Für den Kassenmann ein Klacks

Ein Kernpunkt des Konjunkturpakets der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise ist die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer ab 1. Juli bis Ende des Jahres. Inwieweit die Kunden von dieser Maßnahme profitieren werden, ist auch in Backnang ein Thema.

Im Zuge der zeitweiligen Senkung der Mehrwertsteuer müssen die Händler ihre Kassen entsprechend umstellen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Im Zuge der zeitweiligen Senkung der Mehrwertsteuer müssen die Händler ihre Kassen entsprechend umstellen. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Erst einmal muss jetzt die Kasse auf den neuesten Stand gebracht werden. Denn ab 1. Juli wird die Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr von 19 Prozent auf 16 Prozent beziehungsweise von sieben Prozent auf fünf Prozent herabgesetzt. Sigrid Göttlich hat schon den „Kassenmann“ beauftragt, wie sie ihn nennt. Er wird sich darum kümmern. Über die Auskunft ihres Anbieters, dass die Umstellung an dem Kassengerät in ihrer Boutique „Accente Mode“ auch per Fernwartung und weitaus problemloser als gedacht vorgenommen werden kann, freut sich die Backnanger Geschäftsfrau.

Ob die Senkung der Mehrwertsteuer auch tatsächlich eine Kaufanregung für die Kunden ist, wie von der Bundesregierung beabsichtigt, weiß Göttlich freilich jetzt auch noch nicht zu sagen. Sie geht davon aus, dass viele Unternehmer die Steuersenkung in Form von Preisnachlässen an die Kunden weitergeben.

Die große Frage ist, wie viel davon bei den Kunden ankommt.

Es sei grundsätzlich ehrenwert vom Staat, die Unternehmen unterstützen zu wollen, denkt Göttlich auch als Vorsitzende des Vereins Stadtmarketing Backnang. Wenn die Senkung dauerhaft und nicht nur bis Ende des Jahres Bestand hätte, fände sie das aber noch besser. Auch ihr Vorstandskollege, der Backnanger Unternehmer Martin Windmüller, begrüßt es, dass „die Regierung was macht, um die Konjunktur anzukurbeln“. Diese Maßnahme zu ergreifen sei besser, als nur eine einzige Branche zu begünstigen, meint Windmüller mit Blick auf die deutsche Autoindustrie. Der Grundgedanke dahinter sei einleuchtend, da auch eher kleinere Unternehmen davon profitierten. Das Argument, dass die Umsetzung der Mehrwertsteuersenkung für die Einzelhändler nur mehr Aufwand bedeute, sei aufgebauscht. „Für mich ist das ein Knopfdruck, dann ist das Kassensystem auf 16 Prozent umgestellt“, so der Betreiber des Betten- und Wäschehauses in Backnang. Es sei allerdings tatsächlich die große Frage, wie viel von der Senkung bei den Kunden ankommt.

Denn die Versuchung seitens der Unternehmer sei groß, die Ersparnis nicht weiterzugeben und zu versuchen, das in der Coronaflaute entstandene Loch zu stopfen. Die von den Kunden erwartete Ersparnis von drei Prozent bei Produkten mit einem von 19 auf 16 Prozent reduzierten Steuersatz werde es indessen nicht geben, so Windmüller. Aus mathematischen Gründen werden es hier nur 2,5 Prozent sein sowie knapp 1,9 Prozent bei Produkten, deren Mehrwertsteuersatz ab Juli bei fünf statt sieben Prozent liegt. Windmüller jedenfalls will die Steuersenkung den Kunden zugutekommen lassen. Sie erhalten einen Sofortrabatt für die jeweils erstandenen Produkte an der Kasse. Die Preise bleiben in seinem Geschäft die gleichen. „Ansonsten müssten wir 30000 Artikel neu auszeichnen“, so einer seiner Gründe. Seine Mitarbeiter will er noch entsprechend schulen, damit sie den korrekten Rabatt ausrechnen können. Das Geschäft sei nach dem Lockdown, also den bis vor Kurzem geltenden Kontakt- und Ausgehbeschränkungen, gleich wieder gut angelaufen. Indessen spüre man nun schon, dass einige Kunden sich mit dem Kauf eines Produkts bis zum Juli zurückhalten, um in den Genuss des Rabatts durch die Mehrwertsteuersenkung zu kommen.

Er gewähre seinen Kunden den Rabatt aber bereits schon auf Vorbestellungen seiner Produkte, so Windmüller. Er geht nicht von einem „Wahnsinnsboom“ aus, den die Steuersenkung auslösen werde. Aber mittelfristig werde die Wirkung dieser Maßnahme deutlich spürbar werden, ist er sich sicher.

Nachfrage ist noch gering

„Der Aufwand ist eher gering, die Kosten sind es auch“, fasst Thomas Mühlbach zusammen. Er betreibt mit Emilio Alves das TM-Systemhaus in Backnang und kümmert sich dort unter anderem auch um die Betreuung der Kassensysteme der Kunden in Backnang und in einem Umkreis von rund 50 Kilometern. Bislang allerdings sei noch wenig Nachfrage nach diesem Service zu verzeichnen, obschon der Stichtag 1. Juli nicht mehr fern ist.

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Erstellt:
17. Juni 2020, 06:00 Uhr

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