Konjunktureller Tiefpunkt scheint überwunden

Nach dem coronabedingten massiven Wirtschaftseinbruch im vergangenen Jahr blicken die Betriebe in der Region offenbar etwas zuversichtlicher ins neue Jahr. Die Rems-Murr-Bezirksgruppe des Arbeitgeberverbands Südwestmetall hatte dazu eine Umfrage gestartet, deren Ergebnisse nun erörtert wurden.

Für die Tesat ist das Pandemiejahr 2020 sehr gut verlaufen. Zu den Projekten zählte auch Sentinel-6, ein Satellit des europäischen KopernikusProgramms zur Klimaüberwachung, für den Tesat einige wesentliche Bestandteile lieferte. Foto: ESA/ATG Medialab

Für die Tesat ist das Pandemiejahr 2020 sehr gut verlaufen. Zu den Projekten zählte auch Sentinel-6, ein Satellit des europäischen KopernikusProgramms zur Klimaüberwachung, für den Tesat einige wesentliche Bestandteile lieferte. Foto: ESA/ATG Medialab

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG/WAIBLINGEN. Wie unterschiedlich sich die Coronapandemie auf die einzelnen Akteure der Wirtschaft auswirkt, wurde nun in der Jahrespressekonferenz des Arbeitgeberverbands Südwestmetall deutlich. Die Bandbreite der Bewertungen des vergangenen Wirtschaftsjahres reichten von „katastrophal“ bis „supergut“, auch wenn man als Verband grundsätzlich immer bemüht ist, mit einer Stimme sprechen. Die Südwestmetall-Bezirksgruppe Rems-Murr hatte vier Geschäftsführer regionaler Unternehmen eingeladen. Marc Steckling, Geschäftsführer des Unternehmens Tesat-Spacecom in Backnang, Johannes Maier von der Andreas Maier GmbH&Co.KG aus Fellbach, Michael Ruster von ZF Automotive Germany in Alfdorf und Bernd Klingel vom Winterbacher Unternehmen Lanco Integrated lieferten Zahlen und Fakten aus ihrem jeweiligen Geschäftsfeld und skizzierten gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Bezirksgruppe, Michael Prochaska, der als Vorstand Personal und Recht der Waiblinger Stihl AG&Co.KG tätig ist, wie sich die Lage im Bereich der Metall- und Elektroindustrie darstellt. Auch die Ergebnisse einer Umfrage in den Mitgliedsbetrieben der Bezirksgruppe wurden thematisiert.

Während Michael Ruster für die Alfdorfer ZF Automotive von einem sehr schwierigen vergangenen Jahr sprach, berichtete Steckling für die Tesat-Spacecom von „einem superguten Jahr mit spannenden Projekten“. Das Backnanger Unternehmen mit seinen 1050 Mitarbeitern konnte Steckling zufolge 2020 einen Auftragseingang in vorläufiger Höhe von 268 Millionen Euro verbuchen. Steckling: „Dank unseres medizinischen Diensts und Krisenteams vor Ort haben wir die Coronakrise hervorragend gemeistert. Tesat war weder von Kurzarbeit oder gar Schließung betroffen.“

Für die Stihl AG sei das zurückliegende Pandemiejahr auch ordentlich verlaufen, so Prochaska. Durch ein effektives Gesundheitsmanagement – unter anderem durch Homeoffice, kostenlose Schnelltests für die Mitarbeiter und entsprechende Maßnahmen in der Werkskantine – habe man nur ein moderates Infektionsgeschehen zu verzeichnen gehabt. Prochaska: „Wir haben den Fokus auf die Gesundheit unserer Beschäftigten und die Aufrechterhaltung der Lieferkette gelegt, konnten immer weitermachen und sogar neue Mitarbeiter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen.“ Prochaska erinnerte daran, dass sich die heimische Metall- und Elektroindustrie schon seit Mitte 2018 in einer Abschwungphase befinde: „Die Coronakrise hat den zyklischen Abschwung noch einmal dramatisch verstärkt.“ Zudem befinde sich die Branche im Zuge von Digitalisierung und Dekarbonisierung mitten in einem gewaltigen Transformationsprozess, der durch die Coronapandemie sogar noch verstärkt worden sei. „Unsere Unternehmen müssen gewaltige Investitionen tätigen, um im Strukturwandel bestehen zu können“, erklärte er. Im Rems-Murr-Kreis scheine nun zumindest der konjunkturelle Tiefpunkt überwunden zu sein: „Nach dem coronabedingten massiven Wirtschaftseinbruch im vergangenen Jahr überrascht es nicht, dass die Betriebe etwas zuversichtlicher ins neue Jahr blicken“, kommentierte Prochaska die Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen.

