Kauferlebnis statt virtueller Warenschau

Das Konzept Click&Meet, das seit gestern im Einzelhandel im Rems-Murr-Kreis praktiziert wird, ist nicht neu. Nur die Auflagen sind andere als noch vor zwei Monaten. Am Freitag hielt sich der Andrang aber noch in Grenzen.

Click&Meet in Backnang: Markus Sammet vom Modegeschäft Schwarzmarkt nimmt den Impfpass einer Kundin in Augenschein. Bei ihm hat man als Kunde auch Gelegenheit, den Einkaufstermin gleich an der Ladentür auszumachen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Click&Meet in Backnang: Markus Sammet vom Modegeschäft Schwarzmarkt nimmt den Impfpass einer Kundin in Augenschein. Bei ihm hat man als Kunde auch Gelegenheit, den Einkaufstermin gleich an der Ladentür auszumachen. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. An Auswahl mangelt es nun wirklich nicht. Mit kurzen Wischbewegungen der Finger über den Bildschirm kann man eine kaum enden wollende Reihe aus Produkten verschiedenster Größen, Farben und Eigenschaften durchlaufen. Mit zwei, drei Klicks landet das gewünschte Objekt erst in einem virtuellen Einkaufswagen und wird dann nach der bargeldlosen Zahlung für gewöhnlich schon nach wenigen Tagen, im Expressverfahren mitunter sogar schon nach Stunden vom Zustelldienst an der Haustür abgeliefert. Es geht kaum einfacher. Aber dennoch fehlt etwas. „Das Zwischenmenschliche“, so benennt es Markus Sammet. „Die Leute wollen die Stoffe fühlen, sich umgucken, sie wollen Beratung, Service und auch ein nettes zwangloses Gespräch“, weiß Sammet als Geschäftsführer des Backnanger Modegeschäfts Schwarzmarkt. Seit gestern ist das in den Läden im Rems-Murr-Kreis wieder möglich.

Click&Meet heißt hier das Zauberwort und dürfte dem einen oder anderen bekannt vorkommen. Das gab es vor zwei Monaten schon einmal, allerdings unter anderen Vorzeichen oder besser gesagt mit anderen Auflagen. Seit dem gestrigen Freitag dürfen von Corona Genesene und Geimpfte ebenso wie getestete Kunden durch die Läden schlendern. Deren Betreiber müssen sich die entsprechenden Nachweise zeigen lassen. Auch die Masken- und Abstandspflicht gilt es einzuhalten. Die Zahl der Besucher ist je nach Ladenfläche begrenzt.

An Möglichkeiten, sich testen zu lassen, mangelt es den Kundenin Backnang nicht.

Gestern hielt sich der Andrang der Kunden noch in Grenzen. Aber für heute hatten sich schon einige Leute angekündigt, wie Sammet im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Ihm und seinem Team war aber von vornherein klar, dass die meisten Kaufwilligen sich erst kurzfristig entscheiden, einkaufen zu gehen, und dann an der Tür fragen, ob sie reindürfen. Auch der Wochenmarkt vor der Tür lockt mehr Leute in die Innenstadt als an den sonstigen Tagen, weiß er. Ihm zufolge werden sich nicht mehr als zehn Kunden gleichzeitig im Schwarzmarkt mit seinen 400 Quadratmetern Verkaufsfläche aufhalten. „Ich freue mich über diesen ersten wichtigen Schritt“, sagt Sammet und meint damit den stationären Handel in Backnang insgesamt, der nun wieder mit Menschen und somit mit Leben gefüllt wird. Auch sein Verkaufsteam sei motiviert und habe Lust auf die Begegnung mit den Kunden. Was nicht heißt, dass Sammet die Klaviatur des Internets nicht zu spielen und dessen Möglichkeiten nicht zu schätzen wisse, so sehr er auch auf den direkten zwischenmenschlichen Kontakt setzt. „Corona hat uns mehr Zusammenhalt gelehrt und wir sind digital besser geworden, wenn ich das so sagen darf.“ Auf der Internetplattform Instagram zum Beispiel hat das Schwarzmarkt-Team viel gemacht, hat mal cool wirkende, mal witzige Fotoserien eingestellt und so versucht, die Kunden bei der Kleiderstange zu halten. Die Zahl der Instagram-Abonnenten nähert sich den 4500, Tendenz nach oben – für ein lokales Geschäft dieser Größe recht ansehnlich. Die Möglichkeit, selbst Tests im eigenen Laden anzubieten, hatte Sammet angedacht, dann aber wieder verworfen. Sammet: „Ich will den Kunden hier nicht mit einem Stäbchen auf den Leib rücken. Dafür gibt es Spezialisten und ausreichend Möglichkeiten in der Nähe“. Das üppige Angebot an Teststellen weiß auch Sigrid Göttlich zu loben. „Die Testkapazität in Backnang ist hervorragend ausgebaut“, sagt die Betreiberin des Modegeschäfts, die sich auch im Vorstand des Vereins Stadtmarketing der Murr-Metropole engagiert. Der Verein habe sich sehr dafür eingesetzt, dass es genügend Teststellen gibt. „Und Reiner Gauger hat sich sehr dafür ins Zeug gelegt“, lobt die Unternehmerin den städtischen Wirtschaftsbeauftragten. In den umliegenden Apotheken werde quasi im Dreiminutentakt getestet, so Göttlichs Beobachtung.

