In der Schule lernt es sich leichter

In den Grundschulen hat gestern wieder der Präsenzunterricht begonnen – wenn auch noch sehr eingeschränkt. Für die Schulleiter war die Organisation zwar viel Arbeit, aber die Erleichterung und Freude bei Kindern, Eltern und Lehrern war groß.

Zurück in die Schule ging es für Kinder der 1. und 4. Klasse der Grundschule Burgstall. Und das natürlich mit vielen Regeln. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Zurück in die Schule ging es für Kinder der 1. und 4. Klasse der Grundschule Burgstall. Und das natürlich mit vielen Regeln. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

BURGSTETTEN. Die Abstandspunkte im Pausenhof wurden aufgefrischt, die Tische auseinandergeschoben und die „Einbahnstraßen“ auf dem Schulgang ausgeschildert – alles ist bereit in der Grundschule in Burgstall. Obwohl einige Schüler seit gestern wieder in der Schule sind, hängen nur ganz vereinzelt Jacken an der Garderobe – die meisten Kinder nehmen ihre Jacken nun mit ins Klassenzimmer. Denn alle 20 Minuten klingelt der Wecker, die Fenster werden zum Lüften aufgerissen. Und wollen die Kinder auf die Toiletten, müssen sie zu einer Seitentür raus und über den Pausenhof wieder reinkommen, denn der Gang ist zu eng für Begegnungsverkehr.

Seit gestern sind die Grundschulen und Kindertagesstätten in Baden-Württemberg wieder geöffnet, die Klassen sind abwechselnd im Präsenzunterricht da. „Es fühlt sich an wie bei Monopoly: Bitte zurück auf den Start“, sagt Schulleiterin Antje Hummel. Für sie bedeutete der Start in den Wechselunterricht zwar einiges an Arbeit, aber viel war noch vom vergangenen Jahr vorbereitet. „Wir haben das Hygienekonzept in fünf oder sechs Varianten ausgearbeitet in der Schublade liegen. Da müssen wir nur schauen, was das Sozialministerium vorgibt, und das richtige rausziehen.“ Trotz aller Vorbereitung hatten die Schulleitung und die Lehrkräfte aber noch einiges an Arbeit zu erledigen. Konferenzen abhalten, Klassenzimmer herrichten, Schichtpläne einteilen und das Schulgelände an das Hygienekonzept anpassen. „Faschingsferien hatten wir keine“, sagt Hummel. Denn nicht alle Kinder kamen zurück in die Schule. Für die Klassen, die erst am 1. März kommen, musste erneut ein Materialpaket fürs Homeschooling vorbereitet werden.

Viele Familien sind gerade an der Belastungsgrenze.

In der kleinen Schule mit 140 Kindern, die sich auf die zwei Schulhäuser verteilt, hat man sich entschieden, zuallererst die Klassen der ersten und vierten Jahrgangsstufen in die Schule zu holen. Die Viertklässler wollte man schnell wieder in der Schule haben, um sie gut auf den Übertritt in weiterführende Schulen vorzubereiten, bei den Erstklässlern fällt das Homeschooling besonders schwer. Die Klassen wurden geteilt und die Kinder kommen in Schichten. Statt vier Unterrichtsstunden gibt es also zunächst zwei Stunden für eine Hälfte der Klasse, dann zwei Stunden für die andere Hälfte. Und zwischendrin muss alles geputzt werden: Tische, Türklinken, Toiletten – alles muss gereinigt werden. Und nicht nur das. Die Lehrer unterrichten nun in Präsenz, müssen sich aber auch um die Klassen zu Hause kümmern. „So brauchen wir mehr Lehrer und für zusätzliche Videokonferenzen mit den Schülern daheim bleibt jetzt keine Zeit mehr“, sagt die Schulleiterin. Denn noch dazu übernimmt die Schule die Notbetreuung für Schüler, deren Eltern keine andere Betreuung möglich ist. Und trotz aller Arbeit ist sich die Schulleiterin sicher: „Jeder im Kollegium ist froh, die Kinder wiederzusehen.“

Und wie finden es die Schüler, wieder zurück in der Schule zu sein? Der Konsens unter den Viertklässlern: Sie sind froh, wieder in der Schule zu sein. „In der Schule ist es viel leichter zu lernen“, meint eine Schülerin der 4. Klasse. Und das liegt nicht nur daran, dass sie ihre Freunde wiedersehen können. Auch über die Anwesenheit der Lehrer sind sie sehr froh. „Die Lehrer können viel besser helfen und viel besser erklären“, sagt auch ihr Mitschüler. „Und sie sind nebenbei nicht mit Spülmaschine ausräumen beschäftigt.“

Die Eltern seien zwar unglaublich kooperativ, aber sie kämen eben doch an ihre Grenzen, weiß auch die Schulleiterin. „Zu Hause ist die Hemmschwelle der Kinder, zu schreien und zu toben, wenn ihnen etwas nicht passt, einfach niedriger. In der Schule verhalten sie sich gleich ganz anders.“ Auch durch die lange Zeit des Homeschoolings erlebe sie gerade ungewöhnlich viel Anerkennung von den Eltern. Viele Eltern haben gemerkt, dass sie selbst eben doch keine Lehrer sind, so die Schulleiterin, und dass das Studium doch sehr wichtig war.

