Schnelltestzentrum geht in Regelbetrieb

Die Kapazitäten von Ärzten und Laboren sollen mit der ersten Einrichtung dieser Art in Baden-Württemberg entlastet werden. Die Kreissparkasse Waiblingen spendet für den Ausbau schneller Teststrukturen für Rettungsdienst und Feuerwehren.

In Winnenden wurde das Testzentrum Corona eingerichtet. Foto: Fuchs/Rems-Murr-Kliniken

© Michael Fuchs Fotograf

In Winnenden wurde das Testzentrum Corona eingerichtet. Foto: Fuchs/Rems-Murr-Kliniken

Von Armin Fechter

WINNENDEN. Gemeinsam mit den Rems-Murr-Kliniken und dem DRK-Kreisverband hat der Landkreis im Klinikum Winnenden ein Corona-Schnelltestzentrum eingerichtet. Dort können seit vergangener Woche insbesondere Reihentestungen für Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen mit Antigentests, sogenannte „PoC-Schnelltests“, durchgeführt werden. PoC steht für „Point of care“ – patientennah. Die Anmeldung erfolgt bei einem Coronaausbruch elektronisch über die jeweilige Schule oder Kinderbetreuungseinrichtung in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt. „Wir haben uns darauf vorbereitet, zu Beginn rund 80 Tests pro Tag durchzuführen. Eine Ausweitung der Testkapazitäten wäre jederzeit möglich“, so Projektleiter Jörg Behrens vom DRK. Jetzt geht das Testzentrum in den Regelbetrieb.

„Die Bundes- und Landespolitik hat immer betont, dass die Schulen und Kitas so lang wie möglich offen bleiben. Diesem Versprechen fühle ich mich als Landrat, aber auch als Vater zweier Schulkinder verpflichtet. In den Herbstferien haben wir daher im Rems-Murr-Kreis unsere Teststrategie für die Schulen und Kitas aus dem Sommer nochmals geschärft und Maßnahmen umgesetzt“, erklärt Landrat Richard Sigel. Ziel sei es gewesen, auf die Wintermonate vorbereitet zu sein, wenn die Schulen und Kitas nach den Herbstferien wieder öffnen.

Hinzu kommt, dass die Kapazitäten für sogenannte laborgestützte PCR-Tests erschöpft sind und die Testlabore derzeit vielerorts vor dem Kollaps stehen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat daher am vergangenen Freitag seine Testempfehlung noch einmal geschärft. Ziel ist dabei eine Entlastung der Labore: Es soll verhindert werden, dass es aufgrund der hohen Belastung zu längeren Bearbeitungszeiten bei der Ergebnisübermittlung kommt. In den letzten Wochen hat dies aber auch im Rems-Murr-Kreis zunehmend länger gedauert und öfter mehrere Tage in Anspruch genommen. Das belastet die Betroffenen, und es wirkt sich auch nachteilig auf die schnelle Ermittlung von engen Kontaktpersonen und das Unterbrechen von Infektionsketten aus. Mit hohen Infektionszahlen geht zudem eine steigende Belastung der niedergelassenen Ärzte einher. Die Ärzteschaften im Kreis haben daher schon vor den Herbstferien signalisiert, dass die Versorgung symptomatischer Patienten Priorität habe und gerade Reihentestungen in Schulen, Kitas und vor allem auch Pflegeeinrichtungen ohne eine Anpassung der Teststrukturen nicht mehr dauerhaft leistbar seien.

Gemeinsam hat man daher, wie das Landratsamt mitteilt, im Erweiterten Corona-Krisenstab des Rems-Murr-Kreises nach Lösungen gesucht und diese mit dem Corona-Schnelltestzentrum gefunden. Es gilt nunmehr, so die Landratsamtssprecherin Martina Keck, die Devise: „Testen, testen, testen, aber gezielt.“

Mit der Einrichtung hat der Rems-Murr-Kreis Neuland betreten. Es ist das erste Corona-Schnelltestzentrum, das in dieser Form vom öffentlichen Gesundheitsdienst in Baden-Württemberg eingerichtet und betrieben wird. Dabei bestand die Herausforderung darin, die nationale Teststrategie vom 14. Oktober schnell ganz praktisch umzusetzen. Ausdrücklichen Dank richtet der Landrat an das Kultus- und das Sozialministerium: „Mit beiden Ministerien konnten innerhalb weniger Tage offene Fragen von der Zulässigkeit bis hin zur Abrechnung von Schnelltests lösungsorientiert geklärt werden. Unser Ansinnen, im Rems-Murr-Kreis schnell praktikable Lösungen zu suchen, um angemessen auf die angespannte Lage zu reagieren, wurde umfassend unterstützt.“ Das Testzentrum konnte auch deshalb so schnell eingerichtet werden, weil die Rems-Murr-Kliniken ausreichend Schnelltests für einen sicheren Klinikbetrieb beschafft hatten.

„Für die Rems-Murr-Kliniken hat ein sicherer Klinikbetrieb oberste Priorität. Wir haben für eine Testung der Patienten, Mitarbeitenden und Besucher bereits vor Wochen Schnelltests beschafft. Wir können daher mit mehreren Tausend Schnelltests das Schnelltestzentrum bestücken und den Betrieb über die Wintermonate auch sicherstellen“, erklärt Klinikgeschäftsführer Marc Nickel.