Click&Collect, also die terminierte Abholung durch die Kunden, sei bislang ein Segen gewesen, zumal sich der Handelsverband sehr dafür eingesetzt hatte. Aber mit dem Einkaufen vor Ort sei das nicht zu vergleichen, so die Geschäftsfrau: „Da lässt man sich Zeit, lässt sich inspirieren von dem, was man sieht, nimmt spontan noch was anderes in die Hand und probiert es vielleicht auch noch in einer anderen Farbe – all das ist ein Kauferlebnis, das geht online so nicht.“

Eher verhalten war gestern auch der Besucherandrang im Modepark Röther in Backnang. „Aber die Kunden, die da waren, waren glücklich“, berichtet Marion Schulze als Filialleiterin des Unternehmens. Noch mehr Schwung im Geschäft erhofft man sich bei Röther durch das neue Testzentrum, das auf Initiative des Unternehmens in Kürze am Standort in der Sulzbacher Straße seinen Betrieb aufnimmt. 177 Kunden dürfen gleichzeitig in der Backnanger Röther-Filiale einkaufen. Dass die coronabedingte Kapazitätsgrenze aufgrund des Andrangs überschritten wird und sich die Kunden auf den Füßen stehen, sieht Schulze nicht als Gefahr: „Wir sind ein großes Haus und hier herrscht immer ein reges Kommen und Gehen.“

Testkapazitäten in Backnang

Wie Reiner Gauger, der städtische Wirtschaftsbeauftragte, berichtet, zieht das Testzentrum, das seit Anfang Mai von der Firma Minessa Medical Deutschland GmbH aus Winnenden in Backnang betrieben wurde, vom Standort neben dem Taxistand am Bahnhof um. Voraussichtlich ab Dienstag ist die Einrichtung dann in der Grabenstraße in der Backnanger Innenstadt zu finden, ungefähr auf Höhe des Geschäfts Gerry Weber, wie Gauger präzisiert.

Voraussichtlich am Donnerstag kommender Woche wird ein weiteres Testzentrum in Backnang den Betrieb aufnehmen. Auf Initiative des Modeparks Röther wird dieses Angebot im Hof des Modeparks in der Sulzbacher Straße 203 eingerichtet und von einer Firma betrieben, die auch schon ein solches Testzentrum an der Röther-Filiale in Aalen betreibt. „Dort wurden gute Erfahrungen damit gemacht“, so Marion Schulze von der Backnanger Filiale. „Hier können die Kunden sich dann auch im Auto sitzend testen lassen und auf das Ergebnis warten, das ihnen aufs Handy geschickt wird.“ Die Teststelle wird täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet sein, so Schulze weiter.

Laut Reiner Gauger wird es – neben den genannten Testzentren und der Teststelle auf dem Parkplatz Bleichwiese – noch ein weiteres Angebot zum Testen in Backnang geben. Der neue Investor Wonnemar soll angekündigt haben, ein Testzentrum am Schwimmbad einzurichten, sobald die Einrichtung öffnen darf. Insgesamt sieht Gauger die Stadt im Bereich Testungen gut aufgestellt. Grundsätzlich seien hier 5000 Tests pro Tag möglich.

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Erstellt:
22. Mai 2021, 06:00 Uhr

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