutscheinen das Ablaufdatum nicht erkennbar sei. Dies habe bei manchen Kunden zu Verdruss geführt, weil der städtische Bonus eigentlich nur bis Jahresende gelten sollte. Laura Reich versicherte aber, man habe sich mit den Händlern darauf verständigt, die Bonuskarten kulanzweise bis Ende Januar anzunehmen.

Händler sind dankbar für Unterstützung

Die Geschäftsleute selbst sehen keinen Grund zum Meckern. „Es ist toll, dass die Stadt uns so unterstützt“, freut sich die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins, Sigrid Göttlich. „OB und Gemeinderat haben erkannt, dass man in eine Stadt investieren muss, wenn man sie lebendig halten will“, sagt Göttlich. Die Offensive Innenstadt ist in ihren Augen „ein absoluter Erfolg“. So hätten etwa das Gutscheinsystem und der städtische Bonus den Händlern im Dezember einen spürbaren Schub beschert.

Auch im neuen Jahr will Backnang mit seinen Bemühungen für eine lebendige Innenstadt nicht nachlassen: Groß ist die Hoffnung, dass die Pandemie auch wieder mehr Veranstaltungen erlaubt. Die Planungen für den Tulpenfrühling und den närrischen Wochenmarkt laufen bereits auf Hochtouren. Sabine Kutteroff (CDU) regte an, darüber hinaus auch kleinere Aktionen zu planen, da große Menschenansammlungen noch immer viele abschreckten.

Wie viel sich am Ende umsetzen lässt, wird auch von personellen Ressourcen abhängen. Deshalb kam diese Nachricht gerade recht: Eine der beiden vakanten Stellen im Stadtmarketing habe man inzwischen besetzen können, erklärte OB Friedrich. Wann die neue Mitarbeiterin anfangen wird, steht allerdings noch nicht fest.

Die vier Säulen der Offensive Innenstadt

Infrastruktur Verschiedene Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessern. Dazu gehören etwa 30 neue Radabstellbügel, zusätzliche Mittel für die Bepflanzung von Beeten und Blumenkübeln sowie Zuschüsse für private Eigentümer, die in ihre Fassaden investieren. Auch das neue Einzelhandelskonzept fällt in diesen Bereich. Insgesamt stehen dafür 182500 Euro zur Verfügung.

Aktionen und Veranstaltungen Rund 160000 Euro hat die Stadt im vergangenen Jahr für Aktionen ausgegeben, die das Ziel hatten, Menschen in die Innenstadt zu locken. Davon entfielen alleine 100000 Euro auf den Kultursommer, unter anderem mit zwölf Konzerten auf dem Marktplatz. Als einziges Großevent konnte 2021 der Gänsemarkt stattfinden. An den Kosten mussten sich die Händler diesmal nicht beteiligen.

Digitales Gutscheinsystem
Die alten Einkaufsgutscheine aus Papier wurden im vergangenen Oktober durch ein digitales System ersetzt. Das neue „Backnang-Kärtle“ kann mittlerweile in rund 50 Geschäften eingelöst werden. Als Anreiz zum Start bekamen Käufer bis Jahresende einen Bonus von 20 Prozent, der aus dem städtischen Haushalt finanziert wurde. Insgesamt 83000 Euro sind aus der Stadtkasse in das Projekt geflossen.

Kommunikationsoffensive
Begleitet wurde die Neustartkampagne der Stadt durch verschiedene Werbemaßnahmen. Mit Slogans wie „Weil Backnang begeistert“ wurde auf Plakaten, in Anzeigen und online für einen Besuch in der Backnanger Innenstadt geworben. Für die crossmediale Kampagne stand ein Werbebudget von 30000 Euro zur Verfügung, das bis jetzt allerdings erst zur Hälfte ausgeschöpft wurde.

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Erstellt:
5. Februar 2022, 06:00 Uhr

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