Luftige Grüße und Fasnet in der Tüte

Weil die närrische Zeit der Fasnet und des Karnevals nicht in ihrer üblichen Form gefeiert werden kann und die Umzüge ausfallen müssen, haben sich die örtlichen Vereine allerlei Alternativformate ausgedacht.

Mit heliumgefüllten Luftballons haben die Narren des Faschingsvereins Burgstetten am Sonntag Grüße in die Region ausgesandt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Mit heliumgefüllten Luftballons haben die Narren des Faschingsvereins Burgstetten am Sonntag Grüße in die Region ausgesandt. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Umzüge, Narrentaufe, Rathaussturm und Prunksitzung – die Fasnet hätte in den kommenden Tagen und Wochen unter normalen Umständen so richtig Fahrt aufgenommen. Wie so vieles hat die Coronapandemie auch dieses Vergnügen vermiest, doch die örtlichen Faschings- und Karnevalsvereine stecken die Köpfe nicht in den Sand. Wir haben nachgefragt, wie sie durch die wohl trostloseste närrische Zeit kommen und welche Alternativen es womöglich gibt.

Vergleichsweise früh hatte sich der Faschingsverein Burgstetten dazu entschlossen, die Kampagne für 2021 abzusagen. „So traurig wir sind, bestätigen doch die aktuellen Zahlen, dass diese Entscheidung richtig war. Wir nehmen die Situation sehr ernst, da gab es im Verein auch keine Diskussionen“, betont Alexander Sturm. Die Motivation für eine alternative – womöglich virtuelle – Fasnet sei daher erst einmal gering gewesen. „Man tut sich schwer damit, Fasching auf Distanz zu leben.“ Für die Tänzer habe es Online-Trainings gegeben, die Trainer hätten auch Übungen für zu Hause verschickt. Und als dann die Faschingszeit näher heranrückte, kamen auch bei den Burgstettener Narren Ideen auf, wie man vielleicht trotz der Coropandemie doch noch ein wenig Fasching feiern kann. Also hat der Verein Plakatbanner organisiert und am Ortseingang angebracht, sodass den Leuten klar wird: Jetzt wäre Fasnet. In einer Online-Aktion teilt der Verein auf seiner Facebook-Seite Fotos und Videos der vergangenen Jahre. „So können wir ein bisschen in Erinnerungen schwelgen“, sagt Sturm. Und am eigentlichen Termin des Burgstettener Faschingsumzug, am gestrigen Sonntag, ließ der Verein 129 Ballons für die 129 Mitglieder des Faschingsvereins steigen. Den Grüßen auf der Karte war die Bitte an den Finder beigefügt, ein Bild des Ballons sowie den Fundort über die Facebook-Seite des Vereins zu posten, um so zu zeigen, wo die Ballons angekommen sind. Als kleines Schmankerl ließen die Burgstettener Narren auch 33 Freikarten für die Faschingsparty im nächsten Jahr fliegen.

Auch wenn es keine öffentlichen Veranstaltungen gibt – „das lässt die Situation nicht zu“ – hat sich der Sulzbacher Carnevalsverein um Präsidentin Birgit Kollak einiges einfallen lassen. Die Maskengruppe der Stäffeleshexen habe das Häsabstauben online stattfinden lassen und die Mitglieder waren dazu angehalten, den Weihnachtsbaum zum Narrenbaum umzudekorieren und rauszustellen. „So sieht es wenigstens ein bisschen nach Fasnet aus“, sagt Kollak. Dem Verein gehe es darum, zu zeigen: Wir sind da, wir machen weiter. „Deshalb möchten wir auch auf jeden Fall noch einen Narrenbaum aufstellen.“ Zudem wolle man unter dem Motto „Fasnet in d’r Gugg“ jedem Mitglied eine Tüte mit Konfetti, Tröten, Luftschlangen und anderen Faschingsutensilien zusammenstellen. Obwohl ihr großer Auftritt in diesem Jahr ausfällt, trainieren auch die Gardegruppen des SCV fleißig weiter – gemeinsam, via Online-Meeting. Auch haben verschiedene Mitglieder Videos von sich geschickt, welche dann zu einem virtuellen Umzug zusammengeschnitten wurden. Die drei Frauen aus dem SCV-Präsidium wollen am Faschingsdienstag den Umzug laufen – coronakonform, versteht sich. „Man ist da ja vernünftig und will keine Ansteckung riskieren“, betont Kollak. Klar ist aber auch: Alle freuen sich darauf, wenn sie im kommenden Jahr hoffentlich wieder richtig miteinander feiern können. „Das Gesellige, die Brauchtumspflege – das fehlt einfach.“

