Nur wenige Apotheker wollen impfen

Seit Dienstag dürfen Apotheken auch Impfungen anbieten. Die Schulungen hierfür sind begehrt, in die Umsetzung gehen im Kreis hingegen nur wenige. Im Raum Backnang ziehen die Apotheken (noch) nicht mit – aus unterschiedlichen Gründen.

Tritt wieder ein Impfengpass auf wie im Dezember, könnte die Zahl der Anbieter in der Apothekenbranche steigen. Archivfoto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Tritt wieder ein Impfengpass auf wie im Dezember, könnte die Zahl der Anbieter in der Apothekenbranche steigen. Archivfoto: J. Fiedler

Von Lorena Greppo

Murrhardt/Backnang. Gerne würde Katja Ganser in der St.-Walterich-Apotheke auch Impfungen anbieten. Ganz so einfach ist das aber nicht. Zum einen müssen die Fachkräfte entsprechend geschult sein, nur sind die Seminare teils schon lange im Vorfeld ausgebucht. „Dann braucht man die vorgeschriebenen Räumlichkeiten und jemanden, der einen so lange vertritt“, führt sie aus. In Zeiten des Fachkräftemangels sei das gar nicht so einfach. So unvermittelt, wie die Entscheidung letztlich gefallen ist, dass nun auch in Apotheken geimpft werden darf, könne das nicht sofort angeboten werden. Es sei wichtig, das ganze gut vorbereitet anzugehen. Denn schließlich können auch bei Impfungen Nebenwirkungen auftreten, auf die das Apothekerpersonal entsprechend reagieren muss. Trotz der Komplikationen sagt Ganser: „Ich möchte es so schnell wie möglich umsetzen.“ Nicht als Konkurrenz zu den Ärzten, sondern als Ergänzung, betont sie. Das Interesse vonseiten ihrer Kundschaft sei da, berichtet sie.

Kai Uwe Hermann, Inhaber der Hörschbach-Apotheke, hat die nötige Schulung zwar durchlaufen und wäre prinzipiell in der Lage, Impfungen anzubieten, tut dies jedoch aktuell nicht. „Aktuell gibt es keine ausreichende Nachfrage“, erklärt er und verweist ebenfalls auf den Aufwand, der mit dem Angebot verbunden ist. Warum etwas anbieten, wofür es schon genügend andere Stellen gibt, fragt Hermann. Als im Dezember ein Engpass bei den Impfterminen bestand, hätte es durchaus Sinn gemacht für Apotheken, ebenfalls Impfungen anzubieten. Damals war das jedoch noch nicht möglich. „Wenn sich der Bedarf wieder ergeben sollte, würde ich es mir überlegen.“

Ähnlich sieht es auch Stefan Wahl von der Vitalwelt-Apotheke am Römerbad. Auch er ist bereits für die Impfung in der Apotheke geschult worden. „Ich könnte es also anbieten.“ Die Notwendigkeit dafür sehe er momentan hingegen nicht gegeben. „Ich sehe da die Ärzte an erster Stelle. Für uns heißt das: Wir sind in Wartestellung und können eingreifen, falls es Probleme wie im Dezember gibt.“ Wenig Sinn mache es, an den Markt zu drängen, wenn anderswo Termine offen sind. „Es gab und gibt in Murrhardt und der Region genügend niederschwellige Angebote, um sich impfen zu lassen – bei Ärzten, in Impfstützpunkten oder durch die mobilen Teams.“

Aus diesem Grund gebe es auch in Backnang derzeit keine Notwendigkeit, Impfungen in Apotheken anzubieten, sagt Iris Lüdecke von der Apotheke am Obstmarkt. „Wir sind gerüstet und könnten mitmachen, wenn es nötig wäre.“ Momentan hätten aber die Ärzte eher zu wenig Impfwillige und könnten gar nicht allen bereitstehenden Impfstoff abrufen. „Da möchte ich ihnen nicht auch noch Konkurrenz machen.“ Höher sei die Nachfrage hingegen bei Coronatests, weswegen Lüdecke an dieser Stelle aufgestockt hat: „Wir haben mehr Tester und bieten nun auch Rapid-PCR-Tests an, bei deinen man das Ergebnis noch am gleichen Tag bekommt.“ Für Arbeitende, die sich routinemäßig testen, sei das wichtig. Bei einem positiven Schnelltests seien die PCR-Tests auch weiter kostenlos.

Im Rems-Murr-Kreis haben sich nur eine Handvoll Apotheker dafür entschieden, ab sofort Impfungen anzubieten – darunter Dominik Öhlschläger, der in Waiblingen die Apotheken Korber Höhe und Beinstein betreibt. Er sieht diese Vorgehensweise als ideal an, um ein niederschwelliges Impfangebot zu ermöglichen. „Die Fahrt zum Hausarzt bleibt den Bürgerinnen und Bürgern erspart“, erklärt er. Außerdem könne man auch nicht davon ausgehen, dass jeder einen eigenen Hausarzt habe. Das Angebot der Apotheke setze damit wie die mobilen Impfteams beim Zugang zur Impfung an. Dieser werde einfacher und dadurch, so die Hoffnung, auch attraktiver. Um das anbieten zu können, laufen die Vorbereitungen schon seit Dezember. Erst einmal wird die Impfung in seinen Apotheken nur mit einem Termin erfolgen. Die Buchung ist über die zentrale Terminvereinbarung für Impftermine auf der Homepage des Rems-Murr-Kreises möglich. Alternativ liegt in der Apotheke eine Liste zur Anmeldung aus. „Eventuell können wir zu einem späteren Zeitpunkt auch ohne die Terminvergabe impfen“, sagt der Apothekeninhaber.

Die Zahl der Impfungen an den Stützpunkten ist rückläufig

Auslastung Die Auslastung der sechs Impfstützpunkte im Rems-Murr-Kreis ist unterschiedlich und liegt nach Angaben des Landratsamts zwischen 15 und 50 Impfungen pro Tag. Vorgenommen würden vor allem Boosterimpfungen. „Von Kalenderwoche zwei bis Kalenderwoche fünf gibt es einen kontinuierlichen Rückgang. Inzwischen sind wir bei 50 Prozent der Impfungen gegenüber Anfang Januar“, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts.

Pläne Aufgrund der geringen Auslastung wurden kürzlich die Öffnungszeiten der Impfstützpunkte angepasst: Der Stützpunkt in Murrhardt hat aktuell nur an den Wochenenden geöffnet, Winnenden hat von sieben auf vier Tage reduziert. „Aktuell laufen Gespräche mit dem Sozialministerium über die zukünftige Versorgung in Sachen Coronaschutzimpfungen. Dabei sollen die Stützpunkte an den Bedarf angepasst werden“, heißt es vom Landratsamt.

Viertimpfung Die Stiko hat kürzlich eine neue Empfehlung zur Viertimpfung für stark gefährdete Menschen ausgesprochen. Folglich wird die zweite Auffrischimpfung jetzt auch an den Impfstützpunkten angeboten für:

Menschen ab 70 Jahren

Betreute in Einrichtungen der Pflege

Menschen mit Immunschwäche ab fünf Jahren

Die Viertimpfung erfolgt jeweils drei Monate nach der ersten Auffrischimpfung.

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Erstellt:
11. Februar 2022, 06:00 Uhr

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