Klassenzimmer bleiben leer

Bis auf wenige Ausnahmen findet der Schulunterricht vorerst wieder Zuhause statt. Die Schulen sehen sich gut vorbereitet, würden Präsenzunterricht aber bevorzugen.

Foto: A. Becher

© Alexander Becher

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Von Kristin Doberer

BACKNANG/WEISSACH IM TAL. Lernmaterial kopieren, Päckchen mit Arbeitsblättern packen und ausfahren, Anrufe bei Schülern, Mailkontakt mit den Eltern und vereinzelt auch Online-Konferenzen. So sieht der Fernunterricht für viele Grundschulen in der nächsten Woche wieder aus. Der Lockdown wurde bis Ende Januar verlängert, Schulen bleiben geschlossen. Für Grundschüler ist der Zugriff auf Online-Programme besonders schwierig, sie brauchen dabei viel Unterstützung. Auch die Infrastruktur fehlt in vielen kleineren Grundschulen noch immer. Trotzdem gehen die Schulleiter relativ entspannt in die kommende Woche Fernunterricht. „Das Material, das wir eigentlich im Unterricht verwenden wollten, müssen wir stattdessen eben verpacken und direkt zu den Schülern ausfahren. Aber das ist ja nicht das erste Mal“, sagt Bettina Stach, Rektorin der Schule an der Weissach. „Der größte Aufwand ist das Umplanen und Organisieren. Welche Schüler sind in der Notbetreuung und brauchen ihr Material vor Ort? Und welche brauchen es nach Hause geliefert“, sagt die Schulleiterin der zweizügigen Grundschule in Weissach im Tal. Mittlerweile haben sie und das Kollegium sich aber ganz gut an die Situation gewöhnt, dass es immer mal wieder schnell zu Homeschooling kommt. Besonders in den Wochen vor Weihnachten seien wiederholt Schüler oder ganze Klassen wegen Quarantäne Zuhause unterrichtet worden. Auch da mussten die Lehrer schnell auf den Fernunterricht umschalten.

Die Schulen haben sich gut auf verschiedene Szenarien vorbereitet.

Als Jochen Nossek, Schulleiter der Gemeinschaftsschule in der Taus, am Mittwoch die genauen Anweisungen für die kommenden Wochen erhalten hat, war eigentlich schon fast alles organisiert. „Wir haben seit dem Sommer drei Szenarien in der Schublade: Präsenzunterricht, Fernunterricht und hybrider Unterricht“, sagt Nossek. „Im Gegensatz zum Ministerium waren wir vorbereitet.“ Der Wechsel zwischen den verschiedenen Unterrichtsformen sei mittlerweile eingespielt und laufe problemlos ab. Das liege aber auch daran, dass die technische Ausstattung schon lange vor Corona auf einem hohen Niveau war. Mittlerweile haben alle Schüler ein Endgerät, mit dem sie auch Zuhause arbeiten können, sowie einen Zugang zu der Videokonferenzsoftware Teams - auch die Grundschüler. „Dabei geht es uns beim Fernunterricht der Grundschüler gar nicht so sehr um den Lernstoff und den Lehrplan“, sagt Nossek. Viel wichtiger sei es, den Kontakt zu den Schülern aufrecht zu erhalten. Etwas zu lesen, von den Ferien zu erzählen und einfach den Anschluss zu behalten. Die aktuelle Situation gehe auch an den Kindern nicht spurlos vorüber, es sei wichtig, sie nicht einfach mit zu viel Material zu überfordern, sondern sie zum Weiterlernen zu motivieren.