Nachdem die Branche die konjunkturelle Talsohle offenbar hinter sich gelassen habe, könne es eben nur bergauf gehen, bemerkte er. Die Umfrage von November und Dezember vergangenen Jahres sei aber heute leider nur noch bedingt aussagekräftig, schränkte Prochaska ein: „Zum Zeitpunkt der Umfrage gingen die Unternehmen noch davon aus, dass sich die Situation durch den Lockdown rasch wieder verbessern würde. Deshalb waren die Unternehmen damals bezüglich der weiteren Entwicklung ihrer Geschäfte auch noch optimistischer. Doch statt einer Besserung ist eine weitere Verschlechterung der Coronalage eingetreten: Die Fallzahlen bewegen sich auf traurigem Rekordniveau.“ Dies müsse man bei der Interpretation der Zahlen berücksichtigen.

Umfrage zum Auftragsbestand und zur erwarteten Geschäftsentwicklung im Rems-Murr-Kreis

Gegenwärtig bezeichnen im Rems-Murr-Kreis 32,4 Prozent der befragten Unternehmen ihren Auftragsbestand als gut. In der Umfrage des Vorjahres waren es 20,0 Prozent). 27,0 Prozent bewerten ihn als befriedigend (Vorjahr: 44,4 Prozent). Aber 40,5 Prozent beurteilen ihn als schlecht (Vorjahr: 33,3 Prozent).

Die Erwartungen für das neue Jahr sehen positiver aus: 37,8 Prozent der Unternehmen sehen für 2021 eine ansteigende Geschäftsentwicklung (Vorjahr: 22,2 Prozent). 27,0 Prozent erwarten eine gleichbleibende Entwicklung (Vorjahr: 22,2 Prozent) und 35,1 Prozent rechnen mit einer rückläufigen (Vorjahr: 55,6 Prozent).

Lediglich 20,0 Prozent der Maschinenbauer erwarten für 2021 steigende Geschäfte (Vorjahr: 18,8 Prozent), 30,0 Prozent sehen gleichbleibende (Vorjahr: 18,8 Prozent). Doch 50,0 Prozent rechnen auch für das neue Jahr mit einer rückläufigen Geschäftsentwicklung (Vorjahr: 62,5 Prozent).

In der Metallbranche sieht das Bild etwas besser aus: Hier erwarten 28,6 Prozent eine steigende Geschäftsentwicklung im neuen Jahr (Vorjahr: 10,0 Prozent). Ebenfalls 28,6 Prozent sehen eine gleichbleibende Geschäftsentwicklung (Vorjahr: 20,0 Prozent), während 42,9 Prozent von einer rückläufigen Entwicklung ausgehen (Vorjahr: 70,0 Prozent).

Bei den Automobilzulieferern ist die Stimmung hingegen deutlich besser: 50 Prozent der befragten Unternehmen erwarten steigende Geschäfte (Vorjahr: 0,0 Prozent), 25,0 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Geschäften (Vorjahr: 40,0 Prozent) und weitere 25,0 Prozent prognostizieren einen Rückgang ihrer Geschäfte (Vorjahr: 60,0 Prozent).

Optimistischer präsentieren sich die Elektrounternehmen: Hier gehen immerhin 66,7 Prozent von steigenden Geschäften aus (Vorjahr: 37,5 Prozent). 16,7 Prozent erwarten gleichbleibende Geschäfte (Vorjahr: 25,0 Prozent) und weitere 16,7 Prozent rückläufige (Vorjahr: 37,5 Prozent).

(Quelle: Südwestmetall Rems-Murr)

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Erstellt:
20. Januar 2021, 06:00 Uhr

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