„Schließungen sind dramatisch für viele Branchen“

Backnanger Gastronomen und Kinobetreiber blicken angesichts des Teil-Lockdowns mit großer Sorge in die Zukunft.

Nach dem ersten Lockdown, als Anfang Juli Kinos wieder öffnen durften, waren Annegret (links) und Julia Eppler mit dem Metermaß zwischen den Sitzreihen in den Kinosälen unterwegs, um Abstandsregeln einzuhalten. Ab Montag ist das Universum wieder geschlossen. Archivfoto: A. Becher

© Alexander Becher

Nach dem ersten Lockdown, als Anfang Juli Kinos wieder öffnen durften, waren Annegret (links) und Julia Eppler mit dem Metermaß zwischen den Sitzreihen in den Kinosälen unterwegs, um Abstandsregeln einzuhalten. Ab Montag ist das Universum wieder geschlossen. Archivfoto: A. Becher

Von Florian Muhl

BACKNANG. Der gestern von Bund und Ländern beschlossene Teil-Lockdown trifft auch Unternehmer und Bürger aus dem Raum Backnang mit voller Härte. Harsche Kritik an den einschneidenden Maßnahmen ist kaum zu hören. Für die massiven Kontaktbeschränkungen, die bereits ab Montag gelten sollen, gibt es Zustimmung, aber teilweise auch Unverständnis. Stets aber klingt große Unsicherheit und Sorge, wie es weitergehen soll, bei den Stellungnahmen durch.

Eine der beschlossenen Maßnahmen: Restaurants, Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen sowie Hotels sollen geschlossen werden. „Das tut weh“, sagt Sebastian Fruth, „das ist wieder ein Schlag ins Gesicht.“ Im nächsten Atemzug bekennt der Betreiber des Restaurants Markgraf und des Fruth-Catering-Unternehmens aus Backnang: „Es wäre jetzt aber auch falsch zu sagen: Die getroffenen Maßnahmen wären nicht richtig so. Der Lockdown muss sein, denn die Zahlen müssen wieder runter.“

„Da muss man jetzt das Beste draus machen. Augen zu und durch.“

Mit Herzblut ist Fruth Gastronom, „mit Leib und Seele bin ich dabei, das ist meine Existenz“. Das Aufatmen nach dem ersten Lockdown sei bei allen groß gewesen, bei seinem Team wie auch bei seinen Gästen. Im Sommer habe er mit dem Stadtstrand Hafenviertel am Backnanger Murrufer oder dem Projekt Sundowner in Kernen im Remstal hinsichtlich des Umsatzes verlorenen Boden wieder gutmachen können. Angesichts der beschlossenen Maßnahmen sagt Fruth: „Das muss man akzeptieren und das Beste draus machen. Augen zu und durch.“ Über einen Lieferservice habe er nachgedacht, aber den Gedanken wieder verworfen. Denn das Speisenangebot, wie er es während des ersten Lockdowns angeboten hatte, habe sich wirtschaftlich nicht gerechnet.

Dimitrios Pinakas vom „Storchen“ befürwortet die verschärften Kontaktbeschränkungen: „Ich find das richtig. Wenn das was bringt, muss der Lockdown sein.“ Aus seiner Sicht waren auch die Regelungen im Oktober in Ordnung, das heißt maximal zehn Personen an einem Tisch und Öffnungszeit bis 23 Uhr. „Die Leute haben sich daran gewöhnt und sind dann auch pünktlich heim“, sagt er. Schlimm wäre aus seiner Sicht, wenn die Regierung einen Light-Lockdown beschlossen hätte, das heißt maximal fünf Personen an einem Tisch und nur bis 21 Uhr geöffnet. „Dann lieber für absehbare Zeit einen kompletten Lockdown“, sagt der Storchen-Wirt.

„Für uns ist’s schlimm“, gesteht Petra Wolf von der Gaststätte Kunberger. „Wir müssen jetzt schauen, wie wir überleben, und müssen für alle Eventualitäten gewappnet sein.“ Einen Lieferservice wie bereits im Frühjahr wird es wohl geben. „Wir werden kämpfen“, sagt Wolf, die befürchtet, dass einige Gastronomen im Raum Backnang nicht überleben werden.

Zudem werden ab Montag alle Einrichtungen geschlossen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, also auch Kinos. „Die Schließungen sind dramatisch für viele Branchen“, sagt Universum-Betreiberin Annegret Eppler, die wenig Verständnis für die Schließung von Kinos aufbringt, denn bislang sei weltweit noch keine Coronainfizierung nachgewiesen worden, die in einem Kino passiert sei. In ihren gut belüfteten Kinosälen sei ein Mindestabstand von seitlich 1,5 Meter gegeben, nach hinten und vorn jeweils sogar 2,4 Meter.

„Es geht einem die Energie aus, sich Alternativen überlegen zu müssen.“

Einen PlanB wie im Sommer das Autokino kann sich Eppler auch nicht vorstellen. „Irgendwann geht einem auch die Energie aus, sich immer wieder Alternativen überlegen zu müssen.“ Frustriert klingend sagt sie, dass man die Entscheidungen hinnehmen muss, ob sie gefallen oder nicht. „Bislang waren wir es gewohnt, zu agieren. Jetzt aber können wir nur noch reagieren.“ Aber Eppler lässt den Kopf nicht hängen. Die Planungen für Dezember laufen weiter, als würde es keine Schließung ab Montag geben.

Auch Fitnessstudios müssen ab Montag schließen. Der Betreiber des WM-Studios in Backnang, Manfred Giess, kommentiert die Beschlüsse von Bund und Ländern kurz und knapp: „Ich kann’s manchmal nicht nachvollziehen.“

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Erstellt:
29. Oktober 2020, 06:00 Uhr

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