Etwas anders ist die Lage bei Schülern, die vor ihren Abschlussprüfungen stehen. Aufgrund der besonderen Situation kann für sie ab dem 11. Januar ergänzend zum Fernunterricht auch Präsenzunterricht angeboten werden, sofern dies zwingend zur Prüfungsvorbereitung erforderlich ist. Darauf will Nossek auf keinen Fall verzichten, die Schüler der neunten und zehnten Klassen sollen teilweise schon am 11. wieder in die Schule kommen. „Allerdings nur in kleinen Gruppen von maximal zehn Schülern und nur für etwa drei bis vier Stunden.“ Hierbei soll sich ausschließlich auf die Prüfungsfächer konzentriert werden. Nebenfächer sollen hintangestellt werden und wieder Zuhause stattfinden. „Noch gibt es hier aber keinen Zeitdruck“, sagt Heinz Harter, Rektor an der Max-Eyth-Realschule und geschäftsführender Schulleiter der Backnanger Schulen. „Seit Schulbeginn haben die Lehrer im Hinterkopf gehabt, dass eine solche Situation wieder kommen kann und bereits möglichst viele Leistungserhebungen durchgeführt.“ Und in Fällen, in denen dringend noch Noten erhoben werden müssen, seien auch Ausnahmen möglich. Das betrifft vor allem die Schüler, die sich mit ihrem Halbjahreszeugnis bewerben müssen oder die vor dem Übertritt in eine weiterführende Schule stehen. Auch sei die allgemeine Prüfungszeit für die Abschlussprüfungen schon zum Anfang des Schuljahres um einige Wochen nach hinten verlegt worden, damit mehr Lernzeit bleibt. „Die Situation der Abschlussklassen müssen wir aber trotzdem besonders im Blick behalten“, sagt Harter. Allgemein sieht er die Vorgehensweise als angemessen, sie bewege sich im Rahmen des allgemeinen Lockdown.

Ab Montag wieder Alltag: Bis Ende Januar muss Fernunterricht für einen Großteil der Schüler stattfinden. Nicht alle Schulen haben eine so gute technische Ausstattung, wie die Gemeinschaftsschule in der Taus. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Ab Montag wieder Alltag: Bis Ende Januar muss Fernunterricht für einen Großteil der Schüler stattfinden. Nicht alle Schulen haben eine so gute technische Ausstattung, wie die Gemeinschaftsschule in der Taus. Archivfoto: J. Fiedler

Das sieht Nossek etwas anders. Zwar gebe es von vielen Eltern recht positive Rückmeldungen zur Gestaltung und Organisation des Fernunterrichts, aber er plädiert trotzdem für den Wechselunterricht. „Trotz technisch guter Ausstattung, kann nichts den direkten Kontakt mit den Schülern ersetzen“, sagt der Schulleiter der Tausschule. Auch kritisiert er das Kultusministerium in Bezug auf die immer neuen Entscheidungen. „Meist erfahren wir Schulleiter nur 24 Stunden vorher, was wir dann direkt umsetzen sollen. Wir sind zwar flexibel, werden gegenüber den Eltern aber etwas unglaubwürdig.“ Bisher ist der Fernunterricht für Baden-Württembergs Grundschüler nur für eine Woche geplant. Wenn es die Infektionszahlen zulassen, sollen Kitas und Grundschulen schon ab dem 18. Januar wieder öffnen können. Bei Bettina Stach führt das zu gemischten Gefühlen. „Ich bin hin- und hergerissen. Für die Kinder wäre es am besten, wenn sie in die Schule kommen können. Auf der anderen Seite ist das ständige Hin und Her, wenn Klassen in Quarantäne müssen, auch nicht gut.“

Notbetreuung in Schulen und Kitas werden weiterhin angeboten.

Auch Roland Jeck, stellvertretender Schulamtsleiter in Backnang, ist dieser Meinung: „Vor allem Grundschüler sind im Präsenzunterricht einfach besser aufgehoben.“ Er hofft, dass es relativ schnell wieder zumindest zu Wechselunterricht kommen kann. In den Kitas und Schulen wird bis dahin auch weiter Notbetreuung angeboten. Diese, so Jeck, sei zwar in den Tagen vor Weihnachten kaum angenommen worden, aber nun rechnet er damit, dass wieder viel mehr Eltern auf die Notbetreuung zurückgreifen.

Das vermutet auch Christine Wolff, Pressereferentin der Stadt Backnang. Viele Eltern haben sich für die Kitaschließungen vor Weihnachten noch Urlaub nehmen können, das wird nicht für alle auch jetzt möglich sein. Während es für die Schulen bei sinkenden Infektionszahlen bereits Pläne für einen Stufenplan gibt, ist die Situation in den Kitas aber noch nicht abzusehen. In Baden-Württemberg sollen diese schon ab dem 18. Januar wieder öffnen. Ob das allerdings in kleineren Gruppen mit einem Wechselsystem passieren soll oder in voller Gruppenstärke, ist noch nicht bekannt, die Träger wissen noch nicht Bescheid. „Da müssen wir abwarten, was vom Land kommt und das dann so schnell wie möglich umsetzten“, sagt Wolff.

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Erstellt:
8. Januar 2021, 06:00 Uhr

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