Höfliger liefert Anlage für Coronaimpfstoff
Bei der Verpackung der Fläschchen mit dem Impfstoff von Pfizer und Biontech spielt Harro Höfliger eine Schlüsselrolle. An seinem Backnanger Standort in den Lerchenäckern fertigt der Allmersbacher Hersteller von Verpackungsmaschinen drei Anlagen.

Mechanische Montage und Elektroarbeiten laufen bei Harro Höfliger auf Hochtouren, damit die befüllten Impffläschchen im Frühjahr vollautomatisch verpackt werden können. Fotos: Harro Höfliger
Von Florian Muhl
BACKNANG/ALLMERSBACH IM TAL. Jetzt muss alles schnell gehen – Produktion und Transport des Coronaimpfstoffs von Biontech und Pfizer rücken immer mehr in den Fokus. Die ersten drei Länder – England, Kanada und die USA – haben den Impfstoff bereits per Notzulassung freigegeben und impfen schon die ersten Menschen aus Risikogruppen; die EU-weite Zulassung steht vor der Tür.
Aber damit das begehrte und kostbare Gut zum Patienten kommen kann, müssen Millionen befüllter Injektionsfläschchen sicher verpackt werden. Hierbei kommt der Firma Harro Höfliger eine Schlüsselrolle zu. Der Hersteller von Verpackungsmaschinen mit Sitz in Allmersbach im Tal fertigt an seinem Standort Backnang in den Lerchenäckern seit einigen Wochen in Rekordzeit eine Hochleistungsverpackungslinie. Sie wird die empfindlichen Vials, das sind kleine Fläschchen aus Glas, in Faltschachteln verpacken, diese etikettieren und mit den erforderlichen Daten bedrucken.
„Wir sind stolz darauf, ein Bindeglied zwischen der Produktion des Impfstoffs und der Lieferkette hin zu den Menschen zu sein“, sagt Geschäftsführer Thomas Weller. Die Freude ist groß beim Mittelständler aus Allmersbach im Tal, einen Beitrag zur Bekämpfung der Coronapandemie leisten zu können. Von der Wichtigkeit und Bedeutung her habe dieser Auftrag oberste Priorität. „Noch nie sind wir ein Projekt mit so einer Dominanz und so viel Engagement angegangen.“ Der amerikanische Pharmakonzern Pfizer, mit dem Höfliger bereits seit rund 30 Jahren zusammenarbeitet, ist – nach Roche – das zweitgrößte Pharmaunternehmen der Welt. „Pfizer gibt uns das Vertrauen, diese Verpackungsanlage bauen zu dürfen. Das ist eine ganz tolle Sache“, sagt Weller.
Gleichwohl hat der Geschäftsführer Respekt vor der Herausforderung: „Es ist nicht unsere erste Verpackungslinie für Fläschchen mit Impfstoff. Trotzdem standen wir noch nie vor der Aufgabe, eine solche Anlage in derart kurzer Zeit herzustellen. Dies schaffen wir nur, weil die Motivation und Unterstützung in unserer Belegschaft bei diesem Projekt enorm hoch ist.“ Mittlerweile sind es drei Anlagen, die Harro Höfliger für Pfizer bauen wird. Den jüngsten Auftrag erhielten die Allmersbacher erst am vergangenen Freitag.
Um seine Maschinen schnellstmöglich an den belgischen Produktionsstandort von Pfizer liefern zu können, zieht Harro Höfliger alle Register. Für diesen Auftrag wurden die Produktionskapazitäten umverteilt und ein Schichtmodell für die mechanische und elektrische Montage sowie für die Inbetriebnahme erstellt. Auch samstags und an den üblicherweise ruhigeren Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr gehen in den Lerchenäckern die Arbeiten an der Kartonieranlage unter Hochdruck weiter.
Zeitgleich entsteht am Standort Satteldorf nahe Crailsheim die Maschine für die Etikettierung, Lasercodierung und Qualitätskontrolle der mit dem Impfstoff befüllten Faltschachteln.
Zwei der drei Anlagen wird Höfliger im März an das größte Werk von Pfizer in Europa ins belgische Puurs liefern, das zwischen Brüssel und Antwerpen liegt; die dritte Anlage wird dann im Mai folgen. Sie werden die Impfstofffläschchen für den europäischen Markt vollautomatisch verpacken. Zunächst werden die Anlagen in Backnang erstellt und dann hier von Mitarbeitern von Pfizer überprüft und abgenommen, anschließend abgebaut und in Belgien von Monteuren von Höfliger wieder aufgebaut und übergeben, die dann auch die Pfizer-Mitarbeiter einweisen und schulen.
„Ohne die Flexibilität und Zuverlässigkeit der Zulieferer ließe sich diese Aufgabe nicht in der Kürze der Zeit stemmen“, betont Weller. Viele der langjährigen Partner seien ebenfalls in der Region ansässig, wie H.P. Kaysser aus Leutenbach. Der Blechbearbeitungsspezialist stellt die maßgeschneiderten Metallgestelle her, die als Tragkonstruktionen für die Maschinen dienen. Bei H.P. Kaysser wurde dem Projekt höchste Priorität zugemessen, um Harro Höfliger sehr kurzfristig beliefern zu können. „Das gesamte Team hat hoch motiviert mitgezogen, um das Gestell in weniger als der Hälfte der normalerweise veranschlagten Zeit in bester Qualität abzuliefern“, so Geschäftsführer Thomas Kaysser. „Auch wir freuen uns, wenn wir auf diese Weise mithelfen können, die Rückkehr zu einer Normalität ohne Corona ein Stückchen greifbarer zu machen.“

© Janine Kyofsky
„Mehr Vertrauen kann so ein Riesenkonzern wie Pfizer einem kleinen Mittelständler wie Harro Höfliger gar nicht schenken.“
Thomas Weller,
Geschäftsführer der Firma Harro Höfliger
Im vergangenen Jahr hatte die Firma Harro Höfliger mit Sitz in Allmersbach im Tal rund 1400 Mitarbeiter. Der Umsatz lag bei 285 Millionen Euro.
Die Anzahl der Beschäftigten ist mittlerweile auf knapp 1450 Frauen und Männer angewachsen; davon arbeiten rund 1000 am Standort Allmersbach im Tal, etwa 300 am Standort Backnang, rund 100 am Standort Großaspach und rund 50 am Standort Satteldorf.
Die Kunden des Herstellers von Verpackungsmaschinen kommen zum überwiegenden Teil aus der Pharmazie und der Medizintechnik.