Bis zuletzt hatten die Verantwortlichen des Backnanger Karnevals-Clubs gehofft, doch noch im Freien unter Hygieneauflagen Fasnet feiern zu können. Dass es nun nicht möglich ist, stimme sie und ihre Vereinskollegen traurig, sagt Präsidentin Gabi Kallfaß. Als sie vor etwa 30 Jahren im BKC angefangen hat, sei eine Kampagne aufgrund der Jugoslawienkriege ausgesetzt worden. Dass nun aufgrund einer Pandemie erneut das närrische Treiben ausfällt, habe sie sich nicht ausmalen können. „Aber die Sicherheit steht im Vordergrund, wir haben vollstes Verständnis für die Verordnung“, macht sie klar. Auch im BKC machen die Gardegruppen wöchentlich zu ihren gewohnten Zeiten ein Online-Training. Zwar könne nicht getanzt werden, aber Gymnastik und Dehnübungen seien möglich, zudem können sich die Vereinsmitglieder so austauschen. Auch wurden die Backnanger Karnevalisten dazu aufgerufen, in ihrem WhatsApp-Status ein Bild von sich im närrischen Outfit zu posten, erzählt Kallfaß. „Dieses Jahr feiern wir Karneval im Herzen“, sagt die Präsidentin. Man sei mit der Stadtverwaltung im Gespräch ob der Möglichkeit, entsprechende Hinweise auf den Tafeln am Stadteingang zu platzieren. In der Vorbereitung sei zudem eine kleine Überraschung für die Mitglieder. „Unsere Aktiven haben ein Jahresheft mit vielen Bildern gestaltet“, erzählt die Präsidentin. Dieses werde gemeinsam mit dem Jahresorden und einer Karnevalstüte verteilt.

Ursprünglich hatte die Narrenzunft Althütte noch geplant, ein individuelles Häsabstauben stattfinden zu lassen, bei dem der Vorstand die Mitglieder zu Hause besucht. Mit der Verschärfung der Coronaverordnung Mitte Dezember sei das aber sogleich gestrichen worden, erklärt Pressewart Johannes Zeidler. „Das wäre nicht verantwortbar.“ Im Verein habe sich seitdem vieles in den Online-Bereich verlagert. Stammtische finden im Videochat statt – am 6. Januar war das Häs mit dabei. Und dabei soll es nicht bleiben. „Einen Umzug wie sonst können wir nicht machen“, weiß auch Zeidler, aber in Kleinstgruppen im Häs durch Althütte gehen – das sei möglich. Schließlich gebe es einige Haushalte mit mehreren Zunftmitgliedern. Für die Rechaspitzer ist klar: „Wir dürfen dabei keinen Menschenauflauf kreieren.“ Anwohner würden ermuntert, aus dem Fenster zu schauen – „womöglich sehen sie die eine oder andere Familie vorbeigehen“. Den Rathaussturm verlegen die Althütter ebenfalls ins Web. Per Microsoft Teams wollen sie den Schultes herausfordern, der sich verbal zur Wehr setzen muss. „Und vielleicht kann ja doch ein einzelner Rechaspitzer den Schlüssel abstauben“, hofft Zeidler. Von der Gemeindeverwaltung jedenfalls erhalte die Zunft viel Unterstützung, hebt er hervor. Viel mehr sei an Veranstaltungen kaum machbar. „Wir sind in der Coronazeit aktiver auf Facebook und YouTube geworden – wie andere Vereine auch“, sagt der Pressewart. So gebe es verschiedene „Challenges“, bei denen die Vereinsmitglieder mitmachen – etwa sollen die lustigsten Bilder gezeigt werden. Außerdem haben die Rechaspitzer andere Vereine darum gebeten, ihnen Videoschnipsel zukommen zu lassen, die dann zu einem virtuellen Umzug zusammengeschnitten werden sollen. Zwar sei es schwierig, in die sonst ausgelassene Stimmung zu kommen, doch die Narren wollen das Beste daraus machen. „So liegt dann hoffentlich zumindest ein bisschen Fasnet in der Luft.“

Für die Murreder Henderwäldler ist nach dem Landesnarrentreffen im Januar 2020 in diesem Jahr das absolute Kontrastprogramm angesagt: Statt Tausenden Besuchern in der Walterichstadt ist Abstand die Devise. Die Mitglieder wollen aber zumindest über Plakate und Banner zu Figuren und Zunft im Februar präsent sein. Zunftmeister Matthias Schlichenmaier zeigt sich auch zuversichtlich, dass das Aufstellen des Narrenbaums möglich sein wird. Dabei soll es aber nicht bleiben. Als Höhepunkt der etwas anderen Fasnetskampagne möchten die Henderwäldler einen virtuellen Narrenball veranstalten. „Wie genau, müssen wir noch sehen“, sagt Schlichenmaier. Denkbar seien beispielsweise Programmbeiträge von Mitgliedern und von befreundeten Vereinen, ebenso wie Büttenreden. Ähnlich könnte sich auch das Fasnetsverbrennen gestalten: Jede Familie feiert für sich am Kaminfeuer oder einer Feuerschale im Garten und sendet ein kurzes Video an die Gemeinschaft.

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Erstellt:
25. Januar 2021, 06:00 Uhr

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