„Mit dem Testzentrum kann für die Schulgemeinschaft rasch Klarheit geschaffen werden.“

Sabine Hagenmüller-Gehring, die Leiterin des Staatlichen Schulamts in Backnang, ebenfalls Mitglied im erweiterten Corona-Krisenstab des Landkreises, begrüßt das Corona-Schnelltestzentrum: „Für unsere Schulen, insbesondere für die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern, ist die Einrichtung des neuen Testzentrums von großem Vorteil. So kann für die Schulgemeinschaft im Falle eines Infektionsgeschehens rasch Klarheit geschaffen werden, ob und, wenn ja, welche Maßnahmen in der Schule erfolgen müssen. Besonders in den letzten Wochen war die Wartezeit auf Testergebnisse häufig sehr lang, was zusätzlich zu Verunsicherung und Belastung führte.“

Für Landrat Sigel sind Reihentestungen im neuen Corona-Schnelltestzentrum bei Ausbrüchen in Schulen und Kitas ein wichtiger Schritt, um in den kommenden Wintermonaten verlässlich Coronatests im Landkreis sicherstellen zu können. Nicht nur das: „Die Antigen-Schnelltests sind in vielen Pflegeeinrichtungen noch nicht angekommen, obwohl der Herbst längst da ist“, sagt Sigel. „Es wird noch dauern, bis in der Praxis überall nach den Vorgaben der nationalen Testverordnung beispielsweise Bewohner und Personal von Pflegeeinrichtungen regelmäßig und flächendeckend mit Corona-Schnelltests getestet werden können. Auch hier werden wir daher im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen und sind bereits mit den Pflegeeinrichtungen und -diensten im Landkreis im Gespräch“, erklärt der Landrat.

Eine weitere Lücke besteht darin, dass der Bund in seiner Testverordnung keine Schnelltests für den Rettungsdienst oder die Feuerwehren vorgesehen hat. „Aber auch hier ist man im Landkreis pragmatisch und hält zusammen“, sagt Keck: Denn die Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Ines Dietze hat angekündigt, dass die Kreissparkasse die Kosten für mehrere Tausend Schnelltests für Feuerwehren und Rettungsdienste in Form einer Spende übernehmen wird.

„In diesen Zeiten ist es wichtig, dass für diejenigen, die für uns eintreten, wenn es brennt oder wenn wir im Notfall Hilfe brauchen, gesorgt ist“, erklärt Dietze. „Ich freue mich daher, dass wir hier als Kreissparkasse unterstützen und gemeinsam mit dem Landkreis einen kleinen Beitrag zu verlässlichen Strukturen auch in Zeiten einer Pandemie leisten können.“ Das Angebot der Testung für den Bereich der kritischen Infrastruktur wird im Regelbetrieb angeboten, sobald die dafür bereits bestellten Corona-Schnelltests eingetroffen sind.

Eine weitere Säule im Testkonzept des Landkreises

Das Schnelltestzentrum ergänzt die bisherigen Teststrukturen im Kreis, die gemeinsam mit den Kreisärzteschaften aufgebaut und entwickelt wurden: Arzt- und Corona-Schwerpunktpraxen, Corona-Ambulanz Schorndorf und mobile Einsätze des Infektomobils. Es gibt damit künftig eine weitere Säule, die verlässliche Strukturen auch bei hohen Fallzahlen gewährleisten soll.

Die geplante Ausweitung der Schnelltests auf die Feuerwehren und Rettungsdienste im Kreis mit Unterstützung der Kreissparkasse Waiblingen ergänzt ebenfalls bestehende Strukturen. Schon in der ersten Welle wurde beispielsweise für alle Feuerwehren gemeinsam mit den Kreisärzteschaften die Möglichkeit eröffnet, über den Kreisbrandmeister in einer „fast lane“ – sozusagen auf der Überholspur – getestet zu werden.

Eine Testung ist nur nach Anmeldung möglich. Eine Testung für Einzelpersonen ohne Anmeldung ist derzeit nicht geplant und kann aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen. Insbesondere die Testung von symptomatischen Personen übernehmen weiterhin die Arztpraxen, darunter vor allem die Corona-Schwerpunktpraxen.

Für das Testzentrum stellen die Rems-Murr-Kliniken am Standort Winnenden zwei Veranstaltungsräume im Verwaltungsgebäude zur Verfügung. Ein eigenes Hygienekonzept, unter anderem mit separaten Ein- und Ausgängen, wurde für das Testzentrum entwickelt und umgesetzt.

Es stehen zunächst zwei Teststraßen von Montag bis Freitag von 8 bis 12 und 12.30 bis 16.30 Uhr zur Verfügung. Im Hintergrund ist immer ein Arzt der Kliniken verfügbar. Mitarbeitende des Landratsamts unterstützen beim Empfang und der Verwaltung. Die Tests werden direkt vor Ort ausgewertet, das Ergebnis liegt nach rund 30 Minuten vor und wird den Testpersonen schnellstmöglich per E-Mail übermittelt.

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Erstellt:
10. November 2020, 06:00 Uhr

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