Landrat Sigel macht Druck vor dem Impfgipfel

Der Kreischef fordert von Sozialminister Lucha pragmatische Lösungen und mehr Impfstoff für den Rems-Murr-Kreis.

Landrat Richard Sigel fordert, dass mehr Impfstoff für den Rems-Murr-Kreis bereitgestellt wird. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Landrat Richard Sigel fordert, dass mehr Impfstoff für den Rems-Murr-Kreis bereitgestellt wird. Foto: J. Fiedler

WAIBLINGEN (kf). Um die Verteilung des Coronaimpfstoffs gerechter zu organisieren, lädt Sozialminister Manne Lucha (Grüne) am Freitag zu einer Videoschalte mit Kommunalpolitikern sowie Vertretern von Ärztekammer, Apothekerverband und Krankenhausgesellschaft ein. Landrat Richard Sigel und der erweiterte Krisenstab des Rems-Murr-Kreises haben vor diesem kommunalen Impfgipfel drei klare Erwartungen formuliert:

1. Wir brauchen Transparenz bei den Impfquoten.

„Wir müssen wissen, in welchen Landkreisen die Impfquote niedrig ist, und dort gezielt Tempo machen“, fordert Landrat Richard Sigel. Bislang gebe es allerdings keine Möglichkeit, zu erfahren, wie viele Rems-Murr-Bürger schon geimpft sind. Der Rems-Murr-Kreis hat lediglich Zugriff auf die Daten des Kreisimpfzentrums Waiblingen, der mobilen Teams und des Impftrucks. Die Kreisverwaltung erhält jedoch bisher keine Informationen darüber, wie viele Rems-Murr-Bürger in anderen Impfzentren waren und wie viele Menschen beim Hausarzt geimpft wurden. Hier liegen nur landesweite Zahlen vor. Landrat Sigel hat deshalb bereits mehrfach – auch gemeinsam mit anderen benachteiligten Landkreisen – beim Land darum gebeten, dass Transparenz bei den Impfquoten hergestellt wird.

2. Wir brauchen mehr Impfstoff entsprechend der Bevölkerungsdichte.

„Aktuell ist die Entwicklung beim Impfen trotz aller Rückschläge in den letzten Wochen positiv“, sagt der Landrat. „Allerdings führt die Tatsache, dass weiterhin Impfstoff fehlt, berechtigterweise zu Enttäuschung und Unzufriedenheit in der Bevölkerung.“ Mit der Ankündigung, dass ab Montag alle Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahren einen Impftermin vereinbaren können, habe das Land erneut Erwartungen geweckt. Allein im Rems-Murr-Kreis lebten aber rund 50000 Menschen zwischen 60 und 70 Jahren, so der Landrat weiter.

Der Rems-Murr-Kreis zählt zu den bevölkerungsreichsten Landkreisen, erhält bisher aber genauso viel Impfstoff wie kleinere Kreise. Dies sei trotz der Nähe zu den zentralen Impfzentren in Stuttgart nicht akzeptabel. Zwangsläufig komme die Impfkampagne im Landkreis trotz aller Anstrengungen – zumindest gefühlt – langsamer voran als andernorts. Zudem kursierten Gerüchte, dass man sich in kleineren Landkreisen bereits ohne Einhaltung der Priorität und ohne Termin impfen lassen könne. Diesen Gerüchten müsse der Impfgipfel jetzt mit Transparenz und nachvollziehbaren Verteilungsschlüsseln beim Impfstoff entgegengetreten, fordert Sigel.

Das Sozialministerium hatte angekündigt, dass die Verteilung des Impfstoffs nach Bevölkerungsdichte Ende April kommen soll. Damit würde der Rems-Murr-Kreis mehr Impfstoff erhalten als bisher und es könnten deutlich mehr Menschen vor Ort geimpft werden. „Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Erwartung, die man hier geweckt hat, auch erfüllt wird“, betont der Landrat. „Alles andere wäre fatal. Schließlich ist es gerade in dieser dritten Welle entscheidend, das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger nicht weiter aufs Spiel zu setzen.“

3. Wir brauchen weniger Bürokratie und klare Regelungen, um die Impfkampagne zu beschleunigen.

„Wir müssen Dinge auch überdenken, wenn sie keinen Sinn mehr machen und einen schnellen Fortschritt hindern“, erklärt der Landrat. „Damit meine ich die Priorisierungsgruppen, die inzwischen mehr Fragen aufwerfen und bremsen als Impfgerechtigkeit schaffen.“ Außerdem sei mehr Planbarkeit nötig: Wie viel Impfstoff an die Impfzentren geliefert wird, würden die Verantwortlichen immer nur sehr kurzfristig erfahren.

Der Landkreis macht sich für mehr Flexibilität bei der Impfkampagne stark: In diesem Kontext wären dem Landrat auch konkrete Aussagen zur Einbindung der Betriebsärzte und der zukünftigen Priorisierung wichtig. „Wir arbeiten im Rems-Murr-Kreis Hand in Hand, eine Konkurrenz zwischen Impfzentrum und Ärzteschaft gibt es nicht, nur ein gemeinsames Ziel, schnell die Bevölkerung durchimpfen“, so Sigel weiter.

„Wir niedergelassenen Ärzte können entscheidend dazu beitragen, dass die Impfquote steigt“, betont Jens Steinat, Pandemiebeauftragter der Kreisärzteschaften im Rems-Murr-Kreis, „dazu brauchen wir aber mehr Impfstoff und weniger Bürokratie.“ Der Allgemeinmediziner aus Oppenweiler fordert eine pragmatische Vorgehensweise zur Überwindung der Pandemie. „Erkenntnisse, wie die Prozesse und Formulare vereinfacht werden könnten, gibt es inzwischen auch, jetzt muss umgesetzt werden.“

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Erstellt:
15. April 2021, 18:26 Uhr

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