Landkreis plant Corona-Testzentrum

Landrat Richard Sigel hat per Eilentscheidung die unverzügliche Einrichtung beauftragt. Grund dafür sind überlastete Labore und ein Rückstau von Proben. An welchem Klinikum das Testzentrum angesiedelt wird, ist noch nicht bekannt.

Im Hauptlabor des Rems-Murr-Kreises gibt es angesichts der steigenden Coronainfektionszahlen einen Rückstau an Proben. Foto: B. Büttner

© Benjamin Büttner

Im Hauptlabor des Rems-Murr-Kreises gibt es angesichts der steigenden Coronainfektionszahlen einen Rückstau an Proben. Foto: B. Büttner

Von Lorena Greppo

WAIBLINGEN. Seit anderthalb Wochen ist der Rems-Murr-Kreis offiziell Coronarisikogebiet. Seitdem sind die Infektionszahlen rasant gestiegen, der 7-Tage-Inzidenzwert liegt – Stand gestern – bei 94. In der Folge steigt auch für die Testlabore die Arbeitsbelastung. „Die Laborkapazitäten und das Testequipment sind erschöpft“, heißt es vonseiten des Landratsamts. Das Team im Hauptlabor des Rems-Murr-Kreises komme nicht mehr nach mit den Tests, die Proben stauen sich. Dies führe mittlerweile zu einer Bearbeitungsdauer von drei bis vier Tagen, in Einzelfällen sogar bis zu fünf Tagen. „Die Labore und die niedergelassenen Ärzte haben uns rückgemeldet, dass sie damit an ihre Belastungsgrenzen kommen“, erklärt Leonie Ries von der Pressestelle des Landratsamts Rems-Murr. Wenn es einen Coronafall in einer Schule oder Kita gab, müsse die ganze Klasse beziehungsweise Gruppe getestet werden – auch wenn der Kontakt zur infizierten Person womöglich nur lose war. „Die Ärzte können das nicht mehr abdecken.“ Per Eilentscheidung des Landrats wurden deshalb nun die Rems-Murr-Kliniken und das Deutsche Rote Kreuz mit dem Ausbau der bisherigen Teststrukturen und der Errichtung eines Testzentrums beauftragt. Wann dieses an den Start geht, könne noch nicht gesagt werden. „Wir sind noch nicht ganz so weit“, erklärte Ries. Das Zentrum werde an die Kliniken angebunden, als wahrscheinlicher gelte momentan der Standort in Winnenden. Voraussichtlich bis Ende der Woche solle die Entscheidung spruchreif sein, heißt es.

Bei den Kosten geht der Landkreis in Vorleistung.

Bislang werden ausschließlich sogenannte PCR-Tests gemacht – auch bei Reihentestungen in Schulen und Kitas. Diese sind und bleiben laut Bundesgesundheitsministerium aufgrund ihrer hohen Verlässlichkeit weiterhin essenzieller Bestandteil der Teststrategie. Im geplanten Testzentrum sollen hingegen sogenannte PoC-Antigen-Tests zum Einsatz kommen. „Sie gehen schneller und binden keine weiteren Kapazitäten“, erklärt Ries. Allerdings ist bei dieser Art Test die Wahrscheinlichkeit, ein falsch-negatives Ergebnis zu bekommen, höher. Deswegen sollen die Antigentests nur bei genannten Reihentests eingesetzt werden und auch nur dann, wenn die betroffenen Personen keine Symptome einer Coronaerkrankung aufweisen.

„Die Rems-Murr-Kliniken haben ausreichend PoC-Antigen-Tests beschafft, um ein verlässliches Testkonzept in den kommenden Monaten umzusetzen“, heißt es vonseiten des Landratsamts. Demnach werden monatlich rund 25000 Tests benötigt. Es können aus diesem Kontingent zudem weitere Testungen für Schulen, Kitas und auch eine erste Testung von Pflegeeinrichtungen erfolgen. Ein Problem gibt es in der Sache allerdings: Für den Aufbau von weiteren Teststrukturen mittels PoC-Antigen-Tests sind noch nicht alle Rahmenbedingungen zur Abrechnung durch Bund und Land abschließend geklärt. Im Klartext bedeutet das: Der Landkreis muss in Vorleistung gehen – verbunden mit dem Risiko, dass die Kosten im Nachhinein nicht gänzlich übernommen werden. „Der schnelle Aufbau von Strukturen ist allerdings mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen und das Ende der Herbstferien dringend geboten“, so das Landratsamt. Nach Gesprächen des Landrats mit dem Kultusministerium und der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg sei jedoch eine grundsätzliche Kostenzusage erreicht worden. Die Eilentscheidung umfasst Sach- und Personalkosten von rund 400000 Euro. Die Kosten sind letztlich von der Zahl der Tests abhängig. Kalkuliert werde mit einem Testzentrum, das an fünf Tagen in der Woche arbeitet. In den kommenden Monaten sollen bis zu 25000 Tests für Schulen und Kitas abgewickelt werden können, das entspricht etwa 1000 Schulklassen und Kita-Gruppen. Weitere 15000 Tests sollen für eine Schulung des Pflegepersonals und eine erste Testung dieser Personen genutzt werden. Nach der Schulung sollen die 124 Pflegeeinrichtungen selbst in der Lage sein, die Tests vorzunehmen. Die SPD-Fraktion im Kreistag begrüßt die Entscheidung. Diese Strategie könne „eine Chance zur Eindämmung der Pandemie im Kreis sein“, äußerte sich der Fraktionsvorsitzende Klaus Riedel.

Zum Artikel

Erstellt:
29. Oktober 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen