Impfen ohne Warteschlangen

Am Mittwoch ging der Impfstützpunkt im Backnanger Technikforum an den Start. Dort können nun täglich 108 Personen geimpft werden. Wer einen Termin ergattert, erhält ohne lange Warteschlange die ersehnte Spritze.

Ein Schüler aus Backnang erhält seine erste Impfung im Beisein seines Vaters Marc Girschek.Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

Ein Schüler aus Backnang erhält seine erste Impfung im Beisein seines Vaters Marc Girschek.Fotos: A. Becher

Von Anja La Roche

Backnang. Normalerweise würde man sich hier die alten industriellen Geräte anschauen, die das Technikforum ausstellt. Das Museum für Industriegeschichte in der Wilhelmstraße 32 ist in nächster Zeit allerdings für Publikumsverkehr geschlossen. Will man dennoch einen Blick auf die großen Maschinen in der alten Fabrikhalle werfen, gibt es nur eine Möglichkeit: einen Termin vereinbaren und sich impfen lassen. Denn das Museum dient nun als Standort für einen stationären Impfstützpunkt in Backnang. An jedem Tag der Woche wird dort von 10 bis 15 Uhr geimpft.

Auf den Stühlen, die in großem Abstand zueinander in der Halle platziert sind, sitzt Marc Girschek neben seiner 13-jährigen Tochter und seinem 12-jährigen Sohn. Die Exponate des Museums interessiert die frisch geimpfte Familie aus Backnang nicht wirklich. Viel eher sind die drei guter Laune und erleichtert, am ersten offenen Tag des Impfstützpunktes einen Termin erhalten zu haben. Als Girscheks Frau vor einer knappen Woche von der Terminvergabe in der Zeitung las, kümmerte sie sich sofort darum. Zwei Tage später seien die Termine schon wieder weg gewesen, so der 50-jährige Sozialarbeiter.

Jetzt muss die Familie noch etwas sitzen bleiben in der Halle des Technikmuseums. Zur Nachbeobachtung. Außer ihnen sind nur wenige Menschen vor Ort: das Impfteam und diejenigen, die einen Impftermin ergattern konnten und nun bald an der Reihe sind. Es gibt eindeutig mehr historische Maschinen als menschliche Wesen in der Halle – Abstand halten ist im Impfstützpunkt Backnang somit kein Problem. Zwar würden auch einige Personen fälschlicherweise ohne Termin vorbeikommen, aber insgesamt verlaufe alles wie geplant, so Julia Eberhardt. Sie arbeitet normalerweise als Krankenpflegerin im Klinikum Stuttgart und ist nun Teil eines der Impfteams, die den Rems-Murr-Kreis unterstützen.

Fünf Impfstützpunkte im Kreis konnten in wenigen Tagen organisiert werden

Der Oberbürgermeister (OB) Backnangs, Maximilian Friedrich, und Erster Bürgermeister Siegfried Janocha, loben die Räumlichkeiten des Impfstützpunkts. „Es liegt zentral, ist leicht mit dem Bus zu erreichen und barrierefrei“, so Friedrich. Nachdem mit dem Kreisimpfzentrum in Waiblingen damals nur ein Standort möglich war, freut sich der OB nun, dass der Stützpunkt neben vier weiteren im Kreis so schnell auf die Beine gestellt werden konnte.

Gerd Holzwarth, Dezernent im Landratsamt Rems-Murr, koordiniert diese zweite Impfkampagne. Er leitete bereits bei der ersten Impfkampagne das Kreisimpfzentrum (KIZ) in Waiblingen. „Viele Mitarbeiter in den Impfteams konnten in unserem KIZ schon Erfahrung sammeln“, so Holzwarth. Daher konnte die Planung für die neuen Impfstützpunkte schnell voranschreiten. Die Kommunikation mit dem kooperierenden Klinikum Stuttgart sei zudem sehr effektiv gewesen. Innerhalb weniger Tage gelang es, die Impfstützpunkte auf die Beine zu stellen. „Die Bemühungen von Landkreis und Kommunen greifen hier ineinander“, so OB Friedrich.

Die Bereitstellung der stationären Impfangebote ist eine Reaktion auf die zuletzt chaotisch verlaufenden Impfaktionen, bei denen der Ansturm zu groß war. „Das ist sehr ungünstig verlaufen“, sagt Janocha zu den langen Warteschlangen von Impfwilligen, die sich unter anderem vor dem Seniorenbüro gebildet hatten. „Das wollen wir jetzt verhindern“. Um dem aktuellen Ansturm auf die Impfungen gerecht zu werden, dienen die stationären Impfstützpunkte nun als dritte Säule der Impfkampagne, neben den Arztpraxen und den mobilen Impfaktionen.

Damit die Impfungen personell gestemmt werden können, sind viele Mitarbeiter des Klinikums Stuttgart im Kreis eingesetzt. Bei verwaltenden Aufgaben helfen aber auch städtisches Personal und Schüler. Die Personalkosten trägt das Land. Julia Eberhardt aus dem Impfteam erklärt, wie die vielen Mitarbeiter aus dem Klinikum Stuttgart für die Impfkampagne freigestellt werden konnten. „Das OP-Programm wurde total runtergefahren. Die Stationen sind dadurch viel leerer.“

108 Personen mit Termin sollen im Technikforum täglich geimpft werden. Wer allerdings auf einen Termin verzichten möchte, dem stehen weiterhin niederschwellige Impfangebote zur Verfügung, darunter die Impfaktionen im Seniorenbüro Backnang. Verimpft werden in dem „Kreisimpfzentrum in klein“ die Impfstoffe von Moderna und Johnson & Johnson, so Dezernent Holzwarth. Biontech werde zudem geimpft, solange der Vorrat reicht. Für die unter 30-Jährigen sei allerdings genug Biontech-Impfstoff vorhanden.

Der frisch geboosterte Marc Girschek freut sich, bald wieder besser geschützt zu sein. Als Sozialarbeiter hat er viel Kontakt zu anderen Menschen und somit auch ein höheres Ansteckungsrisiko. Und nachdem die Ständige Impfkommission die Erstimpfung für Kinder empfohlen hat, ist er auch froh um die Impfung seiner Kinder. „Nicht, dass meine Kinder irgendwann nicht mehr zu ihrem Sport gehen dürfen“, sagt er. Zudem findet er: „Man muss was tun“. Damit meint er: Impfen, um zum Sport zu gehen, aber vor allem auch aus Solidarität in dieser äußert ernsten pandemischen Lage.

Das Technikforum in Backnang eignet sich mit seiner großen Halle gut als Impfstützpunkt.

© Alexander Becher

Das Technikforum in Backnang eignet sich mit seiner großen Halle gut als Impfstützpunkt.

Zwischen den Exponaten eilt das Impfteam.

© Alexander Becher

Zwischen den Exponaten eilt das Impfteam.

Es gibt laufend neue Termine

Termine kann man im Internet unter www.rems-murr-kreis.de/kiz buchen. Dort sind auch die weiteren Impfangebote in den Städten und Gemeinden einsehbar. Vom 6. Dezember an soll zudem ein zentrales Terminportal mit allen Impfstandorten im Kreis online sein – das Pendant zum Terminportal für Schnelltests. Termine sollten dringend storniert werden, wenn man sie nicht wahrnehmen kann.

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Erstellt:
2. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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