Landrat Richard Sigel zufrieden mit dem Ergebnis des Impfgipfels

Bei dem ersten digitalen kommunalen Treffen am Freitag wurde unter anderem eine Impfstoffverteilung nach Bevölkerungsdichte beschlossen.

„Wir sehen keine Konkurrenz zwischen Impfzentren, Arztpraxen und Betriebsärzten“, sagt Landrat Richard Sigel. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

„Wir sehen keine Konkurrenz zwischen Impfzentren, Arztpraxen und Betriebsärzten“, sagt Landrat Richard Sigel. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

BACKNANG. Rund 100 Teilnehmer waren bei dem ersten kommunalen Impfgipfel anwesend, der am Freitag als Videokonferenz umgesetzt wurde, darunter Kommunalpolitiker, Vertreter von Ärztekammer, Apothekerverband und Krankenhausgesellschaft. Das digitale Treffen sollte den Auftakt zur nächsten Phase der Impfkampagne bilden. Dazu eingeladen hatte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne).

Mit dem Ergebnis ist Landrat Richard Sigel nach eigener Aussage „durchaus zufrieden“, wie er am Telefon betont. Zwei der zentralen Forderungen des Landkreises sollen erfüllt werden: Zum einen habe es ein klares Bekenntnis zu mehr Impfstoff für den Landkreis gegeben, zum anderen soll mehr Transparenz geschaffen werden. „Dafür hat sich der Einsatz gelohnt“, sagt auch Martina Keck von der Pressestelle des Landratsamts.

Das Hauptthema der Versammlung war, wenig überraschend, die Verteilung des Impfstoffs. Dabei möchte das Land in Zukunft auf drei Säulen setzen: Impfzentren, Arztpraxen und Betriebsärzte. „Unser Ziel ist, bis zum Herbst jedem Erwachsenen in Baden-Württemberg ein Impfangebot zu machen. Dafür brauchen wir alle Kräfte beim Impfen“, so Lucha nach dem digitalen Austausch.

Im Mai sind von Herstellern und Bund noch einmal höhere Impfstofflieferungen angekündigt. Die Verteilung auf die Land- und Stadtkreise soll dann regional angepasst werden. Dafür soll etwa die Bevölkerungszahl eine Rolle spielen – was Landrat Sigel schon lange fordert. Er hält den Rems-Murr-Kreis mit seiner hohen Bevölkerungsdichte im Vergleich für nicht ausreichend berücksichtigt und hatte die Einwohner wiederholt zum Impftourismus in andere Landkreise ermutigt. Sobald mehr Impfstoff zur Verfügung stehe und die nötige EDV-Ausstattung vom Land komme, könne das Kreisimpfzentrum Waiblingen die Impfungen „von heute auf morgen“ von aktuell rund 800 auf 1500 pro Tag aufstocken.

Mehr Transparenz soll – so die Zusage des Landes – von der kommenden Woche an durch eine kreisscharfe Impfstatistik geschaffen werden: eine Statistik, aus der sich also genau ablesen lässt, wie viele Menschen im Landkreis geimpft worden sind. Das sei derzeit noch nicht möglich, erklärt Martina Keck. Die Daten von Impfzentrum und Impftruck liegen vor, die der Arztpraxen und der Bürger, die in anderen Landkreisen geimpft wurden, nicht. Die Neuregelung soll dabei helfen, den Impfstoff präzise in die Gegenden zu bringen, in denen er am dringendsten gebraucht wird, so Landrat Sigel.

Seiner dritten Forderung nach weniger Bürokratie beziehungsweise einem Wegkommen von den Priorisierungsgruppen wurde dagegen nicht nachgekommen. Es gebe Gründe, die für eine Priorisierung sprechen, räumt Sigel ein, doch sobald es mehr Impfstoff gebe, sei es schwierig, diese weiterhin einzuhalten, meint er – gerade beim Impfen durch Betriebsärzte in kleinen und mittleren Unternehmen. „Wir sehen da auch keine Konkurrenz zwischen Impfzentren, Arztpraxen und Betriebsärzten“, sagt er. Letztlich gehe es darum, so viele Menschen wie möglich möglichst schnell zu impfen.

Regionalpolitiker zum Gipfel

Der Landtagsabgeordnete Gernot Gruber (SPD) aus Backnang hofft, dass die Ankündigung von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne), die Impfstoffe auf die Landkreise nach deren Bevölkerungsgröße zu bemessen, tatsächlich umgesetzt wird, um den klimaschädlichen Impftourismus mit teils langen Fahrwegen zu reduzieren. Enttäuscht zeigt sich der klimapolitische Sprecher darüber, dass auf seine Ende März an den Minister adressierten Vorschläge für
eine bessere Organisation beim Anmeldeverfahren und die erleichterte Führung von Wartelisten nicht eingegangen wurde.

Sehr kritisch äußert sich der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion der FDP/ DVP, Jochen Haußmann aus dem Wahlkreis Schorndorf. „Offenbar braucht man den hochtrabenden Titel Impfgipfel, um vom eigentlichen Eingeständnis des bisherigen Missmanagements abzulenken“, sagt er. Dass jetzt erst eine regional angepasste Verteilung des Impfstoffs greifen solle, „zeigt einmal mehr, dass Minister Lucha in der Vergangenheit die Dinge schöngeredet hat“. Es sei zudem unhaltbar, dass am System der Impfterminvergabe nichts geändert wird: „Völlig zu Recht macht der Begriff Chaos die Runde.“ Von einem Impfgipfel sei anderes zu erwarten.

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Erstellt:
16. April 2021, 17:46 Uhr

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