„Der Fernunterricht ist noch kein Problem“

Die Lockdown-Verlängerung wird an den Backnanger Schulen für sinnvoll eingestuft. Die Wirtschaft sehnt sich nach Normalbetrieb.

Nicht nur an der Tausschule findet zur zeit Fernunterricht statt. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Nicht nur an der Tausschule findet zur zeit Fernunterricht statt. Archivfoto: J. Fiedler

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Die Verlängerung des Lockdowns bis zum 14. Februar, die am Dienstagabend verkündet worden ist, war für die wenigsten eine wirkliche Überraschung. Das bestätigt auch Heinz Harter, der Rektor der Max-Eyth-Realschule und geschäftsführende Schulleiter der Backnanger Schulen. Die aktuellen Entwicklungen hätten es nahegelegt, „dass es sinnvoll ist, mit den bereits begonnenen Maßnahmen konsequent fortzufahren“. Auch von schulischer Seite würden dies viele Experten betonen. Harter erklärt: „Aus schulischer Sicht schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits ist die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts für die Schüler wichtig, andererseits aber auch der Gesundheitsschutz und die Kontaktreduzierung.“ Zwei Prinzipien, die sich laut Harter ein Stück weit widersprechen. Trotzdem ist für ihn die Verlängerung des Lockdowns nachvollziehbar, vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, „dass wir von den mutierten Viren wissen“.

Ein Hauptaugenmerk Harters liegt auf den Abschlussklassen. Immerhin sind es zum Beispiel allein an der Max-Eyth-Realschule 134 Schüler, die in diesem Jahr einen Abschluss machen möchten. Für sie soll es in den nächsten Wochen die Möglichkeit geben, zur Schule zurückzukehren. Und er betont, in Ausnahmefällen könnten die Schüler dies jetzt schon. Doch der Schulleiter relativiert: „Im Moment ist der Fernunterricht noch kein größeres Problem, aber das ist natürlich abhängig von der Dauer.“ Noch ist die nicht übermäßig groß. Daher ist das Zurückholen der Abschlussschüler in dieser Woche noch kein Thema, „wir agieren da sehr zurückhaltend“. Aber Harter kündigt an: „Wir werden schauen, was in den nächsten Wochen möglich ist.“ Das heißt jedoch auf keinen Fall, dass dann normaler Unterrichtsbetrieb möglich ist, „sondern das sind allenfalls kleine Gruppen oder halbe Klassen in den prüfungsrelevanten Fächern“. Und auch diese Überlegung ist abhängig von der weiteren Entwicklung.

Die Abschlussschüler haben laut Rektor Harter auch deshalb noch nicht das ganz große Problem, weil die sonst üblichen Prüfungstermine in diesem Jahr bereits vorsorglich und von vornherein etwa sechs Wochen in Richtung Sommerferien verschoben wurden. Harter: „Das verschafft uns etwas Luft.“

Auch Roland Jeck, stellvertretender Leiter des Staatlichen Schulamts Backnang, betont, „dass sich alle Schulen natürlich schnellstmöglich alle Schüler wieder zurückwünschen“. Auch er hofft auf die schrittweise Rückkehr, so wie sie von Ministerpräsident Wilfried Kretschmann angedeutet worden ist. Aktuell bemerkt Jeck, dass die Nachfrage nach der Notbetreuung steigt. In den ersten Wochen nach dem Ende der Weihnachtsferien waren es etwa 10 Prozent der Grundschüler, die daran Bedarf hatten. „Diese Woche haben wir laut den aktuellen Zahlen bereits einen Anstieg auf 12,5 Prozent.“ Die Tendenz ist laut Jeck klar: „Je länger der Lockdown dauert, umso mehr Eltern werden Bedarf haben.“ In den ländlichen Gebieten sei dies nicht so ausgeprägt, da gebe es Schulen mit sehr geringer Nachfrage, „aber in städtischen Gebieten steigt die Notbetreuung auf 15 bis 20 Prozent der Grundschüler“.

Grundsätzlich jedoch trägt Jeck die Verlängerung mit: „Wir verstehen die aktuelle Lage und Notwendigkeit, aber wir sehen halt auch die Probleme der Schulen und der Schüler.“ Er hofft, dass die Infektionszahlen so weit sinken, dass am 1. Februar zumindest ein Teil der Grundschüler wieder in die Schulen gehen kann.

„Wir müssen endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen.“

Die Verlängerung des Lockdowns war auch für die Wirtschaft keine gute Nachricht. So stöhnt etwa Heinz Lochmann, der Chef der Kinos Traumpalast: „Dieser Lockdown dauert für uns gefühlt jetzt schon ein Jahr.“ Der Geschäftsmann erinnert daran, dass er seit einem Jahr nur zwei Monate öffnen konnte, und das unter verschärften Bedingungen, also mit eineinhalb Metern Abstand unter den Zuschauern und allen üblichen Hygienebedingungen. Zwar seien die zwei Monate während der Lockdown-Pause im Sommer unter den besonderen Umständen sehr gut besucht gewesen, „aber natürlich weit weg von einem Normalbetrieb“. So erinnert Lochmann, dass an den Wochenenden mit großer Nachfrage die Kinosäle schon mit 25 Prozent Besetzung wegen der Abstandsregelung ausgebucht gewesen sind. Und er gibt zu bedenken, dass dabei die Zuschauer auch in den ersten Reihen und ganz weit rechts und links außen mit eigentlich keiner optimalen Sicht platziert werden mussten.

Lochmann hat Verständnis für die Maßnahmen, er erwartet aber eine klare Ansage, wie lange die Einschränkungen noch dauern werden: „Ich würde mich freuen über ein Signal, wann wir wieder mit einem einigermaßen normalen Betrieb rechnen können. Wir müssen endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen. Wir sehnen uns danach, unsere Kinosäle wieder mit Leben füllen zu können.“

Noch geht Lochmanns Betrieb nicht in die Knie. Er rechnet vor: „Klar, die Kosten sind geringer, wenn wir geschlossen haben. Aber die Bank möchte auch jeden Monat ihr Geld. Und wir haben trotzdem Energiekosten, wenn auch deutlich weniger.“ Der Geschäftsmann erinnert an die Redewendung „der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht“. Und er gibt zu bedenken: „Wir halten es schon noch aus. Aber irgendwann bricht jeder Krug.“

Zum Artikel

Erstellt:
21. Januar 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen