Die Masken fallen – aber nicht bei allen

Eine Maske zu tragen, ist nun in den meisten Innenräumen freiwillig, ganz nach dem Motto: Jeder wie er es für richtig hält. In den Backnanger Geschäften scheint das reibungslos zu funktionieren. Kaum ein Inhaber möchte unmaskierten Kunden den Einkauf verwehren.

In der Filiale des Dekogeschäfts Depot in Backnang kann man seit Sonntag ohne Maske shoppen gehen. Auch diese zwei Kundinnen haben sich dazu entschlossen, ohne zusätzlichem Schutz vor Mund und Nase nach Osterschmuck Ausschau zu halten. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

In der Filiale des Dekogeschäfts Depot in Backnang kann man seit Sonntag ohne Maske shoppen gehen. Auch diese zwei Kundinnen haben sich dazu entschlossen, ohne zusätzlichem Schutz vor Mund und Nase nach Osterschmuck Ausschau zu halten. Foto: T. Sellmaier

Von Anja La Roche

Backnang. Ungewohnte Bilder ergeben sich seit Sonntag in der Backnanger Altstadt. Zum Beispiel dieses: Eine Verkäuferin berät eine Kundin, beide tragen keine Masken und stehen nur einen halben Meter voneinander entfernt. Ob der Anblick erfreut oder ein Schaudern auslöst – das Motto lautet jetzt, jeder macht es so wie er es für richtig hält. Denn die Maskenpflicht ist in den meisten Innenräumen seit Sonntag aufgehoben (wir berichteten). Die Einzelhändler können allerdings auf Grundlage ihres Hausrechts ihre Kunden zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichten. Doch das macht kaum jemand.

Schaut man sich in den Geschäften um, so fällt auf: Der Anteil der Maskenträger variiert stark von Laden zu Laden. Diesen Eindruck kann die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins Backnang, Sigrid Göttlich, bestätigen. Sie hat sich bei einigen Einzelhändlern der Stadt umgehört. Tragen viele Kunden Masken? Wie handhaben die Mitarbeiter das? Die Antworten seien sehr unterschiedlich ausgefallen, so Sigrid Göttlich. Manche der befragten Einzelhändler berichten, dass die Kunden großteils Maske tragen, bei anderen sei es umgekehrt. Sigrid Göttlich vermutet dabei folgenden Zusammenhang: Wenn das Personal selbst einen Mund-Nasen-Schutz trägt, würden die Kunden das oftmals übernehmen. „Aber es gibt auch Kunden, die unabhängig davon eine Maske tragen.“

Insgesamt sei die Lage aber sehr entspannt. Zwar gehen die Meinungen darüber auseinander, wie sinnvoll angesichts der hohen Inzidenzen eine Maske ist, doch hat scheinbar keiner Interesse daran, eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Im Modegeschäft von Sigrid Göttlich selbst würden nur etwa 20 Prozent der Kundschaft eine Maske tragen. Für die Inhaberin ist das völlig in Ordnung. „Das kann jeder ganz individuell handhaben“, sagt sie. Ein Geschäft, das seine Kunden per Hausrecht weiterhin zum Bedecken von Mund und Nase verpflichtet, sei ihr nicht bekannt. In manchen Geschäften hätten sich die Mitarbeiter allerdings intern darauf geeinigt, weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz aufzuziehen, wie beispielsweise im Bettenhaus Windmüller.

Bei Süleyman Hidge, der ein Druckerpatronengeschäft mit einer Poststelle in Backnang betreibt, kann man jetzt ebenfalls ohne Maske einkaufen. Der Ladenbesitzer erhielt zuletzt große öffentliche Aufmerksamkeit, weil er nur Geimpfte in sein Geschäft gelassen hat. Vor etwa zwei Wochen hat er diese Regelung allerdings aufgehoben. Jetzt hängt nur noch ein Schild am Eingang, welches darum bittet, weiterhin eine Maske zu tragen. Dazu verpflichten möchte Süleyman Hidge nicht, denn „dann würde die große Diskussion anfangen.“ Zudem hält er die Backnanger für sehr vernünftig. Nur etwa zwei von 20 Kunden würden ohne Maske seinen Laden betreten. „Ich selbst trage auch noch eine Maske, weil ich meine Eltern schützen möchte“, sagt er.

