Kreis nähert sich dem Hotspot-Status
Im Rems-Murr-Kreis steigen die Coronazahlen weiterhin an, die Inzidenz lag am Montag bereits bei 194. Also knapp unter dem kritischen Sieben-Tage-Wert von 200 Neuinfektionen. Ab diesem Wert muss der Landkreis weitere Beschränkungen einführen.

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Immer häufiger fallen Coronatests positiv aus. Foto: Landratsamt
Von Kristin Doberer
WAIBLINGEN. Nächtliche Ausgangssperren, weitere Kontaktbeschränkungen, mehr Einschränkungen für den Einzelhandel und Schließungen von Friseuren: Das könnte in dieser Woche noch auf den Rems-Murr-Kreis zukommen. Denn trotz fünf Wochen Teil-Lockdown bleiben die Coronainfektionen hoch und steigen zum Teil sogar weiter an. Der Rems-Murr-Kreis bewegt sich immer mehr auf die kritische Inzidenz von 200 Infizierten pro 100000 Einwohner zu. Das ist der Wert, ab dem der Kreis formal als Hotspot gilt und ab dem das Landratsamt neue Einschränkungen erlassen muss. Am Samstag stieg die Inzidenz auf 191, am Montag bereits auf 194, die Wahrscheinlichkeit, dass der Kreis den Wert von 200 in den kommenden Tagen überschreiten wird, ist also sehr hoch.
Doch neue Einschränkungen und schärfere Regeln werden nicht über Nacht kommen. Erst wenn die Inzidenz für drei aufeinander folgende Tage lang über dem kritischen Wert bleibt, gilt ein Landkreis offiziell als Hotspot. Das Landratsamt möchte möglichst gut auf das Überschreiten dieser Schwelle vorbereitet sein und hat eine mögliche Allgemeinverfügung schon in der Schublade. Wie genau die neuen Einschränkungen aussehen werden, ist noch nicht abschließend entschieden. Im Raum stehen etwa nächtliche Ausgangssperren von 21 bis 5 Uhr, Kontaktbeschränkungen auf fünf Personen aus maximal zwei Haushalten – in Hotspots sogar über die Feiertage –, die Schließung von Friseurgeschäften, Sonnenstudios und Barbershops sowie ein generelles Veranstaltungsverbot. „Das sind tief greifende Eingriffe“, sagt Landrat Richard Sigel. Gelten werden diese Regeln für alle Städte und Gemeinden im Rems-Murr-Kreis, auch wenn die örtlichen Infektionszahlen vereinzelt sehr gering sind.
Welche Regeln gelten bei Inzidenz von 200? Vieles ist noch offen.
Als Grundlage dient die Hotspot-Strategie des Landes, diese lasse aber noch Fragen offen. „Etwa ob es wirklich zielführend ist, den Einzelhandel und Friseurgeschäfte weiter einzuschränken“, sagt der Landrat. Zu diesen Punkten will er Kontakt zu Landkreisen wie zum Beispiel Tuttlingen aufnehmen, die vergangene Woche bereits über der 200er-Marke lagen. Die Verfügung werde zwar ganz ähnlich sein, der Landrat erhofft sich von den Hotspot-Landkreisen aber noch Erfahrungswerte, damit die im Rems-Murr-Kreis geplanten Maßnahmen auch verhältnismäßig bleiben. Auch in weiteren Fällen müsse die Allgemeinverfügung in bestimmten Einzelbegründungen noch scharf gestellt werden.
Sorgen machte besonders, wie bei Erreichen der 200er-Schwelle der Alltag in Schulen und Kitas aussehen soll. Nun gibt es zumindest Regeln für die Schulen: Das Kultusministerium ermöglicht ab heute Wechselunterricht in Landkreisen mit besonders hohen Infektionszahlen, allerdings nur für Schüler ab der achten Jahrgangsstufe. Dadurch können Gruppen geteilt und Kontakte eingeschränkt werden. Dass auch unter Kindern die Infektionen steigen, zeigt das Schnelltestzentrum, das innerhalb von vier Wochen mehr als 2300 Schüler und Kita-Kinder getestet hat. Dabei habe man in den vergangenen Wochen eine deutliche Steigerung der positiven Ergebnisse festgestellt. In der vergangenen Woche hat die Positivquote bei 3,2 Prozent gelegen, eine Woche vorher war diese Rate noch bei 2,5 Prozent – lange lag sie auch unter einem Prozent.
Auch in den Rems-Murr-Kliniken zeigen sich die steigenden Zahlen. Mittlerweile sind 76 Corona-Patienten stationär aufgenommen, 14 liegen auf der Intensivstation und 12 davon müssen beatmet werden. Noch können die Kliniken die Patienten versorgen, „aber es brauchen schon deutlich mehr Menschen medizinische Versorgung, als wir uns wünschen würden“, so Sigel.
Warum sich nun ausgerechnet der Rems-Murr-Kreis zu einem Hotspot zu entwickeln scheint, ist schwer zu sagen. Es gab – zumindest soweit das Landratsamt weiß – keine Superspreading-Events, es ist auch keine bestimmte Personengruppe, die die Infektionen in die Höhe treibt. Zwar habe es in Einrichtungen wie zum Beispiel der Diakonie Stetten immer wieder Infektionsherde gegeben, aber das liege daran, dass viele Menschen auf engem Raum zusammenleben.
Mit Blick auf das Impfzentrum ist der Landrat zuversichtlich. Er glaubt, dass die Impfbereitschaft im Kreis groß ist. „Die Impfung wird der Schlüssel zurück zur Normalität, genau das ist es ja, was viele wollen“, so Sigel. Zwar fehlen noch die Rahmenbedingungen zu den zukünftigen Impfzentren in der Waiblinger Rundsporthalle (wir berichteten), trotzdem habe sich das Landratsamt bereits vorbereitet. So wurden Messebauer angefragt, Kontakt zu ehrenamtlichen Organisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz aufgenommen, und so bald wie möglich will man mit der Stellenausschreibung für das Personal des Impfzentrums beginnen.
Trotz aller Vorbereitungen appelliert der Landrat an die Bevölkerung: „Die Zahlen gehen leider nicht dorthin, wo wir es gerne hätten. Deshalb müssen wir uns alle anstrengen und mithelfen, damit wir das Virus in den Griff bekommen.“

Die Lage in den Städten und Gemeinden: Neue Hotspot-Regeln würden überall gelten, auch in Gemeinden mit wenigen Infektionsfällen.
Am Montag wurden im Kreis 70 Neuinfektionen gemeldet, damit steigt die Gesamtzahl der Infizierten auf 7516. Als genesen gelten 6553, demnach befinden sich aktuell 834 Infizierte in Quarantäne.
Es wurde ein weiterer Todesfall mit einem positiven Covid-19-Test gemeldet, damit steigt die Zahl der Verstorbenen auf 129.