Viele Eltern hätten sich eine längere Betreuung gewünscht als die anfänglichen zwei Stunden. „Und auch die Lehrer waren enttäuscht, dass wir nicht alle Kinder zurückholen können“, sagt Hummel. Denn auch wenn die Lehrer sich darauf freuen, direkt mit den Kindern zu arbeiten, würden sie gerne wieder alle richtig betreuen. „Gerade erinnert es eher an Einzelhaft“, sagt Hummel mit Blick auf die Tische, die im Klassenzimmer weit auseinanderstehen. „Zur Schule gehört mehr als nur Arbeitsblätter auszuteilen. Aber so richtiges Schulleben ist auch jetzt nicht möglich.“ Die Kinder seien dazu angehalten, an ihrem Platz zu bleiben, es gibt keine Stuhlkreise, keine Gruppenarbeit und wenig Austausch zwischen den Schülern. Damit eventuelle Infektionen schnell erkannt werden, sollen sich Lehrer und Erzieher zweimal pro Woche kostenlos in einer Apotheke oder beim Arzt testen lassen können. Die regelmäßigen Tests sieht die Schulleiterin als so wichtigen Schritt, dass sie die Schnelltests für ihre Lehrkräfte in der Schule organisieren will. Die Mutter einer Schülerin, eine Ärztin, habe zugestimmt, die Testungen durchzuführen. „Dann müssen die Lehrkräfte nicht extra in eine Apotheke gehen oder sich anmelden. Wer sich testen lassen will, hat dann eine Möglichkeit direkt in der Schule.“

Eine Aufbruchstimmung im Bereich der Digitalisierung.

Die Aufgabe, im Anschluss an alle eine E-Mail zu schreiben, wie das Ergebnis ausgefallen ist, übernimmt die Schulleiterin in diesem Fall auch gerne selbst. Man überlege gerade auch noch, die Erzieherinnen vom Kindergarten nebenan mit in die Testaktionen einzubeziehen. In ihrem Kollegium zumindest sei die Bereitschaft für die Schnelltests sehr groß.

Trotz aller Arbeit und Auflagen gebe es aber immerhin etwas Positives an der gesamten Situation: Die Digitalisierung hat einen Aufschwung bekommen. Für viele Lehrer seien digitale Unterrichtsformen vor der Pandemie kaum Thema gewesen, zumindest im Grundschulbereich, da es hier besonders wichtig ist, Dinge einfach mal in die Hand zu nehmen. Nun mussten sich die Lehrkräfte anpassen. „Das hat fast schon eine Aufbruchstimmung erzeugt“, sagt Hummel. Zwar funktioniere die Technik nicht immer problemlos – so fehlten für mehrere Tage Internet und Telefon, weil bei Umbauarbeiten ein Kabel ausgesteckt wurde –, aber die Lehrkräfte fanden ganz neue Methoden. „Nicht nur Videokonferenzen klappten, sondern auch interaktive Arbeitsblätter oder Lernvideos. Die Lehrer haben immer Neues herausgefunden, das motiviert.“

Wechselunterricht an Grundschulen

Der Unterricht soll in geteilten Klassen und kleinen Gruppen erfolgen. Die Klassen werden geteilt, damit nur die Hälfte der Kinder im Klassenzimmer unterrichtet wird. Die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen soll immer gleich sein, die Klassen und Klassenstufen sollen nicht gleichzeitig im Schulhaus sein, damit mögliche Infektionen nachverfolgbar bleiben.

Die Schulen können nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Klassenstufen zum Präsenzunterricht kommen. Eine Anwesenheitspflicht besteht auch weiterhin nicht.

Vorrangig sollen die Fächer Deutsch, Mathe und Sachunterricht behandelt werden. Sportunterricht wird es laut Ministerium vorerst nicht geben. Die Schüler sollen wöchentlich mindestens zehn Unterrichtsstunden im Klassenzimmer erhalten – nach Möglichkeit mehr, heißt es vom Kultusministerium.

Auch an den weiterführenden Schulen ist ein solcher Wechselunterricht geplant, allerdings erst, sobald es die Inzidenz zulässt. Ab welcher Inzidenz das möglich ist, steht allerdings noch nicht fest. Bisher sind nur die Abschlussklassen in den Schulen.

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Erstellt:
23. Februar 2021, 06:00 Uhr

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