Schulbeginn im Schichtbetrieb

Zum ersten Mal seit Wochen sind wieder Schüler in den Klassenzimmern der Schickhardt Realschule in Backnang

Nachdem die Schulen sieben Wochen lang geschlossen waren, kehren jetzt so langsam wieder Schüler in die Klassenzimmer zurück. Mit kleinen Klassen, Hygienevorschriften und einem Mindestabstand zwischen den Tischen sollen zumindest Neunt- und Zehntklässler wieder in der Schule unterrichtet werden. Für das Gelingen war viel Organisationsarbeit gefordert.

Mit Mundschutz und viel Abstand: Unterricht für die Hälfte der 10b in der Schickhardt Realschule. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Mit Mundschutz und viel Abstand: Unterricht für die Hälfte der 10b in der Schickhardt Realschule. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

BACKNANG. „Ich bin froh, dass wir wieder in die Schule können“, sagt Robin Holstein, Schüler der 9c an der Schickhardt Realschule. „Die Lehrer können Sachen, die wir nicht verstehen, persönlich einfach besser erklären.“ Zum ersten Mal nach den Schulschließungen vor sieben Wochen fand in der Realschule wieder so etwas wie Schulalltag statt. Um sich auf ihren Abschluss vorbereiten zu können, werden die Schüler der neunten und zehnten Klasse nun zumindest zum Teil wieder in der Schule statt online unterrichtet. Normal ist der Schulalltag aber noch nicht. Damit die Schüler die Schule besuchen können, waren viel organisatorische Planung und kreative Lösungssuche nötig. „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass wir mal so unterrichten werden“, sagt Schulleiter Thomas Maier. „Ich war aber trotzdem ganz entspannt, das ist eben ein Schulstart in ungewöhnlichen Zeiten.“ Er sei bei der Wiederaufnahme des Unterrichts deshalb so entspannt, weil er und sein Kollegium im Voraus viel Zeit investiert hätten, um die Hygienevorschriften des Landes möglichst gut umsetzen zu können. Jede Schule hat außerdem Verordnungen vom Schulamt bekommen, die sie in einem individuellem Konzept beachten müssen.

Maximal vier Klassen sind gleichzeitig in der Schickhardt Realschule anwesend, alle Klassen wurden einmal geteilt, damit in den Zimmern genug Platz ist, um jedem Schüler seinen eigenen Tisch mit genug Abstand zu den Nachbarn zuteilen zu können. Damit sich die Schüler der verschiedenen Gruppen nie begegnen, wurde ein komplizierter Plan ausgearbeitet. So sind die Schüler nur drei Tage in der Woche in der Schule und die Gruppen haben versetzte Start- und Pausenzeiten. Auch wurden die Gruppen im Schulhaus möglichst weit weg voneinander untergebracht, die Bauweise des Schulhauses sei hier von Vorteil. „Als ich angefangen habe, habe ich das verwinkelte Schulgebäude manchmal verflucht, weil ich mich verlaufen habe“, sagt Matthias Eichele, der erst seit diesem Schuljahr an der Schickhardt Realschule unterrichtet. „Aber in der jetzigen Situation hat es uns sogar geholfen.“ Da die Schule drei Eingänge hat, ist genau geregelt, welche Gruppe, wo das Schulhaus betreten und verlassen muss. So gebe es keine unkontrollierten Begegnungen im Eingangsbereich. Auch konnten Pausenbereiche so abgetrennt werden, dass die Schüler der unterschiedlichen Gruppen sich nicht vermischen können.

Eine Maskenpflicht herrscht für die Schüler zunächst nur auf den Gängen und in der Pause, im Klassenzimmer sollen die Lehrer selbst entscheiden, ob die Maske dauerhaft aufbleibt oder nur dann, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

Konrektor Matthias Eichele ist sich sicher, dass zumindest die älteren Schüler über den Online-Unterricht gut erreicht werden konnten, der persönliche Austausch vor Ort könne dadurch aber keinesfalls ersetzt werden. Als Ergänzung sei die Lernplattform aber ein Vorteil, die Schule will sie auch in Zukunft weiter nutzen und ausbauen. Trotz allem denke er, dass die Schüler gut auf ihre Prüfungen vorbereitet sind. „Jetzt geht es nicht nur darum, den Stoff noch voll durchzubringen“, sagt Eichele. „Vielmehr müssen wir den Schülern jetzt Mut machen, ihnen versicher, dass sie die Prüfungen meistern werden, und ihnen die Angst nehmen.“ Auch im normalen Schulalltag würden Schüler vor Prüfungen ganz unterschiedlich reagieren. Nun sei es umso wichtiger, die Schüler vor den Prüfungen alle mental wieder abzuholen, das gehe nur bedingt über einen Bildschirm.