Die Apotheke am Obstmarkt empfiehlt ihren Kunden ebenfalls ausdrücklich, eine Maske zu tragen. Auch die Angestellten tragen FFP2-Masken. „Wir haben teilweise eine gefährdete Kundschaft“, so Inhaberin Iris Lüdecke. Gerade angesichts der hohen Inzidenz möchte sie ihre Kunden schützen. „Viele kommen ja auch krank hier her, mit einem Rezept vom Arzt“, sagt sie. Wenn ein Kunde ohne Maske das Geschäft betritt, fordere sie ihn dazu auf, eine Maske aufzuziehen. Aber sie würde niemanden ohne Maske den Einkauf verweigern. Auch die Apotheke im Gesundheitszentrum bittet ihre Kundschaft lediglich darum, verpflichtet allerdings niemanden. „Wir bevorzugen das Tragen einer Maske. Auch die Mitarbeiter tragen alle eine“, so die Filialleiterin Simone Förster. Jemanden hinauswerfen, der das nicht möchte, würde sie ebenfalls nicht.

In der Filiale des Buchgeschäfts Osiander setzt etwa die Hälfte der Kunden eine Maske auf, schätzt die Filialleiterin Mirja Wollny. Beim Backnanger Tulpenfrühling sei in dem Geschäft „gut etwas los gewesen“. Probleme mit oder zwischen Kunden habe es keine gegeben. „Manche sind froh, dass sie keine Maske mehr tragen müssen, andere wollen sie noch“, so die Filialleiterin. „Das ist jedem selbst überlassen“.

In dem Bekleidungsgeschäft Zauberhaft von Alexandra Rupp sind sich alle Anwesenden einig: Auf ihre Masken verzichten sie beim Einkaufen zunächst nicht. „Ich bin froh, dass die Pflicht weggefallen ist, aber ich trage meine Maske noch – aus Respekt vor dem Personal und anderen Kunden“, sagt eine Kundin. Alexandra Rupp erzählt, sie trägt ihre Maske nur dann nicht, wenn lediglich ein bis zwei Kunden im Laden sind und sie keinen direkten Kundenkontakt, wie ein Gespräch, hat. Beim Tulpenfrühling am Sonntag sei in ihrem Geschäft ebenfalls viel los gewesen, doch fast alle hätten ihre Maske getragen. Die gerade anwesende Kundin fügt hinzu: Sie arbeitet in einem Schuhgeschäft, und dort würden etwa 90 Prozent eine Maske aufziehen.

Auch die großen Geschäfte wie Edeka, Lidl, Aldi, Kaufland, Müller und H&M setzen eine Maskenpflicht nicht per Hausrecht um. Spaziert man durch diese auch in Backnang vertretenen Filialen, so sieht man durchaus viele Menschen ohne Maske. Hier heißt es dann: Wer sich schützen will, hat lediglich die Möglichkeit, selbst zur Maske zu greifen und viel Abstand zu anderen Kunden zu halten. Im Biomarkt im Schweizerbau wird der Fall der Maskenpflicht sogar ausdrücklich begrüßt: „Wir freuen uns, Sie alle herzlich, mit einem Lächeln, begrüßen zu dürfen“, steht dort auf einem Schild am Eingang.

Maske tragen ist freiwillig: Darauf weist dieses Schild in der Ortsbücherei in Unterweissach hin. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Maske tragen ist freiwillig: Darauf weist dieses Schild in der Ortsbücherei in Unterweissach hin. Foto: A. Becher

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Erstellt:
5. April 2022, 06:00 Uhr

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