Der Wocheneinkauf könnte länger dauern

Die Coronanotbremse betrifft auch Supermärkte und Drogeriegeschäfte. Ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100 sind von nun an weniger Personen pro Quadratmeter erlaubt. Vor manchen Geschäften haben sich deshalb schon Schlangen gebildet – etwa vor dem Kaufland in Backnang.

Ein Schild vor dem Edeka-Markt in der Gartenstraße weist darauf hin, dass maximal 75 Kunden den Laden betreten dürfen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Ein Schild vor dem Edeka-Markt in der Gartenstraße weist darauf hin, dass maximal 75 Kunden den Laden betreten dürfen. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

BACKNANG. An der Kasse des Drogeriemarkts dm im Biegel stehen die Kunden Schlange. Draußen vor der Tür muss an diesem Nachmittag aber keiner warten – obwohl die Coronaverordnung des Lands Baden-Württemberg sich am 24. April mit der Bundesnotbremse noch einmal verschärft hat. Seither sind in Regionen, wo die 7-Tage-Inzidenz drei Tage in Folge über 100 liegt, weniger Kunden pro Quadratmeter zulässig als vorher (siehe Infokasten).

Vielerorts sorgte das am vergangenen Samstag für lange Schlangen vor den Supermarkt- und Drogerieeingängen. In Winnenden zum Beispiel, berichtet Jutta Böckler, sei die Innenstadt voll gewesen. Wer in den Drogeriemarkt Müller oder auch in andere Geschäfte wollte, musste sich anstellen und warten. Böckler, die im Kaffeehaus Explorer Coffee in der Marktstraße 44 arbeitet, entschied sich dafür, am Nachmittag wiederzukommen. Da hatte sich die Situation beruhigt.

Auch vor dem Kaufland in Backnang mussten am Samstag manche Kunden länger warten. Auf einem Foto, das in der Facebook-Gruppe „Backnang Aktuell“ gepostet wurde, zieht sich die Schlange der Wartenden bis um eine Gebäudeecke. Eine Facebook-Nutzerin weist allerdings darauf hin: „Man wartet da keine fünf Minuten... Weil immer ein Wagen reindarf, wenn einer rauskommt. Und mal ehrlich... zuerst beschweren sich alle, dass das Kaufland zu voll ist... jetzt beschweren sie sich, dass was gemacht wird.“ Wenig überraschend liegen die Meinungen in der Gruppe diesbezüglich zum Teil weit auseinander.

Vor dem Kaffeehaus Explorer Coffee habe es bisher noch keine Schlangen oder Probleme durch die Neuregelung gegeben, sagt Jutta Böckler: „Die Leute kommen meistens vereinzelt rein.“

Anders sieht es im Drogeriemarkt Rossmann in der Sulzbacher Straße aus. Dort betritt fast minütlich ein neuer Kunde den Laden. Dass jeder einen Einkaufswagen oder einen Korb mitnimmt, darauf achtet Odai Almasarova. Er steht im Eingangsbereich, nimmt gebrauchte Körbe entgegen und weist Eintretende auf die Mitnahmepflicht hin. Denn trotz eines Hinweisschilds versuchen immer wieder Leute, ohne Wagen oder Korb in den Laden zu gehen. Eine Kundin dreht gleich wieder um, als Almasarova ihr sagt, dass sie einen Einkaufskorb mitnehmen muss. Ein älteres Ehepaar habe es nicht eingesehen, dass beide einen Korb tragen müssen, obwohl sie einem Haushalt angehören, so Almasarova. Die meisten halten sich aber an die Regeln und haben Verständnis, sagt er. 25 Personen dürfen maximal in den Laden.

Im Edeka-Markt Schmidt, nur wenige Hundert Meter weiter, sind es immerhin 75 Kunden. Dort ist der Einlass – wie im Lidl nebenan – über die Zahl der Einkaufswagen vor dem Geschäft geregelt. Eine Schlange vor dem Eingang habe sich bisher noch nicht gebildet, sagt Magdalena Baranowski an der Infotheke des Edeka, auch seit der Neuregelung nicht. Erlebt hat sie aber schon häufiger, dass sich Kunden darüber beschweren, dass sie auch dann noch einen Einkaufswagen mitnehmen müssen, wenn sie nur einen Karton Milch kaufen möchten.

Für sie sei die Regel völlig in Ordnung, sagt eine ältere Kundin am Ausgang des Ladens: „Ich würde sowieso einen Einkaufswagen nehmen.“ Schlange stehen, um in den Supermarkt zu gehen, musste sie noch nicht, sagt sie. „Mich hat das bisher nicht tangiert“, sagt auch Lisa Cordes aus Oppenweiler. „Weil ich schwanger bin, gehe ich immer dann einkaufen, wenn nicht so viel los ist.“ Die Verschärfungen im Zuge der Notbremse hält sie für gerechtfertigt. „Ich denke, es geht nicht anders“, erklärt sie. „Meiner Meinung nach könnte man auch wieder stärker auf die Hygieneregeln achten. Am Anfang der Pandemie standen vor vielen Läden Securitys, um die Einhaltung der Regeln zu überwachen, das ist jetzt nur noch selten der Fall.“

Während manche Kunden sich also eher schärfere Regeln wünschen, hält der Handelsverband Deutschland (HDE) die strengeren Auflagen für kontraproduktiv. „Damit riskiert die Politik Warteschlangen vor den Geschäften“, so Stefan Genth, der HDE-Hauptgeschäftsführer, gegenüber der Lebensmittelzeitung. Er verweist auf den Infektionsschutz und appelliert an den Gesetzgeber, schnellstens zur alten Regelung zurückzukehren.

Manche Supermarktbetreiber sehen den anstehenden Feiertagen mit Sorge entgegen, vor denen erfahrungsgemäß mehr los ist als normalerweise. Wer die Möglichkeit hat, sollte versuchen, nicht während der Stoßzeiten einzukaufen. Viel los ist insbesondere samstags, unter der Woche um die Mittagszeit sowie abends (von 17.30 Uhr bis Ladenschluss). Die beste Zeit zum Einkaufen ist am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, von der Öffnung der Geschäfte bis um 11 Uhr sowie zwischen 14 und 17 Uhr.

Welche Regeln von nun an in Supermärkten und Drogerien gelten

Bei einer Verkaufsfläche von bis zu 800
Quadratmetern ist bei einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 nur noch eine Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche erlaubt. Bisher waren es zehn Quadratmeter pro Person. Beträgt die Gesamtverkaufsfläche mehr als 800 Quadratmeter, gilt jetzt eine Begrenzung von einer Person je 40 Quadratmeter Fläche (bisher eine Person je 20 Quadratmeter). Dazu zählen nicht mehr nur die Kunden, sondern auch Mitarbeiter und Lieferanten.

Im Laden (und auf vielen Parkplätzen) muss weiterhin eine FFP2- oder medizinische Atemschutzmaske getragen werden.

Die Märkte müssen mit dem Beginn der
Ausgangssperre um 22 Uhr schließen.

Wie die Regelung sonst umgesetzt wird, bleibt den Betreibern überlassen. Während einige die Anzahl der Kunden mit der verpflichtenden Mitnahme von Einkaufswagen oder Einkaufskörben regeln, haben andere Sensoren am Eingang angebracht, welche eintretende Personen registrieren.

Die Maßnahmen (bis auf die Maskenpflicht) gelten nicht mehr, sobald der Schwellenwert von 100 an fünf Tagen in Folge unterschritten wird. Die Bundesnotbremse soll spätestens am 30. Juni außer Kraft treten.

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Erstellt:
29. April 2021, 06:00 Uhr

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