Viele Schüler sind froh über die Wiederaufnahme des Unterrichts

Der Stundenplan in Coronazeiten ist deutlich reduziert. Es findet ausschließlich Unterricht in den Fächern Deutsch, Mathe und Englisch statt. „Musik vermisse ich schon“, sagt Nele Schmidt aus der 10d. Sie wird in wenigen Wochen ihre Abschlussprüfungen schreiben. Trotz der vielen Wochen Zuhause, fühlt sie sich gut vorbereitet. „Wir waren schon vor Corona sehr weit, wir bereiten uns ja seit der neunten Klasse schon auf die Prüfungen vor. Schade finde ich aber, dass wir keine Klassenarbeiten mehr schreiben, damit wollte ich meinen Schnitt vor dem Abschluss eigentlich noch etwas verbessern.“ Trotzdem sei sie nun froh, wieder in die Schule zu können, vor allem weil sie wieder ihre Klassenkameraden treffen kann. Doch durch die Aufteilung der Klassen können sich auch weiterhin nicht alle Schüler begegnen. „Ich finde es schon schade, dass man andere Freunde auch auf dem Pausenhof nicht treffen kann“, meint Natalie Ertelt. „Insgesamt ist es schon eine komische Situation.“ Alexander Kovac aus der 9b hatte kein Problem mit dem Unterricht von Zuhause und hätte es auch noch länger aushalten können. „Ich fand es eigentlich ganz gut, da konnte man auch mal ausschlafen oder zwischendurch etwas anderes machen.“ Nur der Sportunterricht und das Fußballtraining fehlen ihm sehr. Am ersten Tag zurück in der Schule ging es zuallererst darum, die Hygienevorschriften durchzusprechen und Fragen der letzten Wochen in der Klasse zu besprechen. Doch anschließend stiegen die Schüler direkt in den Unterrichtsstoff ein. „Wir haben gleich eine Arbeit zurückbekommen und dann noch eine Gedichtanalyse gemacht“, erzählt Nele Schmidt über ihre erste Deutschstunde.

Vom Bund wurde angestrebt, dass noch vor Beginn der Sommerferien jeder Schüler die Schule zumindest tageweise wieder betreten haben soll. Die Schulleitung der Schickhardt Realschule würde das sehr begrüßen. „Wann und wie das stattfinden kann, werden Bund und Länder entscheiden müssen“, sagt Maier. Für viele Schüler wäre eine Rückkehr aber wichtig, meint Eichele: „Viele haben wir auch Zuhause erreicht, aber eben nicht alle. Den Schülern würde es gut tun, wenn sie – in welcher Form auch immer – wieder hier sein könnten.“ Es gehe vor allem darum, den Schülern eine Struktur in ihrem Tagesablauf zu geben und wichtige Fragen zu beantworten. Denn häufig würden die Schüler dieselben Fragen doppelt oder dreifach stellen. „Nicht selten müssen die Lehrer unglaublich viele Mails und Nachrichten beantworten“, sagt Maier.

Die Schule musste sich wegen Corona eine neue Lernplattform suchen, um die Kommunikation mit Schülern, Eltern und Kollegen aufrecht zu erhalten. Das sei ihnen sehr gut gelungen, doch der Arbeitsaufwand sei gestiegen. „Nicht nur die Organisation und das ständige Austesten von neuen Programmen kostet viel Zeit, auch sind wir Lehrer nun ständig erreichbar“, sagt Eichele. Es komme vor, dass er auch an einem Sonntag oder spät abends noch auf Mails der Schüler antwortet. „Wir müssen jetzt an die Feinabstimmungen und eine gute Balance für die Lehrer im Homeoffice finden.“

Info

Am 4. Mai hat für Schülerinnen und Schülern aller allgemein bildenden Schulen, bei denen in diesem oder im nächsten Jahr die Abschlussprüfungen anstehen, der Unterricht begonnen.

Das Kultusministerium hat beschlossen, dass alle Schüler grundsätzlich in das nächste Schuljahr versetzt werden sollen, da die Bewertung von Schülerleistungen in den vergangenen Wochen ausgesetzt gewesen seien und auch in der kommenden Zeit nur sehr stark eingeschränkt möglich seien werden.

In Kindergärten und Kindertageseinrichtungen findet vorerst kein regulärer Betrieb statt, da das Infektionsrisiko hier zu hoch sei.

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Erstellt:
5. Mai 2020, 06:00 Uhr

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